Was passiert bei einem Todesfall im Weltall?
Der sowjetische Astronaut Juri Gagarin läutete 1961 das Zeitalter der menschlichen Raumfahrt ein. Seitdem haben zahlreiche Personen die Grenze zwischen Erde und Weltall überschritten. Seit November 2000 befinden sich auch permanent Astronauten auf der Internationalen Raumstation (International Space Station, ISS).
Solche Weltraumreisen sind oft mit Gefahren verbunden, die zwar jedem Beteiligten bewusst sind, doch wie bei einem Todesfall vorzugehen ist, ist nicht fix geregelt. Die NASA hat zu solch einem Ernstfall nämlich kein festgeschriebenes Protokoll, sondern lediglich Ideen und eine Simulation.
Drei Tote im Weltall bisher
In der Geschichte der Raumfahrt sind bisher drei Personen im Weltall gestorben. Am 29. Juni 1971 erstickten die drei Kosmonauten Georgi Dobrowolski, Wiktor Pazajew und Wladislaw Wolkow beim Wiedereintritt in die Erdatmosphäre. Auslöser war ein dramatischer Druckabfall in der Rückkehrkapsel der sowjetischen Sojus-11-Mission. Zu diesem Zeitpunkt befanden sich die Astronauten noch auf einer Höhe von rund 170 Kilometern über dem Meeresspiegel und rein technisch gesehen damit noch im Weltall.
Zu weiteren Todesopfern in der Raumfahrt kam es lediglich unterhalb der Kármán-Linie, einer gedachten Grenze in 100 Kilometern Höhe, die den Beginn des Weltraums markiert.
Unglücke, wie die der Sojus-11-Mission, könnte es in Zukunft womöglich noch mehr geben. Die US-Raumfahrtbehörde NASA plant die erste bemannte Marsmission für 2040. Wenn es nach dem exzentrischen Milliardär und Space X-Gründer Elon Musk geht, würde schon 2030 der erste Mensch auf dem roten Planeten stehen.
"Todessimulationen" für den Ernstfall
Stirbt jemand im Weltall, muss laut offizieller Politik der NASA eine Entscheidung in Zusammenarbeit mit den internationalen Partnern und den beteiligten Raumfahrern getroffen werden.
Um für den Fall der Fälle trotzdem vorbereitet zu sein, führt die NASA "Todessimulationen" mit den Astronauten durch, erzählt der kanadische Kosmonaut und ehemalige Kommandant der Internationalen Raumstation Chris Hadfield. Gegenüber "Popular Science" schilderte Hadfield so eine Simulation: Stirbt ein Astronaut während eines Weltraumspazierganges, würde er ihn zunächst in die Luftschleuse zurückbringen. "Ich würde die Leiche dann wahrscheinlich im Druckanzug behalten und sie an einem kalten Ort auf der Station aufbewahren", sagt der Astronaut.
So könne man etwa mit einem Todesfall auf der ISS umgehen, doch bei einem längeren Aufenthalt im All müsse man andere Lösungen finden.
Science-Fiction-Beerdigung verboten
Eine Weltraumbeerdigung, wie man sie in Science-Fiction-Filmen sieht und bei denen Verstorbene den Tiefen des Weltalls übergeben werden, ist auf jeden Fall keine Option. So etwas würde nämlich gegen das UN-Abkommen zur Eindämmung von Weltraummüll verstoßen. Außerdem könnte sich daraus ein internationaler Zwischenfall entwickeln.
Ein Forschungsteam entwickelte eine Bestattungsalternative, bei der der Leichnam in einer Art Beutel an der Außenseite des Raumschiffs befestigt wird. Dabei würde der Körper komplett gefrieren und in kleine Stücke zerbrechen. Durch eine Entlüftungsöffnung könnte das Wasser aus dem Beutel entweichen. Das Raumschiff würde dann die menschlichen Überreste, die auf 25 Kilogramm reduziert würden, auf die Erde zurücknehmen.
Mars-Beerdigung
Ein Tod auf Mars würde allerdings ein anderes Prozedere benötigen, eine offizielle Vorgehensweise gibt es noch nicht. In so einem Fall müssen die Astronauten und das Bodenteam auf der Erde über die weiteren Schritte zunächst diskutieren. Catherine Conley vom NASA-Büro für Planetenschutz meint, hinsichtlich der Beerdigung von Astronauten auf dem Mars "erlegen wir keine Beschränkungen auf, solange alle Erdmikroben abgetötet wurden – also wäre eine Einäscherung notwendig."
Ist das nicht möglich, müsste man den Leichnam auf dem Mars zurücklassen. Dort würde er dann für eine lange Zeit erhalten bleiben. Zunächst würde der normale Abbauprozess aufgrund der Bakterien einsetzen. Sobald der Leichnam jedoch gefriert, komme die Verwesung zum Stillstand. Die Leiche würde vollständig austrocknen und schließlich mumifiziert den Elementen ausgesetzt werden. Die ionisierende Strahlung aus dem All würde schließlich die langsame Zersetzung hervorrufen, bis nur mehr die Gebeine übrig sind – das könnte allerdings Millionen von Jahren dauern, erklärt "Der Standard".
Apollo-11-Mondmission
Bei der ersten bemannte Raumfahrtmission mit einer Mondlandung war die NASA auf den möglichen Verlust der Apollo-11-Besatzung vorbereitet. Auch wenn der Notfallplan nie offiziell veröffentlicht wurde, erinnert sich William Safire, Redenschreiber von Nixon, an den unsicheren Start.
"Wir wussten, dass die Katastrophe nicht in Form einer plötzlichen Explosion eintreten würde", schrieb er. "Es würde bedeuten, dass die Männer auf dem Mond gestrandet wären, in Kommunikation mit Mission Control, während sie langsam verhungerten, oder absichtlich 'die Kommunikation abschalten' - der Euphemismus für Selbstmord".
Geheime Ansprache vorbereitet
Safire wurde damals beauftragt, eine geheime Ansprache für US-Präsident Richard Nixon zu verfassen, für den Fall, dass die Mondmission 1969 in einem Desaster endet. Die NASA hatte damals geplant, die Kommunikation zu den gestrandeten Männern abzubrechen und ihnen damit ein "Seebegräbnis" zu gewähren.
Im Weltraum herrscht nämlich sozusagen das Seerecht. Zwar gibt es dort kein Meer, aber da auch im Weltall keinen staatlichen Hoheitsanspruch gibt, könnte man das Seerecht unter gewissen Umständen auf das Weltraumrecht anwenden.
Zusammenfassung
- Für den Tod im Weltall gibt es kein Protokoll für den richtigen Umgang mit der Leiche.
- Die NASA hat eine Simulation, die auf den Ernstfall vorbereiten soll.
- Bei einem Tod am Mars würde das jedoch an seine Grenzen stoßen.
- Und: Ein Begräbnis, wie man es aus Science-Fiction-Filmen kennt, wäre aufgrund eines UN-Abkommens verboten.