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Sprach-Prüflinge erschlichen Sozialleistungen für Dritte

Sieben Männer und Frauen mit nigerianischen Wurzeln sind in Graz mit ihrem Ring für Sozialleistungsbetrug und falschen Sprach-Prüfungen aufgeflogen. Dienstagfrüh durchsuchten rund 70 steirische Beamte fünf Wohnungen und nahmen vier der Verdächtigen fest. Sie hatten sich bei Prüfungen mit gefälschten Reisepässen als Dritte ausgegeben und so gegen Entgelt für diese Zertifikate erhalten. Damit wiederum erwarben die "Kunden" Sozialleistungen und sogar Staatsbürgerschaften.

Die Operation "Sudoku" - eine Zusammensetzung aus den Worten Soko für Sonderkommission und Dokumente - ging am Dienstag ab 4.30 Uhr an fünf Grazer Standorten zeitgleich über die Bühne. Beamte verschiedener Einheiten - darunter auch Diensthundeführer und IT-Spezialisten - durchsuchten fünf Wohnungen und stellten zahlreiche Dokumente sicher. Diese müssen nun in den kommenden Monaten ausgewertet werden, schilderte Einsatzleiter Chefinspektor Thomas Huber bei der Pressekonferenz in Graz, wenige Stunden nach den Festnahmen. Er sprach von einem "würdigen Abschluss" der polizeilichen Ermittlungen, die rund ein Jahr lang gedauert hatten.

Seit Oktober 2019 hatte man Hinweise auf einen groß angelegten Sozialleistungsbetrug unter nigerianischen Staatsbürgern in Graz. Im Dezember erhärtete sich der Verdacht, denn eine Mitarbeiterin des Österreichischen Integrationsfonds (ÖIF), wo Prüfungen abgelegt werden, meldete ihre Beobachtungen. Ihr war aufgefallen, dass immer derselbe Prüfling, nur mit anderen Dokumenten, angetreten war.

Daraufhin wurden alle 523 Prüfungen von nigerianischen Staatsbürgern in Österreich, die von 2017 bis Februar 2020 bei entsprechenden Instituten abgelegt wurden, kontrolliert. Dabei stellte sich heraus, dass sich Prüflinge in 184 Fällen mit gefälschten Dokumenten ausgewiesen haben. 61 davon konnten den vier festgenommenen Verdächtigen sowie drei Komplizen zugeordnet werden. Die mutmaßlichen Täter wiesen sich bei den Prüfungen mit gefälschten Reisepässen aus, bei denen in Nigeria ein anderes Foto - jenes des Täters - eingesetzt wurde. Die manipulierten Dokumente wurden dann per Kurier und Flugzeug nach Österreich gebracht und bei den Stellen vorgezeigt.

Die Zertifikate (Sprachniveau A1 bis B1) kamen "Kunden" zugute, die bereits in Österreich lebten und die Prüfungen sonst nicht geschafft hätten. Mit den zu Unrecht erlangten Zertifikaten wurden Sozialleistungen und sogar Staatsbürgerschaften erschlichen. Wie hoch der Schaden ausfällt, könne noch nicht gesagt werden, meinte Huber, doch die Summe dürfte im sechsstelligen Euro-Bereich sein.

Der akkordierte Einsatz sei laut dem Einsatzleiter "ohne Vorkommnisse" über die Bühne gegangen. Beteiligt waren rund 70 Beamte, darunter Ermittler vom Landeskriminalamt, Diensthundeführer sowie IT-Spezialisten. Hansjörg Bacher, Sprecher der Staatsanwaltschaft Graz, sagte bei der Pressekonferenz, dass unter anderem wegen Urkundenfälschung, krimineller Vereinigung, schweren gewerbsmäßigen Betrugs und Erschleichung von Aufenthaltstiteln sowie Sozialleistungen ermittelt werde. Wenn der Schaden mehr als 300.000 Euro ausmache, beträgt der Strafrahmen bis zu zehn Jahre Haft.

"Nun geht es an die Knochenarbeit", meinte Bacher, denn die sichergestellten Dokumente müssen alle noch ausgewertet werden. Man erhofft sich, dass dadurch weitere der 184 "falschen" Prüfungen aufgeklärt werden können. Bei den vier festgenommenen Verdächtigen will die Staatsanwaltschaft Anträge für Untersuchungshaft stellen. Von diesem Quartett haben übrigens bereits drei selbst die österreichische Staatsbürgerschaft. Es handelt sich um Männer im Alter von 49 bis 59 Jahren sowie eine 38-Jährige.

Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) gratulierte den Ermittlern zum "großen Schlag gegen den organisierten Sozialleistungsbetrug". Die steirische FPÖ nahm den Fall zum Anlass, um einmal mehr gegen Soziallandesrätin Doris Kampus (SPÖ) zu wettern: "Vor allem die Mindestsicherung, aber auch viele andere freiwillige Sozialleistungen des Landes stellen in ihrer Ausgestaltung für Sozialbetrüger geradezu eine Einladung dar." Kampus zeige sich "am sozialromantischen Auge weiterhin blind". Die Soziallandesrätin indessen erklärte: "Wer unser Sozialsystem missbraucht, muss bestraft werden. Da gibt es für mich kein Pardon."

ribbon Zusammenfassung
  • Sieben Männer und Frauen mit nigerianischen Wurzeln sind in Graz mit ihrem Ring für Sozialleistungsbetrug und falschen Sprach-Prüfungen aufgeflogen.
  • Dienstagfrüh durchsuchten rund 70 steirische Beamte fünf Wohnungen und nahmen vier der Verdächtigen fest.
  • Mit den zu Unrecht erlangten Zertifikaten wurden Sozialleistungen und sogar Staatsbürgerschaften erschlichen.
  • Es handelt sich um Männer im Alter von 49 bis 59 Jahren sowie eine 38-Jährige.