Sexuelle Übergriffe durch Ärzte: Meldungen "nur die Spitze des Eisbergs"
Der PULS 24 Bericht über eine Frau, die von der Behandlung eines Orthopäden Verletzungen im Vaginalbereich davontrug, sorgt für Aufregung. Antonia P. wollte sich wegen Schulterschmerzen behandeln lassen, der Arzt griff "ohne Vorwarnung" zu einer osteopathischen Behandlungsmethode namens "Vaginal Touché". In einem Prozess wurde der Arzt inzwischen freigesprochen.
Unter einem Twitter-Posting teilten zahlreiche Frauen unter dem Hashtag "#FrauenbeimArzt" ihre Erfahrungen mit sexualisierten Übergriffen, sexuellen Belästigungen oder sexistische Kommentare durch behandelnde Ärzte. Mit Stand Dienstag waren es mehr als 1.200 Kommentare. Viele Betroffene sprechen auch darüber, ihre Erfahrungen aus Scham oder Schock oft jahrelang für sich behalten zu haben.
Beschwerden über sexualisierte Übergriffe gehen bei den Patientenanwaltschaften bzw. -vertretungen in den Bundesländern "sehr selten" ein, wie diese auf Anfrage von PULS 24 durchgehend bestätigten. In den meisten Bundesländern gibt es im Schnitt nur einen Verdachtsfall im Laufe mehrer Jahre. In Kärnten gab es im vergangenen Jahr ein Verdachtsfall, zwei in Niederösterreich und vier in Wien.
Patientenanwaltschaften oft erste Anlaufstelle
Die Patientenanwaltschaften sind eigentlich für den außergerichtlichen Bereich bei Behandlungsfehlern oder medizinischen Folgen von Behandlungen eingerichtet. Je nach Art der Vorwürfe können sich Konsequenzen aus dem Berufsrecht, also dem Ärztegesetz in Form von Disziplinarverfahren, aus dem Organisationsrecht (Krankenanstaltengesetz, Dienstrecht) oder auf der strafrechtlichen Ebene ergeben, erklärt Gerald Bachinger, Patienten- und Pflegeanwalt für Niederösterreich und Sprecher der Patientenanwaltschaften gegenüber PULS 24.
Für strafrechtliche Vorwürfe wie sexuelle Übergriffe sind die Staatsanwaltschaften zuständig. Trotzdem sind die Patientenanwaltschaften oft erste Anlaufstelle für Betroffene. Dort finden Betroffen auch juristische Unterstützung. Einen Vorfall auch dort zu melden ist also durchaus auch ratsam. "Wir helfen auch bei der Einbringung einer Sachverhaltsdarstellung, wenn dies von den Betroffenen gewünscht ist", sagt etwa die Kärntner Patientenanwältin Angelika Schiwek im Gespräch mit PULS 24.
"Nur die Spitze des Eisbergs"
"Dass es gegen den selben Arzt mehrere Beschwerden gibt, kommt noch seltener vor, vielleicht alle zehn Jahre". Aber man wisse auch, dass man immer nur "die Spitze des Eisberges", sagt Schiwek. Wenn es mehrere Beschwerden gegen ein und denselben Arzt gibt, sei dies aber "auffällig". "Ich halte das immer auch gesondert fest, dadurch sehe ich das sofort", sagt sie. In so einem Fall stelle man "dann auch den Kontakt zwischen den Betroffenen her, damit diese gegebenenfalls gemeinsam rechtlich vorgehen können", erklärt Schiwek.
Die Ärztekammer kann auch selbst aktiv werden und auch ohne strafrechtliche Verurteilung Disziplinarmaßnahmen bis hin zur Streichung aus der Ärzteliste und damit ein Behandlungsverbot verhängen.
Zusammenfassung
- Immer wieder machen Frauen Erfahrungen mit sexuellen Übergriffen oder Belästigungen durch Ärzte. Jüngst teilten Frauen in sozialen Medien ihre Erfahrungen. Bei den Patientenanwaltschaften gibt es nur selten Beschwerden.