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Rennen um die Abnehm-Pille

Heute, 08:45 · Lesedauer 4 min

Der viele Milliarden Euro bzw. US-Dollar "schwere" Markt für Abnehm-Pillen hat noch einmal Fahrt aufgenommen. Der dänische Konzern Novo Nordisk hat seine Semaglutid-Tabletten als Alternative zu "Wegovy" zum Injizieren bei der US-Arzneimittelbehörde FDA eingereicht. Der US-Konzern Eli Lilly hat jetzt von guten Ergebnissen mit einer Alternative für ein solches Medikament zum Schlucken berichtet.

"Fast zwei Jahre nach der Meldung erfolgreicher Ergebnisse einer Phase-III-Studie (Wirksamkeit und Verträglichkeit; Anm.) seiner oralen Version des injizierbaren Adipositasmedikaments 'Wegovy' (Wirkstoff Semaglutid; Anm.) hat Novo Nordisk bei der FDA die Marktzulassung beantragt", schrieb jetzt der US-Infodienst "Fierce Pharma".

Ursprünglich hätte das schon früher erfolgen sollen. "Als Novo Nordisk im Mai 2023 berichtete, dass Patienten, welche die höchste Dosis (50 Milligramm/Tag) Semaglutid oral einnahmen, nach 64 Wochen 15 Prozent ihres Gewichts verloren hatten, kündigte das dänische Unternehmen an, bis Ende desselben Jahres die Zulassung beantragen zu wollen", so die Mitteilung. Doch zunächst musste der dänische Konzern offenbar alle Energie darauf lenken, die mit dem internationalen Hype zu den GLP-1-Abnehm- und Diabetes-Medikamenten verbundene eklatante Steigerung des Bedarfs durch Ausweitung der Produktion zu befriedigen.

Die bisherigen derartigen Arzneimittel müssen alle injiziert werden. Die Entwicklung von Tabletten ist wiederum diffizil. Medikamente, die das Glukagon-ähnliche Peptid 1 (GLP-1) imitieren, wie Semaglutid, haben die Behandlung von Fettleibigkeit und Typ-2-Diabetes revolutioniert, haben aber erhebliche Nachteile. "Ihre Herstellung ist teuer, sie müssen gekühlt gelagert und oft injiziert werden, da sie den Magen-Darm-Trakt nicht passieren können, ohne abgebaut zu werden", erklärte dazu Alejandra Tomas, Zellbiologin am Imperial College London, gegenüber der Wissenschaftszeitschrift "Science".

Bei dem geplanten Medikament von Novo Nordisk handelt es sich um speziell verpacktes Semaglutid, also jener Wirkstoff, der auch in den Präparaten zum Injizieren enthalten ist. Deshalb wurde für die Tablettenform ein Absorptionsverstärker zur besseren Aufnahme im Magen hinzugefügt. Personen, die damit Gewicht verlieren wollen, werden das Medikament in der Früh auf nüchternen Magen mit wenig Flüssigkeit einnehmen müssen.

Wirkstoff Orforglipron in Entwicklung

Doch die Entwicklung geht weiter. Der US-Konzern Eli Lilly hat ein derartiges Medikament (GLP-1-Agonist) mit dem Wirkstoff Orforglipron in Entwicklung. Im Gegensatz zu den vergleichbaren Arzneimitteln zur einmal wöchentlichen Injektion handelt es sich dabei um ein synthetisches, kleines Wirkstoffmolekül. Es wird nicht wie Protein-Fragmente im Magen sofort abgebaut, sondern aufgenommen und später über die Leber verstoffwechselt. Ein kleines Molekül ist nicht nur günstiger in der Herstellung als Peptide, sondern wird auch leichter absorbiert.

Zumindest bei Zuckerkranken wirkt Orforglipron ausgesprochen gut. An einer Zulassungsstudie für die Anwendung zur Blutzuckersenkung nahmen 559 Patienten mit Typ-2-Diabetes teil. Sie hatten einen mittelfristig deutlich zu hohen Blutzuckerspiegel (HbA1c-Wert von acht Prozent; angestrebt werden 6,5 Prozent und weniger).

Bis zu 7,9 Prozent Gewichtsverlust

Patienten erhielten per Zufallsauswahl über 40 Wochen hinweg eine tägliche Behandlung mit Orforglipron in der Dosierung drei, zwölf bzw. 36 Milligramm oder ein Placebo. Die mit dem echten Medikament Behandelten kamen zu rund 65 Prozent auf eine mittelfristige Blutzuckereinstellung von unter 6,5 Prozent HbA1c.

Gleichzeitig zeigte sich eine deutliche Gewichtsabnahme: Mit drei Milligramm des Wirkstoffes verloren die Probanden 4,7 Prozent ihres Körpergewichts, mit zwölf Milligramm 6,1 Prozent und unter der höchsten Dosis betrug die Gewichtsabnahme sogar 7,9 Prozent (Placebo: minus 1,6 Prozent).

Eli Lilly wird das potenzielle Medikament wahrscheinlich zunächst für die Zulassung zur Behandlung von Typ-2-Diabetes anmelden. Doch das ist erst der Anfang. "Der Hersteller lässt in der Phase-III-Studie ATTAIN-1 die Wirkung von Orforglipron an etwa 3.000 Patienten mit Übergewicht und Adipositas prüfen. Die Ergebnisse könnten noch in diesem Jahr vorliegen und die Grundlage für eine Zulassungserweiterung (zum Abnehmen; Anm.) schaffen", schrieb dazu am Dienstag das Deutsche Ärzteblatt. Auch andere internationale Pharmakonzerne wollen möglichst schnell zu ähnlichen Arzneimitteln kommen.

Zusammenfassung
  • Der dänische Konzern Novo Nordisk hat bei der US-Arzneimittelbehörde FDA die Zulassung für seine Semaglutid-Tabletten beantragt, die eine Alternative zu injizierbaren Abnehm-Medikamenten bieten sollen.
  • Eli Lilly entwickelt mit Orforglipron ein neues Medikament, das bei Typ-2-Diabetes-Patienten zu einem Gewichtsverlust von bis zu 7,9 % führt und den Blutzuckerspiegel bei 65 % der Patienten signifikant senkt.
  • Orforglipron wird derzeit in einer Phase-III-Studie an 3.000 Patienten getestet, um die Zulassung für die Behandlung von Übergewicht und Adipositas zu erweitern.