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"Rassenwahn": Skurriler Bienen-Streit in Kärnten spitzt sich zu

In Kärnten ist seit 2007 nur noch die heimische Carnica-Honigbiene erlaubt. Imker, die andere Arten bewirtschaften, riskieren mitunter hohe Strafen. Das Kuriose: die Bienen werden rein nach ihrer Farbgebung eingestuft, sind manche "zu dunkel", müssen sie dem Gesetz nach ausgerottet werden. Der Konflikt hat sich so zugespitzt, dass sich Kärntner Landespolitiker kurz vor Regionalwahlen nicht dazu äußern wollen.

Weltweit beschleunigen der Klimawandel und Pestizide das Bienensterben. Die Bestäuber spielen eine wesentliche Rolle in der Landwirtschaft, ihr Verschwinden bedroht viele Früchte und Getreidearten.

Für Kärnten spielt aber nicht nur die Gesundheit ihrer Bienenvölker eine Rolle. Nach dem kärntnerischen Bienenwirtschaftsgesetz ist seit 2007 nur die Carnica Biene erlaubt, Verstöße werden mit hohen Geldstrafen geahndet.

Die Carnica, oder Krainer Honigbiene, gilt als gut angepasst für ihre alpine Heimat, um die Winter und das launische Wetter zu überleben. Außerdem ist sie ihren menschlichen Betreuern gegenüber fügsam und harmlos. Als äußerliches Merkmal zeichnet sich die Carnica durch ihre charakteristischen hellgrauen Bauchringe aus.

Am Freitag gibt es in Kärnten eine Pressekonferenz "zur Lösung des Bienenstreits". 

Imkervorschriften seien "Rassenwahn"

Genau nach diesen hellgrauen Bauchzeichnungen wird streng beurteilt. Der Kärntner Sandro Huter erzählt im Gespräch mit der "New York Times" von seinen Bienenkolonien. Obwohl diese gesund und fleißig waren, wurden sie 2018 von einem Staatsinspektor als "zu dunkel" eingestuft. Um eine Strafe zu vermeiden hätte Huter die Königinnen ersetzen müssen. Als "Rassenwahn" betitelt der Imker diese Vorschreibung und weigerte sich, Folge zu leisten. Seine Bienen wären ebenso Carnica, nur mit einer anderen Farbgebung.

Huter legte beim Bundesverwaltungsgericht Wien Berufung ein und gewann im Jahr 2020. Das Gericht kritisierte die Vorgehensweise des Landes Kärnten, die Bienen rein nach ihrer Farbe einzustufen. Seither erwägt Kärnten etwaige Änderungen des Bienenwirtschaftsgesetzes, die Carnica-Art expliziter zu definieren und höhere Strafen für "unreine" Bienen festzulegen. Das verschärfte Gesetz sieht unter anderem vor, bei unreinen Kolonien anstatt "nur" der Königinnen den gesamten Stock (meist 40.000 bis 80.000 Bienen) zu töten.

Elisabeth Thurner, die Obfrau des Landesverbandes für Bienenzucht in Kärnten hat nun in einer Stellungnahme Bezug genommen. Die Bienen-Diskussion sei für sie eine "alte Geschichte", die von Huter neu aufgewärmt würde. "Zucht ist bei den Bienen genauso wenig rassistisch wie in anderen Tierzuchtsparten", schreibt Thurner.  Die Carnica besäße außerdem auch in der Steiermark, Wien, Niederösterreich und Salzburg Schutzstatus.

Relikt aus Nazi-Zeit

Die Gegner des Gesetzes sehen darin ein Echo der Nazi-Vergangenheit. Es würde auf den Oberimker des Dritten Reichs, Gottfried Götze, zurückgehen. Götze war ein starker Verfechter der Carnica und war überzeugt, dass ausschließlich einheimische Bienen bewirtschaften sollten. In einer Imkereizeitschrift schrieb Götze 1938: „Was nützt der Import fremder Rassen, wenn unsere heimische deutsche Biene verloren geht?“

Es erweist sich allerdings als sehr schwer, das Paarungsverhalten von Bienen zu steuern. Aktuelle Studien deuten darauf hin, dass mehr als ein Viertel der Kärntner Bienen bereits zu dunkel sind, um sich als Carnica zu identifizieren. Laut Wissenschaftlern sei aber die Farbe allein kein narrensicheres Merkmal der Carnica.

Zwischen den Gesetzesbefürwortern und -gegnern herrscht schon länger ein zunehmend eskalierender Konflikt. Auch Kärntner Landespolitiker wollen sich zu dem Streit nicht äußern. Der Landesrat Martin Gruber sagte auf Anfrage der "New York Times", er wolle vor den Regionalwahlen im März kein Interview zu dem Thema geben.

ribbon Zusammenfassung
  • Weltweit beschleunigen der Klimawandel und Pestizide das Bienensterben.
  • Für Kärnten spielt aber nicht nur die Gesundheit ihrer Bienenvölker eine Rolle.
  • Nach dem kärntnerischen Bienenwirtschaftsgesetz ist seit 2007 nur die hellgrau gezeichnete Carnica Biene erlaubt, Verstöße werden mit hohen Geldstrafen geahndet.
  • Kärntner Imker bezeichnen diese Vorgaben als rassistische Überbleibsel aus Nazi-Zeiten.