Prozess um Geiselnahme im AMS Gmunden
Als der Mann am 19. September 2024 in das AMS-Gebäude kam, habe er in seinem Rucksack drei große Küchenmesser und vier Handschellen gehabt, heißt es in der Anklage. Bei einem Infostand soll er einen Mitarbeiter bedroht und als Geisel genommen haben. Auch eine weitere AMS-Mitarbeiterin soll er bedroht haben. Anschließend forderte er alle anderen Personen, die sich auf derselben Etage aufhielten, auf, das Gebäude zu verlassen, rief selbst die Polizei, verlangte nach der Verhandlungsgruppe und wurde wenig später festgenommen.
Die Staatsanwältin beschrieb zunächst die wenig erfolgreiche Berufslaufbahn des Angeklagten. Im Juni war sein Arbeitslosengeld ruhend gestellt worden, weil er durch sein Verhalten immer wieder selbst dazu beigetragen hatte, dass aus Jobangeboten nichts wurde. Die Mietrückstände und Schulden seien immer mehr geworden, die Delogierung drohte und der Mann habe zu recherchieren begonnen, wie er zu einer "Wohnung für immer" komme, zitierte die Anklagevertreterin die Verantwortung des Mannes.
Er habe nachgeforscht, "welche Straftat muss ich begehen, damit ich möglichst lange ins Gefängnis komme und niemanden verletzen muss". Dabei sei er auf eine Geiselnahme, für die ihm nun eine Freiheitsstrafe von zehn bis 20 Jahren Haft droht.
"Angst, die Existenz zu verlieren"
Ihr Mandant bedaure die Tat, so die Verteidigerin. Sein Motiv: "Er hatte Angst, seine Existenz zu verlieren." Der 37-Jährige selbst sagte, er wäre damals bereit gewesen, sich von der Polizei erschießen zu lassen. In seiner Einvernahme gab er sich reuig: "Das ist schon heftig, was ich da an den Tag gebracht habe." Im Gerichtssaal entschuldigte er sich bei dem AMS-Mitarbeiter, den er als Geisel genommen hatte und beteuerte: "Ich hätte Ihnen nichts getan."
Der AMS-Mitarbeiter beschrieb seine Todesangst: "Ich habe nicht gewusst, ob ich lebend rauskomme." Dennoch - er "kommt klar" mit dem Geschehen und wolle mit der Sache einfach nur abschließen, meinte er. Auch Kollegen von ihm beschrieben die Situation als dramatisch und angsteinflößend.
Schulklasse während Geiselnahme im AMS
Ein Vorgesetzter beschrieb, dass zum Zeitpunkt der Geiselnahme eine Klasse Mittelschüler im Haus gewesen sei. Eine Kollegin habe aber geistesgegenwärtig reagiert und die Jugendlichen mit einem Spiel in einem abgeschlossenen Raum still beschäftigt, sodass sie möglichst sicher waren und gar nichts von dem Vorfall mitbekamen.
Ein Gutachten bescheinigt dem Angeklagten Zurechnungsfähigkeit, aber auch Gefährlichkeit aufgrund einer kombinierten Persönlichkeitsstörung mit emotionaler Instabilität und histrionischen sowie narzisstischen Anteilen. Wesentliches von Unwesentlichem zu unterscheiden, falle ihm ebenso schwer wie Selbstkritik, eine "Überhöhung des eigenen Selbstbildes" gehe einher mit rascher Kränkbarkeit und Empathielosigkeit, so der Sachverständige Peter Hofmann. Er sehe ein, dass er sich helfen lassen müsse, sagte der Angeklagte - "aber ich bin kein Narzisst", fühlt er sich vom Gutachter falsch diagnostiziert.
Urteil noch am Donnerstag
Die Staatsanwaltschaft beantragt auf Basis des Gutachtens eine Strafe und eine Einweisung. Zu Mittag zogen sich die Geschworenen zur Beratung zurück. Ein Urteil ist somit am Nachmittag zu erwarten.
Zusammenfassung
- Ein 37-jähriger Mann steht vor Gericht, weil er am 19. September 2024 im AMS Gmunden eine Geiselnahme durchgeführt hat, um eine dauerhafte Unterkunft im Gefängnis zu erhalten.
- Der Angeklagte war arbeitslos, verschuldet und drohte delogiert zu werden; er brachte drei Küchenmesser und vier Handschellen mit, rief selbst die Polizei und wurde festgenommen.
- Ein psychiatrisches Gutachten bescheinigt ihm Zurechnungsfähigkeit, aber auch Gefährlichkeit; die Staatsanwaltschaft fordert eine Strafe und eine Einweisung, während ein Urteil am Nachmittag erwartet wird.