APA/APA/dpa/A3542 Karl-Josef Hildenbrand

Prozess gegen Wiener, der mit Gewehr auf Passanten zielte

Er habe "Zielübungen" machen wollen, weil er am Schießstand "nicht so gut wie im Prater" getroffen habe: Mit diesen Worten hat ein 24-Jähriger am Montag einem Schöffensenat am Landesgericht zu erklären versucht, weshalb er am 12. Juni 2023 in seiner Wohnung in Wien-Favoriten bei geöffnetem Fenster mit seinem Jagdgewehr herumhantierte. Mehrere Personen nahm er dabei ins Visier, eine Frau lief in Panik in einen Innenhof und verschanzte sich hinter Müllcontainern.

Ein Mann in einer vis-a-vis gelegenen Wohnung bekam ebenfalls mit, wie der 24-Jährige seine mit einem Zielfernrohr versehene Waffe auf ihn richtete, als er am Fenster rauchte. "Ich bin schnell weg von Fenster und hab meiner Frau gesagt, sie soll mit unserem Kind aus dem Zimmer gehen", schilderte dieser als Zeuge dem Gericht. Er habe den Mann mit seinem Handy fotografiert: "Da hat er dann wieder direkt auf mich gezielt."

Nachdem mehrere Menschen die Polizei verständigt hatten, wurde die Wohnung des 24-Jährigen in der Rotenhofgasse von der Wega gestürmt, der bisher Unbescholtene festgenommen und die Waffe, die mit scharfer Munition geladen war, sichergestellt. Das Gewehr besaß der junge Mann legal. In weiterer Folge stellte sich allerdings heraus, dass der 24-Jährige in jüngerer Vergangenheit schon zwei Mal für jeweils vier Wochen in einer psychiatrischen Krankenanstalt stationär aufgenommen worden war. "Ich weiß, dass ich eine Krankheit habe. Eine Psychose. Ich lebe mit einer Psychose", erklärte dieser dazu nun selbst dem Senat.

Gerichtspsychiater Peter Hofmann stufte den Mann, dem er eine unbehandelte schizoaffektive Störung bescheinigte, als gefährlich ein. Wenn dieser - wie zuletzt - seine Medikamente nicht nehme und stattdessen weiterhin Alkohol und Cannabis konsumiere, müsse mit Straftaten mit schweren Folgen gerechnet werden, warnte der Sachverständige. Der Staatsanwalt warf dem 24-Jährigen daher nicht nur gefährliche Drohung vor - zusätzlich beantragte er die Unterbringung des Mannes in einem forensisch-therapeutischen Zentrum.

"Ich hab' die Waffe nur zehn Sekunden aus dem Fenster gehalten, um einen Zielvergleich zu haben", behauptete der Angeklagte. Dann erzählte er, wie er sich vor einiger Zeit im Prater an Schießständen mit Luftgewehren und Platzpatronen zu vergnügen begann. Das habe ihm Spaß gemacht, er habe immer "gut getroffen" und daher "beschlossen, ich kauf mir eine scharfe Waffe". Mit dem Gewehr sei er dann in einen Schießkeller gegangen, habe aber "nicht mehr so gut geschossen". Das habe ihn gewurmt, daher habe er am 12. Juni die Waffe aus dem Fenster gehalten und auf einen Mauervorsprung bzw. eine Überwachungskamera gezielt.

Der 24-Jährige, der sich seit mehreren Monaten in der Justizanstalt in U-Haft bzw. vorläufiger Anhaltung befindet, erklärte sich damit einverstanden, sich mit einer Depotspritze behandeln zu lassen. Die Verhandlung wurde auf Mitte Dezember vertagt - bis dahin sollte feststehen, ob die Medikamente wirken und dem Mann die im Fall einer Verurteilung beantragte Unterbringung im Maßnahmenvollzug allenfalls bedingt nachgesehen werden kann.

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  • Er habe den Mann mit seinem Handy fotografiert: "Da hat er dann wieder direkt auf mich gezielt."