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Eltern nach Heroinvergiftung von Zweijähriger freigesprochen

Die Eltern einer Zweijährigen, die am 21. Jänner 2024 mit einer Heroinvergiftung in ein Wiener Spital gebracht wurde und nur dank rascher intensivmedizinischer Hilfe überlebte, sind am Mittwoch am Landesgericht vom Vorwurf des Quälens bzw. Vernachlässigens einer unmündigen Person (§ 92 StGB) freigesprochen worden. Während der Freispruch für die Mutter zu erwarten war, kam jener für den Vater insofern überraschend, als sich dieser in der Verhandlung schuldig bekannt hatte.

"Ich bin verpflichtet, auch ein Geständnis zu überprüfen", führte die Richterin dazu in ihrer Begründung aus. Im gegenständlichen Fall habe sich nicht feststellen lassen, wie das Heroin in den Körper der Kleinen gelangt war. Es habe nicht geklärt werden können, "ob sich das mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit so zugetragen hat, wie es angeklagt wurde. Ich kann nicht mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit feststellen, dass Sie eine gröbliche Vernachlässigung begangen haben", hielt die Richterin fest. Ein "Kausalzusammenhang" zwischen dem Drogenkonsum bzw. dem Verhalten des Vaters und den damit verbundenen Folgen für die Tochter sei nicht erwiesen.

Zur Mutter bemerkte die Richterin: "Ich hab' mich schon ein bisschen gewundert, dass Sie angeklagt wurden. Ich sehe bei Ihnen kein Fehlverhalten. Es war relativ schnell klar, dass das nur ein Freispruch werden kann." Die beiden Freisprüche sind nicht rechtskräftig. Die Staatsanwältin gab vorerst keine Erklärung ab.

Sie hatte den Eltern vorgeworfen, ihre Verpflichtung zur Fürsorge grob vernachlässigt zu haben, indem das Mädchen in ihrer Wohnung in Wien-Favoriten Zugang zu Heroin hatte. Das Gift gelangte ins Blut der Kleinen, was eine Heroinvergiftung bewirkte, die zu einem "tief komatösen Zustand" führte, wie Gerichtsmediziner Nikolaus Klupp darlegte. Auf dem siebenstufigen Glasgow Coma Score (GSC) befand sich das Mädchen demnach auf der Stufe sechs, als die Kleine im Spital notfallmedizinisch versorgt wurde. Die Sauerstoffsättigung im Blut lag bei 60 Prozent. Bei einer Sättigung von unter 80 Prozent ist Lebensgefahr gegeben. Das Kind sei im Spital zunächst "weiter verfallen", schilderte Klupp. Erst als dem Mädchen ein Gegengift gegen Morphin und Opiate verabreicht wurde, hätte sich der Zustand stabilisiert. "Ohne notfallmedizinische Maßnahmen wäre heroinbedingter Atemstillstand eingetreten und hätte das zum Ableben des Kindes geführt", betonte der Gerichtsmediziner.

Der 43-jährige Vater hatte in der Verhandlung ein Geständnis abgelegt. Er habe damals Heroin konsumiert, wobei seine Partnerin davon nichts gewusst habe. "Es war Stress. Das Leben ist schwer", erklärte er zu seinem Suchtgift-Konsum. Er habe das Heroin in einem Plastiksackerl in seiner Hosentasche mit sich geführt und müsse davon etwas in der Wohnung "verloren" haben: "Es tut mir sehr wahnsinnig leid. Es war das Schlechteste, was in meinem Leben passiert ist." Etwas Heroin sei ihm aus der Tasche gefallen, seine Tochter müsse das in den Mund genommen haben, vermutete er.

Die um ein Jahr jüngere Mutter des Mädchens bekannte sich "nicht schuldig". Sie habe von der Drogensucht ihres Lebensgefährten nichts geahnt: "Ich habe gar nichts gewusst. Wir haben nie über Drogen gesprochen. Das war gar kein Thema bei uns." Sie und ihre Tochter hätten ein "sehr gutes Verhältnis" zum Vater gehabt: "Sie hat ihn geliebt." Mittlerweile habe sie sich von dem Mann getrennt, es gebe nur mehr telefonischen Kontakt.

Der 42-Jährigen war am Morgen des 21. Jänner 2024 aufgefallen, dass ihre Tochter ungewöhnlich ruhig war und schläfrig wirkte. Als der Kleinen der Kopf vornüber fiel, rief die Frau die Rettung an. Die Zweijährige wurde rasch ins Spital gebracht, was ihr das Leben rettete, wie die Richterin der Mutter zubilligte: "Wenn Sie die Ärzte nicht gerufen hätten, wäre sie nicht mehr da."

Wie das Gift in den Körper der Zweijährigen gelangt war, konnte der toxikologische Sachverständige Günter Paul Gmeiner nicht klären. Eine Übertragung durch Kuscheln und Liebkosungen - der Vater hatte erklärt, er habe das Heroin stets aus dem Plastiksackerl entnommen und gesnifft - sei nicht gänzlich ausgeschlossen, falls sich der Mann nach dem Heroin-Konsum nicht die Hände gewaschen haben sollte. Auf einer Decke in der Wohnung habe man noch "sehr geringe Mengen" nachweisen können, "die mit freiem Auge nicht sichtbar waren", sagte Gmeiner.

In der Wohnung, die die Eltern gerade erst bezogen hatten, hatten sich am Vortag mehrere Bekannte des Vaters befunden, die ihm beim Umzug behilflich waren. Das war bei der richterlichen Wahrheitsfindung insofern von Bedeutung, als sich unter diesen Männern auch Suchtgift-Konsumenten befunden haben dürften, denen möglicherweise etwas aus der Tasche gerutscht war.

Fest steht, dass die Zweijährige zehn bis 15 Minuten vor Auftreten der ersten Symptome mit dem Heroin in Kontakt gekommen war und eine geringe Menge oral eingenommen haben dürfte. Diese hätte "einer Prise Salz" bzw. "fünf bis zehn Prozent eines Tic Tac-Bonbons" entsprochen, veranschaulichte der Toxikologe zur Größenordnung.

Das Mädchen hat sich von dem Vorfall erholt und befindet sich inzwischen wieder bei bester Gesundheit. Nachdem die MA 11 das Mädchen zunächst bei Pflegeeltern unterbringen wollte, habe sich nach einer eingehenden Prüfung herausgestellt, "dass es bei der eigenen Mutter am besten aufgehoben ist", erklärte deren Verteidiger. Die 42-Jährige habe daher das alleinige Obsorgerecht zugesprochen bekommen.

ribbon Zusammenfassung
  • Die Eltern einer Zweijährigen wurden vom Vorwurf der Vernachlässigung freigesprochen, obwohl der Vater ein Geständnis abgelegt hatte.
  • Die Richterin konnte nicht feststellen, wie das Heroin in den Körper des Kindes gelangte, und sah keinen Kausalzusammenhang mit dem Verhalten des Vaters.
  • Das Mädchen überlebte dank schneller medizinischer Hilfe eine Heroinvergiftung mit einer Sauerstoffsättigung von nur 60 Prozent.
  • Die Mutter hatte keine Kenntnis von der Drogensucht des Vaters und wurde ebenfalls freigesprochen.
  • Das Kind hat sich vollständig erholt und lebt nun bei der Mutter, die das alleinige Obsorgerecht hat.