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Özdemir kritisiert EVP wegen EU-Entwaldungsgesetz

Der deutsche Landwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) hat nach der jüngsten Abstimmung des Europaparlaments zum EU-Entwaldungsgesetz deutliche Kritik an der Europäischen Volkspartei (EVP) geübt. Diese habe mit ihren Änderungsanträgen für Verunsicherung in der Wirtschaft gesorgt, sagte Özdemir am Rande eines Treffens der EU-Agrarministerinnen und -minister am Montag in Brüssel. Er hoffe, dass die geplante Verschiebung der EU-Verordnung dadurch nicht in Gefahr sei.

Das EU-Gesetz für entwaldungsfreie Lieferketten ist bereits in Kraft; die meisten darin vorgesehenen Regeln sollten mit 1. Jänner 2025 anfangen zu greifen. Nach Druck aus den EU-Mitgliedstaaten - unter anderem von Österreichs Landwirtschaftsminister Norbert Totschnig (ÖVP) und Özdemir selbst - schlug die EU-Kommission vor, dass die Regeln erst ein Jahr später schlagend werden sollen. Die EVP im EU-Parlament nutzte die Abstimmung dazu, um weitere inhaltliche Änderungen an der Verordnung vorzuschlagen und brachte diese auch zusammen mit den Stimmen der weiter rechts stehenden Fraktionen sowie einem Teil der Liberalen durchs Parlament. Da diese inhaltlichen Änderungen aber nicht mit der Kommission und dem Rat (i.e. den EU-Mitgliedstaaten; Anm.) abgestimmt wurden, werden nun weitere Verhandlungen zwischen den EU-Institutionen nötig.

Özdemir hofft, dass durch die Verhandlungen, nicht die angedachte Verschiebung in Gefahr ist. Er wisse von einigen Mitgliedstaaten der EU, die die vom Parlament gewünschten Änderungen nicht mittragen wollen - ob diese eine Sperrminorität bilden könnten, wisse er aber nicht. Dies werde sich am Mittwoch zeigen. Dann werden die EU-Botschafter der 27 EU-Staaten über das weitere Vorgehen beraten.

"Dieses Chaos innerhalb der Schwarzen (gemeint ist die EVP; Anm.), die auf beiden Seiten der Barrikaden immer gleichzeitig sein wollen, das führt zu einer massiven Verunsicherung", kritisierte Özdemir und verwies darauf, dass ein EVP-Mitglied als Berichterstatter für das Gesetz federführend an der Ausarbeitung der ursprünglichen Verordnung beteiligt gewesen sei. Gemeint ist damit der luxemburgische EVP-Politiker und designierte EU-Agrarkommissar Christophe Hansen.

Die EU-Entwaldungsverordnung soll verhindern, dass Produkte auf den europäischen Markt kommen oder von dort aus exportiert werden, für deren Herstellung es zu Entwaldung kam - also eine Waldfläche dauerhaft in Agrarfläche umgewandelt wurde. Als betroffene Waren werden neben Holz auch Rinder, Soja, Kakao, Kaffee, Ölpalme oder Kautschuk, genannt. Bauern oder Waldbesitzer müssten demnach eine Sorgfaltserklärung inklusive Geodaten abgeben, bevor sie ein Produkt auf den Markt bringen können. Für kleine und mittlere Unternehmen gibt es aber Ausnahmeregelungen.

Österreichs Ressortleiter Totschnig nimmt am Montag nicht persönlich am Treffen in Brüssel teil. Er hatte immer wieder eine Verschiebung der Verordnung und auch weitere Änderungen an dem EU-Gesetz gefordert. EU-Abgeordnete der ÖVP (Mitglied der EVP-Fraktion; Anm.) stimmten für im EU-Parlament für die Änderungsanträge.

Primär für die Entwaldungsverordnung zuständig sind auf Ministerebene die Umweltministerinnen und -minister der Europäischen Union (EU). Aber auch die Agrarminister haben sich in der Vergangenheit immer wieder mit dem Thema befasst. Abseits des Entwaldungsgesetzes beraten sie am Montag über die Lage am Markt für Agrarprodukte. Die Situation entspanne sich, Herausforderungen würden aber weiterbestehen, hieß es im Vorfeld. Auch der ukrainische Agrarminister Vitalii Koval hat an dem Ratstreffen teilgenommen. Zudem wird über Fischfangquoten verhandelt.

Der Agrarmarkt der EU zeige "einige positive Signale einer partiellen Rückkehr zur Stabilität", heißt es in einem schriftlichen Briefing des Rates. Herausforderungen durch extreme Wetterereignisse, Tierseuchen, die geopolitische Lage sowie im Handel würden aber weiter bestehen.

Die Delegationen aus Bulgarien und Rumänien machen zudem in einer Note auf einen enormen Anstieg der Honigimporte aus der Ukraine aufmerksam, der ihren heimischen Produzenten Probleme bereite - und das, obwohl die EU-Zollvorgaben für die Ukraine auch bei Honig erst im Sommer verschärft wurden. In dem Schreiben der beiden Länder wird die EU-Kommission aufgefordert, weitere Maßnahmen zu ergreifen. Für Österreich weniger von Bedeutung - für Küstenstaaten dafür um so mehr - dürften dann Diskussionen über künftige Fischfangquoten für den Nordatlantik und das Mittelmeer werden.

ribbon Zusammenfassung
  • Cem Özdemir kritisiert die EVP scharf für ihre Änderungsanträge zum EU-Entwaldungsgesetz, die Unsicherheit in der Wirtschaft erzeugen. Er befürchtet, dass die geplante Verschiebung der Verordnung gefährdet ist.
  • Das EU-Entwaldungsgesetz, das ab dem 1. Januar 2025 gelten soll, könnte um ein Jahr verschoben werden. Die EVP hat jedoch im EU-Parlament Änderungen durchgesetzt, die nicht mit der Kommission abgestimmt sind.
  • Die EU-Entwaldungsverordnung zielt darauf ab, Produkte zu verhindern, die durch Entwaldung entstanden sind. Ausnahmen gelten für kleine und mittlere Unternehmen.