Nach Bootsunglück in Süditalien: 72 Leichen von Flüchtlingen geborgen
Die rund 80 Überlebenden des Bootsunglücks befinden sich in einem Aufnahmezentrum in Crotone. Die meisten wollen nicht in Italien bleiben, sondern ihre Reise in andere europäische Länder fortsetzen, berichteten italienische Medien. Die Überlebenden wurden von der Staatsanwaltschaft vernommen, die ein Verfahren wegen Totschlags und Beihilfe zur illegalen Einwanderung eröffnet hat.
Mehr als 150 Personen am überladenen Fischerboot
Das überladene Fischerboot, das laut der Küstenwache mehr als 150 Personen aus dem Iran, Pakistan und Afghanistan an Bord hatte, konnte dem rauen Meer nicht standhalten, prallte wenige Meter vor der Küste gegen die Felsen und zerbrach in zwei Teile. Die Trümmer seien bis zu 300 Meter vor der Küste verstreut gefunden worden, hieß es.
Italienischer Innenminister weist Vorwürfe gegen Küstenwache zurück
Der italienische Innenminister Matteo Piantedosi wies am Dienstag vor dem Parlament in Rom den Vorwurf gegen die Küstenwache zurück, sich zu spät zur Rettung des Fischerbootes eingeschaltet zu haben. Das Fischerboot war am Samstagabend von einem Flugzeug der EU-Grenzschutzbehörde Frontex gesichtet worden. Da das Boot nach Plan unterwegs war und nur eine einzige Person an Deck gesichtet wurde, sei die Küstenwache nicht eingeschaltet worden. Seitens der Migranten an Bord des Fischkutters sei erst gegen 4.00 Uhr früh ein Notruf bei der Leitstelle eingegangen, wie die Deutsche Presse-Agentur dpa berichtet. Daraufhin seien die Einsatzkräfte alarmiert worden. Die Opposition hatte den Rücktritt des Innenministers gefordert.
Die italienische Rechtsregierung von Giorgia Meloni bemüht sich indes legale Einwanderungswege nach Italien zu fördern. Der Ministerrat, der am Donnerstag ausnahmsweise nicht in Rom, sondern in der Kleinstadt Cutro in Kalabrien tagen wird, vor deren Küste sich das Flüchtlingsdrama abgespielt hat, will ein neues Migrationsdekret verabschieden. Hartes Vorgehen gegen Schlepper und die Öffnung für reguläre Migrationsströme mit dem Beitrag und der Unterstützung der Europäischen Union sind die Schwerpunkte des neuen Dekrets, das die Regierung plant. Es gehe darum, die Strafen für Schlepperei zu verschärfen, aber gleichzeitig die Möglichkeiten zur regulären Migration zu erweitern, hieß es in Rom.
Zusammenfassung
- Die Zahl der Todesopfer des Flüchtlingsunglücks vor der Küste der süditalienischen Region Kalabrien am 26. Februar steigt weiter.
- Insgesamt 72 Leichen wurden bisher geborgen, darunter jene von 16 Minderjährigen.
- Die Zahl der Vermissten bleibt weiterhin unklar.