Mit Herzinfarkt heimgeschickt: Einzelfall oder Personalmangel?
"Oft sind diese Fehler dem Personalmangel geschuldet", schreibt die "Kronen Zeitung" am Donnerstag über einen aufsehenerregenden Fall, der sich in einem Wiener Spital ereignet haben soll. Der Bericht schlug Wellen und rief auch die Ärztekammer auf den Plan, die sich in ihrer Kritik am Wiener Gesundheitswesen und dem Personalmangel bestätigt fühlt.
Mann nach Herzinfarkt heimgeschickt
Die "Krone" zitiert aus dem Jahresbericht 2022 der Wiener Pflege- und Patientenanwaltschaft (WPPA), der noch nicht öffentlich ist und erst am kommenden Mittwoch im Wiener Landtag präsentiert wird. In dem Bericht wird der Fall eines 31-Jährigen geschildert. Der junge Mann habe sich in der Notfallambulanz eines städtischen Spitals mit starken Schmerzen im linken Brustkorb gemeldet.
Im Spital habe man ihm dann Muskelverspannung und ein Nervenschmerz diagnostiziert und ihn nach Hause geschickt. Wenige Stunden später soll der Mann aber an einem Herzinfarkt gestorben sein. Laut eines Gutachtens war die Beschwerdesymptomatik typisch für eine Herzerkrankung, der Patient hätte nicht entlassen werden dürfen.
"Individuelle Behandlungsfehler"
"Ist das Personal knapp, die Betten gesperrt und auf den Stationen kein Platz, kommt man vielleicht eher in Versuchung, einen Patienten eher heimzuschicken", schreibt die "Krone" über den Fall.
Die Wiener Pflege- und Patientenanwaltschaft (WPPA) gibt gegenüber PULS 24 Entwarnung: "Die im Tätigkeitsbericht – wie schon in den vergangenen Jahren – dargestellten Einzelfälle dienen nicht dazu, die derzeit breit diskutierten Personalprobleme zu veranschaulichen, sondern dazu, die Tätigkeit der WPPA im Zusammenhang mit individuellen Behandlungsfehlern und die dabei für die Patient*innen oder ihre Angehörigen erzielten Entschädigungen darzulegen", so Patientenanwalt Gerhard Jelinek in einer ersten Stellungnahme.
Den Bericht wollte man nicht veröffentlichen, bevor man ihn am kommenden Mittwoch im Wiener Landtag präsentiert habe. Dennoch bestätigte man den Vorfall mit dem Herzinfarkt. Abgesehen von solchen einzelnen Vorfällen, habe man aber sehr wohl auch strukturelle Mängel aufgezeigt und daraus Empfehlungen abgeleitet, so Jelinek. Dazu wolle er sich aber auch erst "in der kommenden Woche Stellung nehmen".
"Personalprobleme"
Die "Krone" schreibt, dass in dem WPPA-Bericht etwa kritisiert werde, dass Gefährdungsanzeigen der Belegschaft der Klinik Ottakring, Klinik Floridsdorf sowie Klinik Favoriten und dem AKH als "übertriebene Aktionen" relativiert werden. Auch Personalprobleme und daraus resultierende mangelnde telefonische Erreichbarkeit sowie Betreuungsdefizite würden tatsächlich in dem Bericht thematisiert werden. Es werde von der WPPA eine "echte Verbesserung der Arbeitsbedingungen des Spitalspersonals" gefordert.
Der "Krone"-Artikel rief am Donnerstag auch die Wiener Ärztekammer auf den Plan, die sich bestätigt fühlt. "Jetzt haben wir es schwarz auf weiß, wovor wir als Ärztekammer seit Monaten warnen", wird Stefan Ferenci, geschäftsführender Vizepräsident, zitiert. "Wer Gefährdungsanzeigen des Personals als 'übertriebene Aktionen' relativiert, spielt mit dem Leben von Patientinnen und Patienten".
Auf PULS 24-Nachfrage erklärte man bei der Ärztekammer aber auch, dass man den WPPA-Bericht noch nicht zur Gänze kenne und sich in der Aussendung auf die "Krone" beziehe.
Das Büro von Wiens Gesundheitsstadtrat Peter Hacker (SPÖ) wollte den noch nicht öffentlichen Bericht am Donnerstag gegenüber PULS 24 nicht kommentieren.
Personalmangel: Krankenhäuser am Limit
Viele Krankenhäuser in Österreich sind am Limit, auch nach der Corona-Pandemie. Es mangelt an Personal und es sind zu viele Patienten.
Zusammenfassung
- Am Donnerstag sorgte ein Medienbericht für Aufsehen. In einem Wiener Spital wurde ein Mann mit einem Herzinfarkt heimgeschickt, man hielt die Symptome für Muskelkater.
- Der Einzelfall habe mit Personalmangel aber nur bedingt zu tun, sagt die Wiener Pflege- und Patientenanwaltschaft.