APA/APA/dpa/Tom Weller

Masernwelle in Österreich läuft - 267 Erkrankungen bestätigt

Die derzeitige Masernwelle in Österreich läuft und läuft. Binnen einer Woche ist die Zahl der Fälle um fast 50 auf mittlerweile 267 Erkrankungen angestiegen.

Die Zahl der Masernfälle in Österreich steigt weiter an. Die Komplikationsrate beträgt 20 Prozent. 15.500 Kinder unter einem Jahr hatten im Jahr 2022 überhaupt keine Masernimpfung erhalten. Das erklärten Donnerstagabend Experten bei einer Online-Ärzte-Fortbildungsveranstaltung der Österreichischen Impfakademie.

"Der Zeitpunkt für die Impfung wäre jetzt. Bevor uns das um die Ohren fliegt", warnte der Wiener Virologe Lukas Weseslindtner (MedUni Wien/Nationales Referenzzentrum für Masern).

Zahl der Fälle steigt

Die Besorgnis erregenden aktuellen Zahlen: Mittwoch vergangener Woche hatte der Experte bei der Apotheker-Fortbildungstagung in Schladming mit Stichtag am Tag zuvor (5. März) noch von 219 labormäßig bestätigten Masernfällen berichtet. Bis einschließlich Dienstag dieser Woche (12. März) waren es bereits 267 Erkrankungen, ein Anstieg um 48 Fälle.

"Wir sind in einem Spitzen-Masernjahr", sagte der Virologe. Die Tendenz sieht im längerfristigen Vergleich dramatisch aus. In den Jahren 2021 und 2022 wurden in Österreich jeweils nur 0,1 Masernfälle pro einer Million Einwohner registriert. Sie waren damit de facto eliminiert.

Im Jahr 2023 stieg die Häufigkeit der hoch ansteckenden Viruserkrankung in Österreich auf 20,4 Fälle pro Million Einwohner (insgesamt 186 Fälle innerhalb eines Jahres). Mit Stand von Dienstag dieser Woche lag Österreich bereits bei einer Häufigkeit von 23,8 Erkrankungen pro Million Menschen.

Hohe Anfälligkeit für Komplikationen

Die Masern - die Vorläufer der ausschließlich beim Menschen vorkommenden Viren sind wahrscheinlich im Laufe der Geschichte von Fledermäusen auf den Menschen übergesprungen - sind laut Weseslindtner hoch gefährlich. 20 Prozent der Betroffenen erleiden Komplikationen. Das können Mittelohrentzündungen genauso sein wie eine schwere Lungenentzündung. Im Kindes- und Jugendalter erkrankt einer von 1.000 bis 2.000 Betroffenen an einer Masernenzephalitis (Häufigkeit von bleibenden Schäden: 30 Prozent). Bei einer Infektion im Alter unter einem Jahr liegt die Häufigkeit einer Jahre später auftretenden sogenannten subakuten sklerosierenden Panenzephalitis, die immer tödlich endet, bei eins zu 600.

Dringende Impfempfehlung

Die Impfung wird für alle Babys ab neun Monaten dringend empfohlen. Nur mit einer zweiten Impfung (bei Kindern mit Erstimpfung im ersten Lebensjahr drei Monate später, nach erster Impfung ab dem ersten Lebensjahr in einem Abstand von nur vier Wochen) gibt es einen Schutz von mehr als 95 Prozent (98 bis 99 Prozent). Aber jeder Mensch sollte geschützt sein. Deshalb wird in ganz Österreich die Masernimpfung (MMR) derzeit kostenlos für alle Personen ohne Altersbeschränkung angeboten, betonte die Leiterin der Abteilung für das Impfwesen im Gesundheitsministerium, Maria Paulke-Korinek.

Video: Virologe Lukas Weseslindtner im Talk zur Masernwelle

18 Prozent der Kleinstkinder ungeimpft

Doch die Situation bei den österreichischen Kindern ist bedenklich. "Unter den Einjährigen sind 18 Prozent, also 15.500 Kinder, völlig ungeimpft. Idealerweise sollte bereits in dieser Altersgruppe eine Durchimpfungsrate von 95 Prozent bei der zweiten Teilimpfung erreicht sein", heißt es dazu im Kurzbericht Masern für das Jahr 2022 des österreichischen Gesundheitsministeriums (aktuellste vorhandene Zahlen). 32.000 Kinder im ersten Lebensjahr hätten statt den zwei empfohlenen Masernimpfungen nur eine gehabt, sagte die Expertin.

ribbon Zusammenfassung
  • In Österreich ist die Zahl der Masernfälle innerhalb einer Woche um fast 50 auf 267 angestiegen, mit einer Komplikationsrate von 20 Prozent.
  • 15.500 Kinder unter einem Jahr haben 2022 keine Masernimpfung erhalten; die Impfung wird dringend empfohlen und ist landesweit kostenlos verfügbar.
  • Verglichen mit nahezu eliminierten Masernfällen in den Vorjahren, verzeichnet Österreich 2023 einen drastischen Anstieg auf 23,8 Erkrankungen pro Million Einwohner.