Prozess um Messerattacke in Wiener Beisl vertagt
Der 40-Jährige bekannte sich des Mordversuchs nicht schuldig, gab aber die Körperverletzungen zu. Er konnte sich aufgrund seiner Alkoholisierung und seines Drogenkonsums nur noch lückenhaft an den Abend erinnern. Umgerechnet soll er zum Tatzeitpunkt an die zwei Promille Alkohol im Blut gehabt haben. "Mir fehlt die konkrete Erinnerung", sagte er. Aufgrund einer kombinierten Persönlichkeitsstörung, die mit der Gefahr verbunden ist, dass er auch in Zukunft mit hoher Wahrscheinlichkeit schwere Straftaten begeht, hat die Staatsanwaltschaft nach einem Gutachten des Sachverständigen Peter Hofmann zusätzlich die Einweisung in ein forensisch-therapeutisches Zentrum nach Paragraf 21/2 Strafgesetzbuch beantragt.
Der Wiener ist eigentlich gelernter Kellner und hätte jetzt im September einen Kurs zur Umschulung absolvieren sollen, weil er aufgrund seiner Alkohol- und Drogensucht in der Vergangenheit immer wieder mit dem Gesetz in Konflikt geriet. "Im Gastgewerbe arbeiten war aufgrund meiner Alkoholsucht nicht mehr möglich", sagte er dem Schwurgericht (Vorsitz: Eva Brandstetter). Er trinke nicht täglich, auch nicht zu Hause, aber wenn er fortgehe "leider sehr viel".
Auch am Nachmittag vor der Tat besuchte er wie des Öfteren das Beisl in Margareten. Die Wirtin war mit ihm freundschaftlich verbunden, eigentlich hätte er an dem Tag ein Auto für sie holen sollen, jedoch hatte er seinen Führerschein vergessen. So saß er den ganzen Abend an der Schank und trank - u.a. sieben Bier, Jägermeister, ein Bacardi-Cola, zudem konsumierte er Kokain und Amphetamin. "Eine explosive Mischung", meinte sein Verteidiger Amir Ahmed, der gemeinsam mit Kollegen Michael Dohr den Angeklagten vertritt.
Zu später Stunde kam auch ein Freund hinzu, der dann irgendwann sein Handy vermisste. Eine Partie am Nebentisch wurde nach dem Verbleib des Telefons befragt, das Licht aufgedreht und im Lokal gesucht. Im Zuge dessen dürfte es zu einer Diskussion zwischen den beiden Wienern und der Gruppe Serben in dem Lokal gekommen sein.
Wie und warum der Angeklagte das Messer von der Schank holte, war auch bei der Verhandlung nicht zu 100 Prozent herauszufinden. Der Angeklagte konnte sich nur noch schemenhaft erinnern und sagte, verinnerlicht sei ihm nur noch die Diskussion und das Messer. Er glaubte, dass eine Gruppe Männer auf ihn losgegangen sei. Dann habe er einen Filmriss. Wieder zu sich gekommen war er auf der Straße, als er merkte, dass er voller Blut sei. Auch er trug Verletzungen davon, hatte einen Kieferbruch und einen Bruch der Augenhöhle erlitten. Wer ihm die zugefügt hat, war unklar.
Sein Freund behauptete, dass einer der Serben auf den 40-Jährigen bedrohlich zugegangen sei, die beiden hätten dann gerangelt und der 40-Jährige habe sich nur gewehrt. Die anderen Gäste meinten übereinstimmend, dass der Beschuldigte zum Tisch gekommen sei und auf einen von hinten in den Nacken eingestochen habe. Zwei Serben kamen dem Attackierten zu Hilfe und wurden ebenfalls verletzt. Sie schlossen sich dem Verfahren als Privatbeteiligte an.
Elf Mal hat er laut Staatsanwältin auf die Männer eingestochen. Einer erlitt lebensgefährliche Verletzungen und hätte ohne ärztliche Hilfe nicht überlebt, die beiden anderen wurden schwer bzw. leicht verletzt. Die Zeugen sprachen beim ersten Stich von einem gezielten Angriff, dann soll der 40-Jährige das Messer eher hin- und hergeschwungen haben.
"Es tut ihm sehr leid. Er ist selbst fassungslos, was an dem Abend passiert ist", sagte sein Anwalt und plädierte auf absichtlich schwere Körperverletzung in zwei Fällen und schwere Körperverletzung in einem Fall. Sein Mandant sei einsichtig, dass es für ihn eine Alkohol- und Suchtgiftentwöhnung benötige, zudem würde er auch eine Therapie aufgrund seiner Persönlichkeitsstörung machen wollen. Im Alltag würde er sich normal verhalten, sein Freund bezeichnete ihn als einen guten Menschen. "Das war eine Ausnahmesituation, die nicht seinem Typ entspricht", meinte der Freund, bei dem der Angeklagte auch gewohnt hatte, im Zeugenstand. Erst Tage zuvor hatte er die Wirtin vor einem Übergriff in ihrem Lokal gerettet. Seine Straftaten hätte er stets unter Einfluss von Rauschmittel begangen.
Um festzustellen, ob der 40-Jährige die Attacke unter Einfluss seiner Berauschung begangen hat und er zum Tatzeitpunkt nicht doch zurechnungsunfähig gewesen ist, beantragten die Anwälte die Ladung eines toxikologischen Gutachters. Dem Antrag wurde stattgegeben und die Verhandlung auf den 22. Oktober vertagt. Ursprünglich hätte am heutigen Mittwoch noch ein Urteil gefällt werden sollen. Im Falle eines Schuldspruchs droht ihm eine Freiheitsstrafe zwischen zehn und 20 Jahren oder lebenslange Haft.
Zusammenfassung
- Ein 40-jähriger Wiener steht wegen dreifachen Mordversuchs vor Gericht, nachdem er in einem Lokal in Margareten mit einem Messer auf drei Gäste losgegangen sein soll.
- Der Angeklagte bekannte sich des Mordversuchs nicht schuldig, gab aber die Körperverletzungen zu und erklärte, er könne sich aufgrund von Alkohol- und Drogenkonsum nur lückenhaft an den Abend erinnern.
- Die Staatsanwaltschaft beantragte zusätzlich die Einweisung in ein forensisch-therapeutisches Zentrum aufgrund einer kombinierten Persönlichkeitsstörung des Angeklagten.
- Ein Mann erlitt lebensgefährliche Verletzungen, die beiden anderen wurden schwer bzw. leicht verletzt.
- Die Verhandlung wurde vertagt, um die Aussage eines toxikologischen Gutachters einzuholen, der klären soll, ob der Angeklagte zum Tatzeitpunkt zurechnungsfähig war.