Wiener Islamist erneut in Haft: Ermittler schon längst nervös
Von Mai bis November 2024 war Ali K. auf freiem Fuß. Der gerade erst 18 gewordene Wiener Jihadist kam einst mit einem Messer zum Hauptbahnhof. Er wollte dort "Ungläubige" töten. Machte aber nach 45 Minuten einen Rückzieher.
Im April stand er vor Gericht, wegen des Rückziehers wurde der abgebrochene Anschlagsversuch im Prozess nicht behandelt. Wegen Mitgliedschaft in einer terroristischer Vereinigung und krimineller Organisation wurde er zu zwei Jahren Haft, acht Monate davon unbedingt, verurteilt. Wegen seiner Zeit in Untersuchungshaft wurde er nur kurz darauf wieder entlassen - auf Bewährung und mit Deradikalisierungsprogramm.
- Mehr lesen: Zwei Jahre Haft für 17-Jährigen
Ermittler des Staatsschutz machte die zweite Chance für Ali K. schnell wieder nervös. In sozialen Medien soll er rasch wieder einschlägig aktiv gewesen sein, er soll mit Lidstrich, wie ihn die Taliban tragen, durch Wien spaziert sein.
Wie PULS 24 und "Standard" berichteten, sitzt Ali K. seit 6. November wieder in U-Haft. Wie kam es dazu? Und warum dauerte es dann doch so lange, obwohl der junge Jihadist doch immer noch als gefährlich galt?
Ali K. blieb in Wien
Bei einer gerichtlichen Fallkonferenz im März - daran nehmen etwa Deradikalisierungsstellen und Staatsschutz teil - sei eigentlich beschlossen worden, den jungen Mann in einer speziellen WG in der Steiermark unterzubringen. Man wollte ihn von seinem alten Umfeld wegbringen. Doch dann soll sich in der Unterkunft eine andere Person radikalisiert haben und Ali K. blieb in Wien.
Er kam hier ebenfalls in der WG einer sozialpädagogischen Einrichtung unter. Ermittler sollen darin sofort eine potenzielle Gefahr gesehen haben. Er stand ab der Entlassung am 10. Mai unter Beobachtung des Staatsschutzes. Zunächst soll sich Ali K. aber ruhig verhalten haben.
Waffenverbot und Meldeverpflichtung
Wie der "Standard" nun berichtet, soll er aber schon im Juni ein Handy von seinem Vater bekommen haben und auf Instagram aktiv geworden sein. Das Smartphone wurde ihm abgenommen, hatte er doch früher schon eifrig IS-Propaganda geteilt. Rasch soll ein Waffenverbot und eine Meldeverpflichtung bei der Polizei verhängt worden sein.
Lidstrich wie Taliban
Ali K. machte einen Kurs beim AMS, ging zur Stellung und wurde als untauglich eingestuft, ehe er - laut "Standard"-Informationen ab Juli - wieder einschlägige Moscheen besucht, extremistische Lektüren gelesen und Kontakt zur radikalislamistischen Szene aufgenommen haben soll. Dem abgebrochenen Anschlag am Hauptbahnhof soll ein Streit mit seinem Vater vorangegangen sein und wieder soll Ali K. mit diesem gebrochen haben. Die Ermittler wurden endgültig nervös.
Es habe dann eine Gefährderansprache gegeben, wie der "Standard" erfuhr. Staatsschützer wollten den Verdächtigen dabei ermahnen. Ali K. soll mit einem Lidstrich, wie ihn die Taliban tragen, oder im August bei einschlägigen Kontakten in einschlägigen Moscheen beobachtet worden sein.
- Mehr lesen: "Liebesg'schicht" unter IS-Sympathisanten
Als Ali K. im September wieder ein Smartphone bekam, soll er sich zwar wieder westlicher gekleidet und Kontakt zu seinem Vater aufgenommen haben, doch auf TikTok soll er wieder Propaganda geteilt haben. Sogar am Livechat mit anderen Islamisten soll er teilgenommen haben. Bis die Staatsanwaltschaft eine neuerliche Haft beantragte, sollte es aber November werden.
Gutachten bestellt
Vom "Standard" gefragt, warum man nicht bereits früher einen Anfangsverdacht bzw. einen Verstoß gegen die Bewährungsauflagen gesehen habe, teilte die Wiener Staatsanwaltschaft mit, dass dazu "noch keine Informationen" vorliegen würden. Die Ermittlungen würden noch laufen.
Man habe nun "einen Sachverständigen zur Frage der Zurechnungsfähigkeit und Gefährlichkeit des Beschuldigten bestellt".
- Mehr lesen: Anschlag in Wien: Protokoll des Versagens
Video: Terrorplan für Hauptbahnhof
Zusammenfassung
- Ali K. kam einst mit Messer und Tarnanzug zum Wiener Hauptbahnhof, um "Ungläubige" zu töten. Machte aber einen Rückzieher. Nach einer kurzen Haftstrafe war er nur wenige Monate auf freiem Fuß.
- PULS 24 und "Standard" haben rekonstruiert, wie es zur neuerlichen Verhaftung kam. Und warum es trotz nervöser Ermittler so lange dauerte.
- Vom "Standard" gefragt, warum man nicht bereits früher einen Anfangsverdacht bzw. einen Verstoß gegen die Bewährungsauflagen gesehen habe, teilte die Wiener Staatsanwaltschaft mit, dass dazu "noch keine Informationen" vorliegen würden.
- Man habe nun "einen Sachverständigen zur Frage der Zurechnungsfähigkeit und Gefährlichkeit des Beschuldigten bestellt".