Fall Teichtmeister: Kulturstaatssekretärin gegen "Verharmlosung"
Wenn es "um Missbrauch an Kindern und die Darstellung dessen" gehe, dürfe es "keine Verharmlosung und keine Toleranz geben". Kritische Reaktionen auf den Fall kamen nicht nur von politischen Parteien, sondern auch von den Frauenhäusern und Frauenring.
Das Burgtheater habe "viel zu spät reagiert". Das sagte Arbeitsrechtsexpertin Katharina Körber-Risak zu den Ermittlungen gegen den Schauspieler, der sich im Februar aufgrund des Besitzes von Kinderpornografie vor Gericht verantworten muss.
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Das Burgtheater selbst sagte unterdessen die Inszenierung von Daniel Kehlmanns "Nebenan" ab, in dem Teichtmeister eine Hauptrolle innehatte. Das Theater hatte den Schauspieler am Freitag entlassen.
Mayer: Kontrolle, ob "richtig gehandelt wurde"
Mayer versprach, dass alles getan werde, "um sicherzugehen, dass auf allen Ebenen richtig im Sinne der notwendigen Sorgfaltspflicht gehandelt wurde". Eine von Bundestheater-Holding und Burgtheater angeforderte Chronologie über Informationsflüsse, über daraus resultierendes Handeln werde man sich arbeitsrechtlich und gesellschaftsrechtlich genau daraufhin ansehen, "ob richtig gehandelt wurde". Danach werde man sehen, "was für Schlüsse zu ziehen sind". Sie schrecke sich nicht vor Konsequenzen: "Wichtig ist, dass wir für Transparenz stehen; dass wir keine Verharmlosung durchgehen lassen, keine Toleranz walten lassen."
Gewalt-Ermittlungen eingestellt
Ursprünglich war von der Staatsanwaltschaft Wien gegen Teichtmeister wegen fortgesetzter, gegen seine damalige Lebensgefährtin gerichteter Gewaltausübung (§ 107b StGB) und eines Suchtmitteldelikts ermittelt worden. Der Ermittlungsstrang wegen häuslicher Gewalt wurde eingestellt - "aus Beweisgründen", wie die Sprecherin der Staatsanwaltschaft Wien, Nina Bussek, am Montag auf APA-Anfrage mitteilte. Hinsichtlich der Drogen trat die Anklagebehörde gemäß § 35 Suchtmittelgesetz (SMG) vorläufig von der Verfolgung zurück, da es sich um eine geringe Menge handelte, die der Schauspieler ausschließlich für den Eigenbedarf besessen hatte.
In weiterer Folge erlangten die Strafverfolgungsbehörden dann Kenntnis von 22 Datenträgern mit sexuellen Darstellungen von Unmündigen und Minderjährigen, die sich Teichtmeister laut Strafantrag seit Februar 2008 bis August 2021 verschafft haben soll.
Politik gefordert
Die FPÖ kündigte indes parlamentarische Anfragen zu diesem Thema an. Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) und seine Staatssekretärin hätten dringenden Aufklärungsbedarf, auch Innenminister Karner (ÖVP) und Justizministerin Zadic (Grüne) seien gefordert. Auch ÖVP-Kultursprecherin Maria Großbauer forderte am Montag "eine lückenlose Aufklärung" der Causa Teichtmeister und des Vorgehens der Burgtheaterführung.
ORF legte Teichtmeister auf Eis
Der ORF indes bestätigte gegenüber den "Salzburger Nachrichten", dass der nur kurze Auftritt Teichtmeisters in der jüngst ausgestrahlten Folge der "Toten von Salzburg" bereits auf die zirkulierenden Gerüchte um den Schauspieler zurückzuführen gewesen sei. So habe die Produktionsfirma SATEL nach ersten medialen Berichten Gespräche mit Teichtmeister geführt, in denen dieser alle Anschuldigungen glaubhaft zurückgewiesen habe. Dennoch seien SATEL, der ORF und Koproduktionspartner ZDF übereingekommen, "dass eine Weiterführung von Teichtmeisters Rolle in 'Die Toten von Salzburg' im gewohnten Ausmaß nur stattfinden könne, wenn alle Vorwürfe offiziell entkräftet würden".
Regisseur: Burg und "Corsage"-Macher müssen Bescheid gewusst haben
Der Wiener Regisseur Sebastian Brauneis, der 2018 mit Teichtmeister gedreht hat, ist überzeugt, dass es in der heimischen Film- und Theaterszene klar gewesen sein muss, dass es sich bei dem Verdächtigen um den vielfach ausgezeichneten Schauspieler handelt. "Die Beteiligten von den großen Institutionen, die sehr viel österreichisches Steuergeld verwalten und damit auch eine Obsorgepflicht nicht nur für dieses Vermögen, sondern vielleicht auch für das Werk, das gemeinsam erstellt wird, und für alle anderen Mitwirkenden haben - das sind auf der einen Seite die Hersteller von 'Corsage' und auf der anderen Seite das Burgtheater - haben nach eigenen Aussagen den Kontakt gesucht", sagte er dem Sender Puls 24. "Das heißt, sie mussten ja wissen, wer es ist, weil sie selbst gesagt haben, sie hätten mit ihm geredet. Er habe ihnen bestätigt, dass daran nichts dran sei. Das heißt: Was genau kann man jetzt noch aus den Medien erfahren haben?"
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Der Verein Autonome Österreichische Frauenhäuser (AÖF) und der Österreichische Frauenring bezeichneten die Reaktion des Umfelds, der Arbeitgeber, der Politik und der Justiz in der Causa als "skandalös": "Der - bereits geständige - Verdächtige wird lediglich als Süchtiger dargestellt, anstatt als Gewalttäter. Das ist eine weitere Verharmlosung der Gewalt und Täterschutz."
Bis zu zwei Jahre Haft
Teichtmeister steht wegen des Besitzes von 58.000 Missbrauchsdarstellungen Unmündiger und Minderjähriger ab 8. Februar vor Gericht. Er ist geständig, ihm drohen bei einer Verurteilung bis zu zwei Jahre Haft. Er sei kein Einzelfall: Bis zu fünf Prozent der Männer konsumieren kinderpornografische Darstellungen, sagte die Psychiaterin Sigrun Rossmanith im APA-Gespräch. Zwei bis fünf Prozent der Männer hätten pädosexuelle Fantasien.
Die Fallzahlen sind in den vergangenen Jahren stark gestiegen, bestätigte das Bundeskriminalamt (BK). Wurden 2012 von der Statistik 572 bei den heimischen Behörden angezeigte Straftaten wegen illegaler pornografischer Darstellungen Minderjähriger (207a StGB) erfasst, wovon 535 geklärt wurden, waren es 2021 bereits 1.921. Klären ließen sich davon 1.775. Über die im BK angesiedelte Meldestelle gegen Kinderpornografie sind 2022 insgesamt 336 Hinweise eingegangen. Das US National Centre For Missing And Exploited Children (NCMEC) hat dem Bundeskriminalamt 2021 5.869 Verdachtsmeldungen übermittelt. Im Vorjahr waren es bereits 10.130.
Zusammenfassung
- Die Causa Florian Teichtmeister und der Umgang damit sorgt weiter für Diskussionen.
- Für Kulturstaatssekretärin Andrea Mayer (Grüne) ist es "unmöglich, einfach zur Tagesordnung überzugehen", betonte sie bei einer Pressekonferenz.
- Wenn es "um Missbrauch an Kindern und die Darstellung dessen" gehe, dürfe es "keine Verharmlosung und keine Toleranz geben".
- Danach werde man sehen, "was für Schlüsse zu ziehen sind".
- Im Vorjahr waren es bereits 10.130.