Im Vorjahr 40 Prozent weniger Fahrgäste in den Wiener Öffis
Insgesamt entgingen den Wiener Linien im Vorjahr etwa 110 Mio. Euro an Ticketerlösen. Die Stadt muss via Betriebskostenzuschuss nun jedenfalls 75 Mio. Euro an nötigem Mehrbedarf abdecken. Gefehlt haben unter anderem Touristen, die die Mehrzahl der Einzelkarten kaufen, wie es hieß. Einsparungen gab es zwar auch, etwa durch den Wegfall der Nacht-U-Bahn. Sie waren aber vergleichsweise gering.
Besonders stark war der Passagier-Einbruch während des ersten Lockdowns zu Beginn des vergangenen Jahres. Bis zu 80 Prozent weniger Fahrgäste wurden damals registriert. Der Tiefststand wurde Mitte April erreicht. Anfang Juli kam man bereits wieder an die 80 Prozent des Normalwertes heran. Daraufhin ging es nach laufender Verschärfung der Maßnahmen wieder bergab, wobei im November mit einer Reduktion von 60 Prozent der Tiefststand im Herbst verzeichnet wurde.
Die Mobilitätsmix in Wien hat sich ebenfalls verändert. Der Anteil der Öffi-Fahrer am Verkehrsaufkommen hat sich deutlich reduziert, nämlich von 38 auf 27 Prozent. Allerdings, so hob Hanke hervor, wurde dies durch einen steigenden Anteil bei Fußgängern und vor allem Radfahrern kompensiert. Die Pkw-Nutzung blieb bei 27 Prozent stabil, die große Ausweichbewegung hin zum Auto scheint also ausgeblieben zu sein.
Eine Kennzahl für die es naturgemäß keine Vergleichswerte gibt, ist die Zahl der Maskensünder. 2020 wurden in den Fahrzeugen der Wiener Linien insgesamt 380 Menschen bestraft, weil sie sich nicht an die Pflicht zum Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes - seit Jänner 2021 sind sogar FFP2-Masken vorgeschrieben - hielten. Für entsprechende Vergehen werden 50 Euro fällig.
Ob es in absehbarer Zeit zu Ticketpreiserhöhungen kommt, ist offen. Stadtrat Hanke stellte jedenfalls klar: "Das 365-Euro-Jahresticket bleibt." Auch sei 2021 das Ziel, die Fahrgäste zurückzugewinnen. "Dass es da oder dort zukünftig zu Erhöhungen kommt, kann ich nicht ausschließen", fügte er aber hinzu.
Wiener-Linien-Chef Steinbauer verteidigte heute auch die teilweise Ausdünnung der Intervalle in den Morgenstunden am Wochenende, die wiederholt für Kritik gesorgt hatte. Zu dieser Zeit seien sehr wenige Menschen unterwegs, gab er zu bedenken. "Nur Geisterzüge fahren zu lassen, ist nicht Sinn der Sache." Die Maßnahme sei betriebswirtschaftlich notwendig gewesen, wobei die Reduktion in einem auch für Fahrgäste akzeptablen Bereich gelegen sei, zeigte er sich überzeugt. Ähnliche Einschränkungen des Angebots sind derzeit nicht vorgesehen, beteuerte Steinbauer.
In Sachen Bauprojekte hat die Pandemie offenbar wenig Folgen gezeitigt. "Wir haben 95 Prozent der Projekte trotz Corona durchführen können", sagte Steinbauer. Mitunter seien Vorhaben angesichts der insgesamt gesunkenen Mobilität sogar einfacher in der Umsetzung gewesen: "Verkehrsumleitungen zu Ostern waren ein Traum."
Das mit Abstand größte Projekt wurde im Jänner auf Schiene gebracht. Damals erfolgte beim Rathaus der Spatenstich für das Linienkreuz U2/U5. Ende Mai 2021 wird dann die U2-Teilsperre in Kraft treten, die rund 26 Monate dauern dürfte. Die U5, die vollautomatisch unterwegs sein wird, soll 2026 in Betrieb gehen. Die Eröffnung der neuen U2-Strecke bis zum Matzleinsdorfer Platz ist für 2028 anvisiert.
Zusammenfassung
- Die Wiener Linien haben im Coronajahr 2020 rund 40 Prozent weniger Fahrgäste befördert als im Jahr davor.
- Das haben Finanzstadtrat Peter Hanke (SPÖ) und der Geschäftsführer der Verkehrsbetriebe, Günter Steinbauer, am Donnerstag im Gespräch mit Journalisten berichtet.
- Insgesamt entgingen den Wiener Linien im Vorjahr etwa 110 Mio. Euro an Ticketerlösen.
- "Wir haben 95 Prozent der Projekte trotz Corona durchführen können", sagte Steinbauer.