Fünf Monate bedingt für Opferstock-Knacker im Stephansdom
Die 25 und 30 Jahre alten Männer hatten angeblich nicht ausreichende finanzielle Mittel, um in ihre Heimat zurückzukehren, wie der Jüngere der beiden Richter Philipp Schnabel erklärte: "Wir haben bei mehreren Kirchen versucht, Geld zu erlangen. Wir wurden überall abgewiesen." Daher habe man gezwungenermaßen zur Selbsthilfe gegriffen: "Wir waren ziemlich verzweifelt. Wir wussten keinen anderen Weg."
Während er sich am Nachmittag des 30. März mit einem Schraubenzieher am Opferstock zu schaffen machte, deckte ihn sein älterer Bruder ab und breitete eine Jacke über das Objekt ihrer Begierde aus, damit gläubige Dombesucher das kriminelle Treiben tunlichst nicht sehen konnten. Einem Haustechniker, der zu diesem Zeitpunkt mit Handwerksarbeiten im Inneren des Doms beschäftigt war, fielen die beiden jungen Männer aber auf. "Ich habe mir gedacht, ich sehe nicht recht. Ich habe zu meinem Kollegen gesagt, was soll ich tun, soll ich sie schlagen", schilderte der Mann am Rand der Verhandlung, zu der er als Zeuge geladen war. Auf Grund der geständigen Verantwortung der Angeklagten war kurzerhand auf seine gerichtliche Einvernahme verzichtet worden. Sein Kollege habe ihn überzeugt, dass man im Stephansdom besser nicht die Fäuste sprechen lässt, berichtete der Techniker im Gespräch mit der APA: "Er hat den Mesner verständigt." Dieser wiederum alarmierte die Polizei, die rasch zur Stelle war und die Tatverdächtigen festnahm.
Im Rucksack des 25-Jährigen fanden sich mehrere Schraubenzieher und ein Taschenmesser, was zumindest darauf hindeutete, dass es sich um mögliche Kriminaltouristen gehandelt haben könnte. Die Männer weisen allerdings keine Vorstrafen auf. Außerdem war auch ein Fleischklopfer im Rucksack, den er für seine Mutter gekauft habe, wie der 25-Jährige dem Richter versicherte. Dass der 30-Jährige während der Verhandlung sichtlich vor Anspannung zitterte, während der Urteilsverkündung die Hand seines Bruders suchte und diese dann die ganze Zeit festhielt, um am Ende in Tränen auszubrechen und den Kopf auf die Schulter des Jüngeren zu legen, sprach auch eher dagegen, dass abgebrühte Kriminelle auf der Anklagebank saßen.
Die Urteile nahmen die Brüder, die immerhin zwei Wochen U-Haft hinter sich hatten - als Haftgründe wurden Tatbegehungs- und Fluchtgefahr angenommen -, nach Rücksprache mit ihren Verfahrenshelfern Andreas Schweitzer und Silvia Vinkovits an. Die jungen Männer wurden unmittelbar nach der Verhandlung enthaftet. Ihrer Darstellung zufolge hatten sie in Österreich und Deutschland Arbeit suchen wollen.
Zusammenfassung
- Weil sie sich ausgerechnet im Stephansdom als Opferstock-Knacker versucht hatten, sind am Donnerstag zwei Brüder am Landesgericht wegen versuchten schweren Einbruchsdiebstahls zur Verantwortung gezogen worden.
- Die aus Ungarn stammenden Männer wurden jeweils zu fünf Monaten Haft verurteilt.
- Da sie bisher unbescholten und umfassend geständig waren, wurden ihnen die Strafen unter Setzung einer dreijährigen Probezeit bedingt nachgesehen.