Leon und sein VaterMolden

Fall Leon: Vater will nach Freispruch "wahre Täter" finden

Der Vater des toten Leon (6) saß wegen Mordverdachts 522 Tage im Gefängnis. Schließlich wurde er von den Geschworenen einstimmig freigesprochen. Nun hat Florian Apler ein Buch geschrieben, in welchem er mit Justiz und Polizei abrechnet.

Der Tod des sechsjährigen Buben, der am 22. August 2022 in den frühen Morgenstunden an der Kitzbüheler Ache in St. Johann in Tirol aufgefunden wurde, sorgte weltweit für Schlagzeilen. Nach monatelangen Ermittlungen wurde der Vater des Kindes festgenommen.

17 Monate saß der gebürtige Deutsche in Untersuchungshaft, ehe er im August 2024 nach einem mehrtägigen Geschworenenprozess in Innsbruck freigesprochen wurde. Ihm war nicht weniger als Mord an seinem eigenen Kind vorgeworfen worden. Er wollte seinen Sohn, der einen Gendefekt hatte, von dessen Leiden erlösen, so der Vorwurf.

Die Geschworenen glaubten die Version der Staatsanwaltschaft nicht - er wurde einstimmig rechtskräftig in die Freiheit entlassen. Im Gerichtssaal flossen Freudentränen.

"522 Tage unschuldig in Haft"

Nun hat Florian Apler ein Buch geschrieben. "Der Fall Leon. 522 Tage unschuldig in Haft", heißt es. Es wird am 6. Februar im Molden-Verlag erscheinen (25 Euro). Am Freitag präsentierte es der ehemalige Gebirgsjägerunteroffizier und spätere Personal-Trainer gemeinsam mit Co-Autor Volker Schütz, ein deutscher Zivilrechtsanwalt, in Wien. 

"Schnuffi", wie Apler Leon nennt, sei "auf schlimmste Art und Weise ums Leben gekommen". Noch immer habe er Trauer und Wut in sich, so der Vater bei seinem ersten Auftritt in der Öffentlichkeit nach dem Freispruch. 

Fall Leon vor GerichtAPA/EXPA/JOHANN GRODER

Fall Leon vor Gericht

In seinem Buch macht er den Ermittlern, der Justiz, schwere Vorwürfe. Er kreidet an, dass "längst widerlegte Anklagepunkte" bis zum Schlussplädoyer der Staatsanwaltschaft aufrechterhalten wurden. Man habe Ermittlungsergebnisse an Medien weitergespielt. Die Beschuldigtenrechte, die Unschuldsvermutung seien missachtet worden.

Wichtige Beweise seien nicht gesichert worden - etwa die berühmten Glasscherben am Tatort und Aufnahmen von Überwachungskameras in der Nähe des Tatorts. Daten seien von seinem Handy verschwunden. Auf der Kleidung Leons sei damals fremde DNA gefunden worden, betonte der Vater. Über 100 Fehler, Versäumnisse und Pannen wollen Apler und Schütz gefunden haben. 

Zur Erinnerung: Apler war mit Leon am 22. August 2022 an der Ache spazieren. Er sagt, dass ihn Unbekannte mit einer Flasche bewusstlos geschlagen hätten. Das Kind sei dann zum Fluss gelaufen, wo es ertrunken sei. Die Staatsanwaltschaft warf ihm vor, er habe den Überfall vorgetäuscht.

Gegen ihn wurde verwendet, dass er die Flasche im Kinderwagen selbst dabeigehabt haben soll. Allerdings wurden nie alle Scherben am Tatort sichergestellt, auf den restlichen keine DNA des Vaters gefunden.  

Eine wichtige Rolle spielte im Prozess auch das Handy des Vaters. Es wurde in einem Mistkübel nahe des Tatorts gefunden. Die Staatsanwaltschaft meinte, der Vater habe es selbst weggeworfen. Als Beweis sollten Daten einer Schrittzähler-App dienen, die laut Forensikern allerdings ungenau waren.

Vater will Entschädigung

Apler habe nun eine Entschädigung für seine Zeit in U-Haft und seine Anwaltskosten beantragt. Er schätzt, dass er "hunderte Tausend Euro" für den Beweis seiner Unschuld ausgegeben habe und beklagt, dass sich das Menschen mit weniger finanziellen Mitteln nie leisten könnten. Er beklagt auch, dass vor Gericht Privatgutachten weniger wert seien, als die von gerichtlichen Sachverständigen. 

Website soll Hinweise sammeln

Und noch etwas treibt den Vater an: Er wolle "nicht ruhen", ehe die "wahren Täter" gefunden wurden. Wie er das genau machen wolle, dazu blieb er unkonkret. Er wolle jedenfalls eine Website veröffentlichen, auf der Hinweise gesammelt werden sollen. Denn was genau am Ufer der Kitzbüheler Ache geschah, ist bis heute nicht bekannt. Ob er etwaige Hinweise dem Landeskriminalamt übergeben wolle, in das er wenig Vertrauen habe, das werde "im Hintergrund" beraten. 

Er habe das Buch, das er als Tagebuch im Gefängnis begann, aber nicht nur geschrieben, um mit der Justiz abzurechnen. Er wolle auch mitteilen, dass Leon "ein unglaublich toller Junge" gewesen sei. Im Prozess sei nicht genug Zeit eingeräumt worden, um darzustellen, dass Leon Fortschritte in seiner Entwicklung gemacht habe.

Zum Beweis dafür spielte der Vater am Freitag vor Journalist:innen Videoaufnahmen seines Sohnes vor. Er wolle außerdem, dass seine Tochter eines Tages seine Sicht der Dinge nachlesen könne.

"Papa, warum haben die das gemacht?"

Als sich Apler bei seiner Familie bedankte, die nie an ihm und seiner Version gezweifelt hätten, sprach er kurzzeitig mit etwas brüchiger Stimme. Er versuche nun, so viel Zeit wie möglich mit seiner Familie zu verbringen und merke, dass seine Tochter nun wieder "happy" sei, sagte er.

"Eines Tages wird meine Tochter dieses Buch lesen und mich fragen: 'Papa, warum haben die das gemacht?' Und ich werde keine Antwort haben", heißt es im Klappentext des Buches. 

Freispruch im Fall Leon: Anwälte über Urteil "überrascht"

ribbon Zusammenfassung
  • Der Vater des toten Leon (6) saß wegen Mordverdachts 522 Tage im Gefängnis. Schließlich wurde er von den Geschworenen einstimmig freigesprochen.
  • Nun hat Florian Apler ein Buch geschrieben, in welchem er mit Justiz und Polizei abrechnet.