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"Denkmal" in Graz für Österreichs erste Zapfsäule

Für den motorisierten Individualverkehr ist der zentrale Grazer Jakominiplatz mittlerweile weitgehend gesperrt, dennoch zeigt er ab Montag ein zentrales Stück heimischer Automobilgeschichte: Die Stadt und die Wirtschaftskammer haben der ersten hier errichteten Zapfsäule Österreichs ein Denkmal - mit Text und Bodenmarkierung - gesetzt. Diese wurde am 16. September 1924 vom früheren Rennfahrer Heinrich Haas und dem Kinobesitzer Karl Löffler eröffnet, so die Wirtschaftskammer.

Die Benzinzapfsäule wies einen nicht unwesentlichen Luxus auf: Sie war überdacht. Der erste Kunde war übrigens der damalige christlichsoziale Vizebürgermeister Rudolf Pertassek mit seinem Automobil. Zwei weitere Grazer Plätze folgten, kurze Zeit später standen Zapfstellen am Lend- und am Griesplatz. Die Schlagzeile der Tageszeitung "Tagespost" - "Graz ist wieder um ein gutes Stück den anderen Städten voraus" - vom 16. September 1924 sollte sich bewahrheiten. Erst ein Jahr danach gab es in Wien die ersten öffentlichen Benzinzapfsäulen. Gelagert wurde der Kraftstoff damals wie heute in unterirdischen Tanks. Zuvor waren Benzingemische in Apotheken verkauft worden, danach wurde der Kraftstoff aus Tonnen in Hinterhöfen oder an Gehsteigen gezapft.

Die erste Grazer Tankstelle erlebte mehrfache Umbauten, Besitzerwechsel ebenso wie Bürgerproteste. Als 1926 die Betreiber wegen des Andrangs und der zunehmenden Motorisierung die Lagerkapazitäten von 5.000 auf 15.000 Liter verdreifachen wollten, formierte sich der Widerstand von Anrainern, letztlich erfolgreich, auch mittels Mobilisierung der Öffentlichkeit.

Das Ende der Zapfsäule war mit dem 17. Jänner 1964 gekommen - der letzte Betreiber beantragte die Stilllegung der Gewerbeberechtigung. Später wurde der Tankkiosk abgerissen. Der Jakominiplatz wurde zur Drehscheibe des öffentlichen Verkehrs in Graz, schon vor der ersten Zapfsäuleneröffnung hatten alle Tramlinien über den zentralen Platz geführt. Am Platz des ersten Tankkiosks Österreichs hielten fortan die Busse der Grazer Verkehrsbetriebe. Die nun aufgestellte und noch analog mittels Zählscheibe die gekaufte Treibstoffmenge anzeigende Zapfsäule befindet sich im Haltestellenbereich der Buslinie 32.

Das Thema wurde bereits 2019/20 im Rahmen einer Sonderausstellung im Grazer Volkskundemuseum behandelt. In "Mythos Tankstelle" zeigten das Institut für Kulturanthropologie und Europäische Ethnologie der Universität Graz, die Wirtschaftskammer Steiermark - Fachgruppe Garagen-, Tankstellen- und Serviceunternehmungen bzw. Fachgruppe Energiehandel, welche vielfältigen Aufgaben eine Tankstelle im Laufe der Jahrzehnte wahrnahm - und beileibe nicht nur den Verkauf von Treibstoffen. Zum Jubiläum ist auch ein Buch von Helmut Eberhart - "Mythos Tankstelle" - erschienen.

ribbon Zusammenfassung
  • Die erste Zapfsäule Österreichs wurde am 16. September 1924 am Jakominiplatz in Graz eröffnet. Der erste Kunde war der damalige christlichsoziale Vizebürgermeister Rudolf Pertassek.
  • 1926 gab es Bürgerproteste gegen die geplante Verdreifachung der Lagerkapazitäten von 5.000 auf 15.000 Liter. Diese Proteste waren letztlich erfolgreich.
  • Die Zapfsäule wurde am 17. Januar 1964 stillgelegt. Heute befindet sich an ihrem Standort im Haltestellenbereich der Buslinie 32 ein Denkmal mit Text und Bodenmarkierung.