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Dauer, Gesetze, Einweisung: Das Wichtigste zur Causa Teichtmeister

Seit Dienstag ist bekannt, dass sich Florian Teichtmeister am 5. September vor Gericht verantworten muss. Neu ist auch, dass ihm nicht nur Besitz, sondern auch Herstellung von Missbrauchsdarstellungen vorgeworfen wird. Wegen eines Gutachtens droht ihm der Maßnahmenvollzug. Die wichtigsten Fragen und Antworten zur Causa.

Was wird Teichtmeister vorgeworfen?

Der 43-Jährige ehemalige Burgschauspieler, der auch aus Serien wie "Kommissar Rex", "Die Chefin" oder "Die Toten von Salzburg", bekannt ist, soll sich von Februar 2008 bis Sommer 2021 verbotene Missbrauchsdarstellungen von Kindern oder Jugendlichen beschafft und diese unter anderem auf zwei Smartphones, zwei Laptops, einem Desktop und drei externen Festplatten abgespeichert haben.

Ursprünglich wurde Teichtmeister seitens der Staatsanwaltschaft lediglich der Besitz von verbotenen Missbrauchsdarstellungen unterstellt. Der zuständige Richter ließ allerdings von einem Datenforensiker eine ergänzende Auswertung der sichergestellten Daten - immerhin rund 23 Terabyte - vornehmen, was die Vorwürfe verschärfte: 34.696 Dateien hatte Teichtmeister verändert, indem er diese bearbeitete, Collagen erstellte, Diashows und Videosequenzen anfertigte, was rechtlich als Herstellung zu qualifizieren ist und deswegen einer höheren Strafdrohung unterliegt. 

Insgesamt sind sogar 76.000 Dateien verfahrensgegenständlich. Davon sollen rund 47.000 Darstellungen von unmündigen Minderjährigen, der Rest mündige Minderjährige, also Jugendliche im Alter zwischen 14 und 18, zeigen. Am 5. September muss der Schauspieler deshalb am Wiener Landesgericht für Strafsachen erscheinen. Es gilt die Unschuldsvermutung. 

Warum dauerte das gefühlt so lange?

Ermittelt wurde gegen Teichtmeister nach einer Anzeige schon seit 2021, Ende 2022 wurde der Antrag auf Bestrafung beim Landesgericht eingebracht. Eigentlich hätte schon vor fünf Monaten verhandelt werden sollen, doch der auf den 8. Februar anberaumte Termin musste infolge einer Erkrankung des Angeklagten kurzfristig abgesagt werden. Mittlerweile ist bei Teichtmeister wieder Verhandlungsfähigkeit gegeben.

Für weitere Verzögerungen sorgten vom zuständigen Richter in Auftrag gegebene unerlässliche Erhebungen, die zur Klärung der Zuständigkeit und der rechtlichen Einordnung notwendig waren. Boulevard-Medien nahmen die Verzögerungen zum Anlass, um Druck auf das Gericht auszuüben. Allerdings kommt es aus verschiedenen Gründen oft vor, dass Gerichtstermine so lange dauern, wie Anwälte bestätigen. Zudem dürfte der Termin im September schon länger festgestanden sein - musste nur noch den Instanzen mitgeteilt werden.

Welche Konsequenzen drohen Teichtmeister?

Im Fall einer Verurteilung drohen dem 43-Jährigen nicht nur bis zu drei Jahre Haft, sondern zusätzlich die Unterbringung in einem forensisch-therapeutischen Zentrum - also der Maßnahmenvollzug. Die Staatsanwaltschaft hat dies für den Fall eines Schuldspruchs beantragt, wie am Dienstag bekannt wurde.

Ausschlaggebend dafür ist ein psychiatrisches Gutachten, das - basierend auf den datenforensischen Erkenntnissen, die eben auch die mutmaßliche Herstellung von Missbrauchsdarstellungen bestätigen sollen - dem Schauspieler eine schwerwiegende und nachhaltige psychische Störung bescheinigt.

Deswegen wird der Prozess nun vor einem Schöffensenat geführt - das heißt der Berufsrichter entscheidet mit zwei Laienrichter:innen über ein etwaiges Urteil und eine etwaige Unterbringung im Maßnahmenvollzug. Das ist seit der Reform des Maßnahmenvollzugs im März so vorgsehen.

Was bedeutet Maßnahmenvollzug?

Im Maßnahmenvollzug landen psychisch kranke Rechtsbrecher:innen sowie Täter, die für die Gesellschaft auch nach ihrer Haft eine Gefahr darstellen. Sie werden dort untergebracht, bis sie nicht mehr als gefährlich gelten - ohne zeitliche Begrenzung. Zumindest einmal im Jahr entscheidet ein Gespräch mit einem Gutachter, ob von der Person weiter Gefahr ausgeht. 

Anfang des Jahres reformierte die Regierung den Maßnahmenvollzug. Seither können psychisch kranke Rechtsbrecher nur mehr dann potenziell lebenslang in eine Anstalt eingewiesen werden, wenn das Anlassdelikt mit mehr als drei Jahren Freiheitsstrafe bedroht ist. Vorher war das ab einem Jahr möglich. Bei Gefahr für sexuelle Integrität oder Leib und Leben ist es immer noch ab einem Jahr möglich. 

Die Reform sah bei Jugendlichen noch höhere Schwellen vor - erst bei einem Kapitalverbrechen, also ab zehn Jahren Strafdrohung, können sie nun in den Maßnahmenvollzug kommen. Jugendliche, die schon im Vollzug waren und kein Kapitalverbrechen begangen haben, wären nach der Reform freigekommen, was für massive Kritik sorgte.

Auch, weil viele Jugendliche nach dem Maßnahmenvollzug keine weitere Betreuung gehabt hätten. Das Justizministerium justierte nach - nun werden sie erst nach Fallkonferenzen, an denen etwa Psychiater:innen und Psycholog:innen teilnehmen, entlassen. 

Am Maßnahmenvollzug wird aber auch sonst immer wieder Kritik laut - so würde es eben an Gutachter:innen, Psychiater:innen und Psycholog:innen fehlen. Die für den Maßnahmenvollzug vorgesehen Einrichtungen seien überfüllt - in anderen Gefängnissen oder Spitäler nur bedingt geeignet oder teuer. Zuletzt kritisierte Amnesty International die mitunter "menschenunwürdigen Bedingungen" und "maroden Zustände" im Maßnahmenvollzug.

Wie reagiert Teichtmeister?

Momentan noch gar nicht. Mitte Jänner hatte Teichtmeister noch über seine Anwälte ausrichten lassen, dass er sich "umfassend geständig" zeige und sich bereits in therapeutischer Behandlung befinde. Den Antrag der Staatsanwaltschaft, Teichtmeister in den Maßnahmenvollzug einzuweisen, bzw. die neuen Vorwürfe wollten seine Anwälte auf PULS 24-Anfrage bislang nicht kommentieren.

Während der Boulevard wegen des lange nicht bekannten Gerichtstermins spekulierte, dass Teichtmeister als Schauspieler eine Sonderbehandlung bekommen könnte, wundert sich so mancher Experte hingegen über das durchaus harte Ansuchen der Staatsanwaltschaft. Der Maßnahmenvollzug kommt doch sonst eher bei sogenannten "Hands-On-Delikten", also Taten mit Körperkontakt, zum Zug. 

Alois Birklbauer vom Institut für Strafrecht der Johannes-Kepler-Universität Linz wunderte sich am Dienstag in der "ZiB 2", ohne den Akt zu kennen, warum man plötzlich von einer so hohen Gefährlichkeit Teichtmeisters ausgehe, wo doch bislang auch keine Untersuchungshaft oder vorläufige Unterbringung angeordnet worden sei. "Es verwundert", meinte er und betonte, dass das Gericht auch prüfen müsse, ob nicht auch Therapien in Freiheit ausreichen würden, um "diese Gefährlichkeit zu begrenzen".

Welche Folgen hatte der Fall Teichtmeister schon?

Zunächst geriet die Kulturszene in den Fokus. Debatten über Machtmissbrauch und patriarchale Strukturen brachen aus, versandeten dann aber auch rasch wieder. Dem Burgtheater wurde vorgeworfen, es habe von den Vorwürfen gegen Teichtmeister schon früher gewusst und nicht genug unternommen. Im Jänner wurde Teichtmeister entlassen. Ein Gutachten, das im Auftrag von Kunst- und Kulturstaatssekretärin Andrea Mayer (Grüne) in Auftrag gegeben wurde, bescheinigte dem Theater, keine Pflichtverletzungen begangen zu haben, aber doch sensibler handeln hätte können. Der Film "Corsage", in dem Teichtmeister Kaiser Franz Joseph spielte, gewann beim Österreichischen Filmpreis in vier Kategorien.

Die Regierung nahm den Fall Teichtmeister zum Anlass, um die Strafen für Beschaffung, Besitz und die Weitergabe bzw. den Handel mit Missbrauchsdarstellungen von Kindern und Jugendlichen zu verschärfen. Bei Herstellung oder Anbieten einer Vielzahl (ab 30 Fotos/Videos) von Missbrauchsdarstellungen sollen künftig bis zu fünf Jahre Haft möglich sein. Tätigkeitsverbote für Verurteilte wurden überarbeitet und es soll ein Gütesiegel für Kinderschutz sowie mehr Beratung geben.

Das Problem an der geplanten Verschärfung - Kritiker:innen sprechen von einem "Lex Teichtmeister": Auch Jugendliche könnten sich strafbar machen, wenn sie sich einvernehmlich Nacktbilder schicken. Expert:innen und der Rechtsanwaltskammertag bezweifeln außerdem, dass höhere Strafen bei Sexualstraftaten eine Wirkung auf potenzielle Täter hätten.

Betrifft das Maßnahmenpaket auch Teichtmeister?

Nein. Es wurde im Nationalrat noch gar nicht beschlossen. Im Mai endete die Begutachtungsfrist für den Teil des Justizministeriums, der vor allem die Strafen betrifft. Jetzt werde noch abgeklärt, ob  noch Änderungen vorzunehmen sind - etwa was das Versenden von Nacktfotos angeht (siehe oben). Doch selbst wenn es schon beschlossen wäre, wäre im Strafrecht eine Rückwirkung verboten. 

ribbon Zusammenfassung
  • Seit Dienstag ist bekannt, dass sich Florian Teichtmeister am 5. September vor Gericht verantworten muss.
  • Neu ist auch, dass ihm nicht nur Besitz, sondern auch Herstellung von Missbrauchsdarstellungen vorgeworfen wird.
  • Wegen eines Gutachtens droht ihm der Maßnahmenvollzug.
  • Die wichtigsten Fragen und Antworten zur Causa.