APA/dpa/Julian Stratenschulte

Coronavirus: Österreichs Internisten warnen vor Lockdown-Folgen

Der Bewegungsmangel führte schon beim ersten Lockdown zu Kollateralschäden.

Österreichs Internisten sind besorgt. Schon der erste Lockdown im Frühjahr 2020 hätte bei Patienten zu schlechteren Blutzucker- und Blutdruckwerten plus Gewichtszunahme geführt. Das müsse jetzt - beim zweiten Lockdown dieses Jahres - unbedingt verhindert werden, warnten am Sonntag führende Vertreter des Bundesverbandes Österreichischer Internisten (BÖI).

Auf regelmäßige körperliche Aktivitäten dürfe jedenfalls in Zeiten von Covid-19 und Einschränkungen im öffentlichen Leben nicht vergessen werden. "Wir Internisten mussten in den letzten Monaten leider vermehrt feststellen, dass durch den Bewegungsmangel während des Lockdowns im Frühjahr 2020 viele Menschen später schlechtere Blutzucker- sowie Blutdruckwerte aufwiesen und auch an Gewicht zugenommen haben. Daher appellieren wir an die Bevölkerung, trotz des neuerlichen Lockdowns regelmäßig ausreichend körperliche Aktivitäten in ihren Alltag zu integrieren", betonten Martina Wölfl-Misak, Präsidentin des Berufsverbands und deren kommende Nachfolgerin, Bonni Syeda, am Wochenende unisono.

Gewichtszunahme

Die Warnung kommt mit Beginn des zweiten Lockdowns zur richtigen Zeit. Bereits im Frühjahr hatten Experten für Öffentliche Gesundheit der MedUni Wien Alarm geschlagen. Bei einem Versuch mit zwölf Probanden im Durchschnittsalter von 38 Jahren hatte man im Home-Office zwischen 16. März und 26. April 2020 in einer ersten Pilotstudie bis zu vier Kilogramm Körpergewichtszunahme gesehen, im Durchschnitt waren es etwa zwei Kilogramm gewesen.

Vor allem die Alltagsaktivität hatte abgenommen. Das können allerdings pro Tag 300 bis 500 Kilokalorien reduzierter Energieverbrauch pro Tag sein, was am Ende zusätzliches Gewicht ergibt.

Spazieren oder Radfahren

Dem sollte laut den Internisten möglichst sofort mit dem Start des kommenden Lockdowns begegnet werden. "Schnelleres Spazierengehen oder Radfahren in der frischen Luft ist bereits ein erster Schritt in die richtige Richtung. Wer ein Ergometer-Gerät besitzt, kann dieses regelmäßig für das Training einsetzen. Sind keine Fitnessgeräte zu Hause verfügbar, kann man einfach über die Stiegen steigen statt den Lift zu benützen oder im Home-Office beim Telefonieren aufstehen und in der Wohnung umhergehen, unterstrich Wölfl-Misak.

Körperliche Bewegung verbessere wichtige Parameter wie den Blutdruck, den Blutzucker oder den Cholesterinspiegel. Ein verbesserter Allgemeinzustand helfe auch im Falle einer doch eintretenden SARS-CoV-2-Infektion bzw. Covid-19-Erkrankung.

Arzt konsultieren

Syeda stellte weiters, klar, dass man beim Auftreten von Gesundheitsproblemen dringend eine Ärztin oder einen Arzt konsultieren sollte, um Folgeschäden zu vermeiden. Auch das Verschieben von Vorsorgeuntersuchungen könne gravierende Folgen haben, wenn schwere Erkrankungen nicht rechtzeitig erkannt werden können. "Wir müssen gesundheitliche Kollateralschäden des zweiten Lockdowns verhindern. Man darf nicht vergessen, dass es auch andere Krankheiten außer Covid-19 gibt, die einer medizinischen Behandlung bedürfen", erklärte die Internistin.

Die österreichischen Fachärzte für Interne Medizin in der niedergelassenen Praxis würden jedenfalls in möglichst hohem Umfang für die Patienten da sein. Wölfl-Misak und Syeda: "Nahezu alle Internisten halten trotz Pandemie ihre Ordinationen für die Gesundheit der Bevölkerung geöffnet. Sollte es aufgrund des Lockdowns zu Einschränkungen in den internistischen Spitalsambulanzen kommen, können die Patientinnen und Patienten nach telefonischer Terminvereinbarung auch die internistischen Ordinationen aufsuchen." In den Ordinationen würden strengste Hygiene- und Schutzmaßnahmen eingehalten.

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  • Der Bewegungsmangel führte schon beim ersten Lockdown zu Kollateralschäden.