Mietkosten: "Will uns die Regierung in die Obdachlosigkeit steuern?"
Ihre Geschäftsmiete stieg von 1.300 auf 1.450 Euro, auch die private Miete wurde hinaufgeschraubt: Gülten Karagöz, Friseurin in Wien-Wieden, schildert bei Café Puls ihre prekäre Situation. "Rücklagen kannst keine mehr bilden. Die, die wir gehabt haben, haben wir verbraucht", erklärt die 54-Jährige. Durch die Teuerung rutsche sie "langsam in die Schuldenfalle". Ihre Lage sei bedrohlich und beängstigend. "Ich weiß nicht, wohin uns die Regierung steuern möchte. In den Ruin? In die Obdachlosigkeit?" Frau Karagöz suchte sich Hilfe bei der Mietervereinigung.
Existenzangst nimmt zu
Seit Monaten steige der Bedarf an Beratungen, bestätigt Elke Hanel-Torsch, die Vorsitzende der Wiener Mieterveinigung, die Aussagen der Geschäftsfrau. "Viele wissen nicht, ob und wie sie sich die nächste Mietzinserhöhung leisten können." Die Existenzangst sei in der Mitte der Gesellschaft angekommen. Die Einmalzahlung, die die Regierung statt der Mietpreisbremse auf den Weg brachte, sei "wie Almosen", kritisiert Karagöz, während man auf der Mieterhöhung sitzen bleibe. Auch Hanel-Torsch spricht von Wut, die sich in der Bevölkerung anstaue.
Leute sparen beim Frisör
Auch ihre Kunden hätten Angst, schildert sie. Zwischen Strom-Nachzahlungen, teureren Lebensmitteln und höheren Mieten würden sie dann natürlich "bei Luxusgütern wie dem Frisör" sparen. "Ich möchte, dass die Regierung endlich zur Besinnung kommt. Ob das in ihrem Interesse ist, dass die Menschen ruiniert werden?", fragt sich Karagöz.
Wenn Wohnen unleistbar wird
Gülten Karagöz und Wohnrechtsexpertin Marisa Herzog-Perchtold im Interview.
Wohnkostenzuschuss hilft Vermietern
Der Wohnkostenzuschuss könne zwar beantragt werden, an den laufenden Kosten ändere das aber nichts. Es sei ein Tropfen auf dem heißen Stein. Für die Expertin von der Mieterveinigung handelt es sich um eine "indirekte Vermieterförderung". Denn entlastet werde keiner, die Vermieter, "die eh schon viel haben", könnten aber mehr verlangen.
Vermieter können sich Bremse leisten
Mieten steigen stärker als Reparatur- und Erhaltungskosten, argumentiert Momentum-Institut-Ökonom Oliver Picek. Die Vermieter könnten sich eine Mietpreisbremse leisten. Es wäre möglich für ein, zwei Jahre auf Erhöhungen zu verzichten, denn der Wert der Wohnungen hätte sich in den vergangenen 13 Jahren mehr als verdoppelt.
Während andere Länder eine Mietpreisbremse eingeführt haben, treiben in Österreich die steigenden Preise die Inflation weiter an. Das bestätigte WIFO-Chef Gabriel Felbermayr auf PULS 24. Für Hanel-Torsch ist klar: Die Mietpreisbremse wäre ein erster Schritt, aber "es braucht generell ein neues Mietrecht mit Preisobergrenzen".
Keine Mietpreisbremse - Grundrecht Wohnen wird Luxus
Zusammenfassung
- Teuerung und steigende Mieten: Die Existenzangst nimmt auch in der Mitte der Bevölkerung zu, sagt die Mietervereinigung.
- Eine Wiener Friseurin schildert, wie sie um ihre Existenz kämpft und warum der Wohnkostenzuschuss wie "Almosen" ist, von dem sie nichts hat.