"Existenzängste" und trotzdem keine Mietpreisbremse
So geht es etwa Anna, einer Studentin aus Wien. Im PULS 4 Magazin "Exakt" kritisiert sie ihren Vermieter: "Er verdient sich eine goldene Nase mit unserer Miete". Dabei werde gar nichts ins Haus investiert. Mit den explodierenden Energiekosten werde das schlicht "unleistbar", meint sie.
Damit ist sie nicht alleine. Das Team von "Exakt" spricht auch mit Gülten Karagöz - sie ist Friseurin in Wien. Die Miete ihres Friseursalons stieg binnen eines Jahres um rund 150 Euro - und auch für ihre Wohnung muss sie deutlich mehr bezahlen. "Ich möchte, dass die Regierung wirklich mal zur Besinnung kommt", sagt sie. Rücklagen gebe es mittlerweile nämlich keine mehr: "Die haben wir verbraucht", berichtet die Friseurin. Mit der Teuerung in allen Lebensbereichen fiele man so langsam "in die Schuldenfalle hinein".
Tränen und Existenzängste
Die Wiener Mietervereinigung ist eine Anlaufstelle für Mieter:innen, die sich das Wohnen nicht mehr leisten können. Der Andrang sei viel größer als früher - "mehrere Beratungen" pro Tag gebe es inzwischen, erzählte die Wohnrechtsexpertin Marisa Herzog-Perchtold. Familien hätten trotz Einkommen beider Elternteilen "Existenzängste". Dieses Thema sei laut Herzog-Pertchold "mitten in der Gesellschaft angekommen". Von "Verzweiflung und Tränen" bis hin zu "Unverständnis" erlebe die Wohnrechtsexpertin hochkochende Emotionen bei ihren Klient:innen.
Als Lösung wurde in der Politik lange eine mögliche Mietpreisbremse diskutiert. Damit sollten die Mieten eingefroren werden. Dazu kam es aber nicht, vor allem weil sich die ÖVP quergelegt hat. Stattdessen wird die Wohnbeihilfe aufgestockt. Eine Einmalzahlung von durchschnittlich 225 Euro soll etwa eine Million Haushalte im untersten Einkommensbereich unterstützen, gab ÖVP-Klubchef August Wöginger bekannt.
"Indirekte Vermieterförderung"
Kritik an dieser Lösung kommt von der Mietervereinigung Wien. Diese Einmalzahlung sei nichts anderes als eine "indirekte Vermieterförderung", wie es Elke Hanel-Torsch von der Mietervereinigung nennt. Eine Mietpreisbremse hätte vielen Menschen mehr geholfen. Auch Oliver Picek, Ökonom vom Momentum Institut, glaubt, dass es kein Problem für Vermieter wäre, auf Mieterhöhungen zu verzichten. "Vermieterlobbys" hätten sich in diesem Fall jedoch gegen die Bedürfnisse der Mieter durchgesetzt.
Anders sieht das Ökonom Jan Kluge von der Agenda Austria. "Ich glaube, es ist der bessere Weg als die Mietpreisbremse", sagte er im PULS 24 Interview. In vielen Städten der Welt habe sich gezeigt, dass eine solche Deckelung der Mieten zu Problemen führe - etwa weniger Wohnungen am Markt. Vor allem sei die Mietpreisbremse "nicht treffsicher". Mit dem Wohnkostenzuschuss würde man genauer hinschauen, ob der betroffene Haushalt "bedürftig" sei.
Jan Kluge, Ökonom bei der Agenda Austria, zum beschlossenen Wohnkostenzuschuss. Dieser sei ein besserer Weg als eine generelle Mietpreisbremse.
Zusammenfassung
- Am 1. April steigen in Österreich die Richtwertmieten um 8,6 Prozent. Das betrifft die meisten Altbauwohnungen.
- Insgesamt müssen dadurch rund eine Million Menschen in Österreich eine saftige Mieterhöhung verdauen.