Krieg in der Ukraine: Selbst Russlands Oligarchen sind machtlos
Die "Financial Times" berichten über ein Treffen zwischen Russlands Präsidenten Wladimir Putin und den wichtigsten russischen Geschäftsleuten. Das Treffen fand vergangene Woche statt - in üblicher Manier soll Putin mit mehreren Metern Abstand zu den versammelten Geschäftsleuten gesessen sein und ihnen erklärt haben, es bleibe ihm nichts anderes übrig, als in die Ukraine einzumarschieren.
"Es war ein sinnloses Treffen"
"Es war ein sinnloses Treffen" zitieren die "Financial Times" einen Teilnehmer. Putin habe sich erklären wollen, aber die Erklärung sei gewesen, dass er keine andere Wahl habe. "Das ist wirklich das, was er denkt", so der Geschäftsmann.
Die EU fror am Montag die Vermögenswerte der prominentesten russischen Geschäftsleute ein und verhängte Reiseverbote. Manche sagen, das soll die Oligarchen dazu bringen, gegen Putin aufzustehen und einen Kurswechsel zu fordern. Doch Putin soll laut der britischen Tageszeitung eine ganze andere Botschaft verbreitet haben: Wer keine Geschäfte mehr mit vom Westen sanktionierten Unternehmen mache, dem drohen Strafen. Der russische Staat werde den betroffenen Unternehmen ebenso helfen.
Ein Staatsbanker wiederum soll gesagt haben: "Niemand will leiden. Aber die Botschaft ist, dass wir es tun müssen". Es sei früher ein Statussymbol des Patriotismus gewesen, auf einer US-Sanktionsliste zu stehen, heute sei es eine Voraussetzung.
Widerspruch unmöglich
Menschen, die den Teilnehmern am Treffen nahestehen würden, sollen den "Financial Times" gesagt haben, dass Widerspruch gegenüber Putin unmöglich sei, seine Macht sei absolut. Die staatlichen Banken und Energiekonzerne würden enge Verbindungen zum Kreml haben - sie sind sogar den Pionieren, also jenen Geschäftsleuten überlegen, die schon in den 1990ern Geld machten.
Darunter ist etwa Mikhail Fridman, ein einflussreicher Banker, er hatte den Krieg kritisiert - ist dann am Dienstag aber von seiner Meinung wieder etwas abgerückt. Er wolle Putin nicht direkt angreifen, weil es "keine Auswirkungen auf politische Entscheidungen" habe - sehr wohl aber seine Mitarbeiter gefährde, so Fridman.
Wer ist betroffen?
Fridman ist Mitbegründer der Alfa-Bank, die eine Supermarktkette und einen Mobilfunkanbieter besitzt. Er leitet eine Private-Equity-Firma in London und tätigt Investitionen im Energie-, Telekommunikations- und Technologiebereich. Sein Vermögen wird auf 15,5 Milliarden Dollar geschätzt.
Er ist von den EU-Sanktionen ebenso betroffen wie Alischer Usmanow. Er war als Metall- und Technologie-Tycoon einst der reichste Mann Russlands - und gilt als einer der größten Investoren Facebooks. Ebenso betroffen sind laut "Financial Times" Pjotr Aven - ein Partner von Fridman bei der Alfa-Bank und Anfang der 1990er russische Handelsminister - und Alexei Mordaschow, Russlands reichster Mann. Er besitzt eines der führenden Stahlunternehmen in Russland und ist am Reiseveranstalter TUI und an einem russischen Telekommunikationsanbieter beteiligt.
Doch sie alle sollen laut den "Financial Times" nicht genug Einfluss auf Putin haben. Denn schon im Jahr 2000, als Putin an die Macht kam, ging er einen Deal mit den Geschäftsleuten ein: Sie konnten die Gewinne, die sie aus der Privatisierung des russischen Staatsvermögen gemacht hatten, behalten, dafür sollten sie sich aus der Politik raushalten. Seither reagiert Putin auf Kritik mit Repressionen und verkleinerte den Einfluss der Oligarchen. Viele verließen das Land, andere wurden sogar festgenommen.
Konzentrierter Reichtum
"Die klugen Oligarchen verstehen, wie die Dinge hier laufen und die Dummen sind keine Oligarchen mehr", sagte ein hochrangiger Kreml-Beamter den "Financial Times. "Wer das nicht mag, ist außer Landes oder im Gefängnis". Die Folge war, dass Russlands Reichtum bei einigen, wenigen Personen konzentriert ist. Laut einer Studie der Boston Consulting Group vom vergangenen Jahr kontrollieren die 500 Russen mit einem Nettovermögen von über 100 Millionen Dollar 40 Prozent des Haushaltsvermögens des Landes.
Zusammenfassung
- Viele russische Oligrachen scheinen - zumindest wegen der nun gegen sie verhängten Sanktionen - gegen Wladimir Putins Krieg in der Ukraine zu sein. Viel zu sagen haben in sie Russland aber nicht.