StrompreisbremseAPA

Strom verbrauchen, Geld bekommen - Das steckt dahinter

Man verbraucht zu Hause Strom und "verdient" damit Geld - klingt unlogisch, ist aber immer wieder möglich. Wie es dazu kommen kann und was man dafür braucht.

Vor allem an Wochenenden kommt es derzeit immer wieder vor - so auch am Sonntag. Am Nachmittag sinkt der Strompreis an der europäischen Strombörse EPEX unter 0. Das bedeutet in der Theorie: Wer Strom verbraucht, bekommt Geld dafür. Die günstige Stunde des bisherigen Jahres waren am 6. April - da kostete eine Kilowattstunde Strom am Nachmittag -5,66 Cent.

Wie man davon profitieren kann, dazu später mehr. Vorab aber die Frage: Wie kann es dazu überhaupt kommen? 

Billiger Strom aus Sonne und Wind

Die kurze Antwort: Sonnen-, Wasser- und Windenergie. Die Stromnetze in Europa hängen zusammen - auch über die Grenzen hinweg fließt die Energie dorthin, wo sie gebraucht wird. Manche Kraftwerke (wie etwa Atomkraftwerke) "werden nicht rauf- oder runtergefahren, weil der Strompreis sinkt", erklärte E-Control-Volkswirt Johannes Mayer im Gespräch mit PULS 24. 

Wenn dazu viel Strom aus Erneuerbaren kommt, kann "der Preis sogar ins Negative fallen", so Mayer. Die hohen Investitionen in erneuerbare Energieerzeuger könnten auch in Zukunft dafür sorgen, dass es "viele negative Stunden geben kann, wenn viel Sonne, Wind oder Wasser da ist - zumindest in einer Übergangszeit", meinte der Strommarkt-Experte. 

Windräder stehen still - weil zu viel Strom da ist

Diese sehr niedrigen Preise zeigen auch eine enorme Herausforderung, vor der die Stromnetze stehen. Es kann ins Netz nämlich immer nur so viel Strom hineinfließen, wie an anderer Stelle auch wieder abgenommen wird: sonst bricht das Netz zusammen und es droht ein Blackout. 

"Derzeit geht man mit so einer Situation so um, dass erneuerbare Energien vom Betreiber abgedreht werden", erklärt Mayer. Wenn man an einem windigen Tag an einem stillstehenden Windrad vorbeifährt, liegt das möglicherweise daran, dass diesen Strom gerade niemand brauchen kann, "weil das System überversorgt ist". 

"Das ist in der Übergangszeit so, bis wir mehr steuerbare Nachfrage haben", meint der Experte der E-Control. Als Beispiele könnte man hier E-Autos oder Wärmepumpen nennen.

Mit einer Wallbox zu Hause kann man ein E-Auto zum Beispiel einfach dann laden, wenn besonders viel Strom verfügbar und dadurch sehr günstig ist. Dann "könnten sich diese extrem niedrigen Preise mit der Zeit auch wieder legen", so Mayer. 

Video: Regierung halbiert Strompreisbremse

Vom Börsen-Strompreis profitieren - mit einem dynamischen Tarif

Die Meisten werden von diesen Schwankungen bei den Strompreisen selbst aber noch nie etwas gespürt haben. Denn üblicherweise bieten Energieversorger einen Stromtarif mit Fixpreis oder zumindest nur einer monatlichen Preisanpassung an. 

Das geht aber auch anders. Anbieter wie SmartEnergy (eine Tochter der Energie Steiermark) oder aWATTar bieten in Österreich dynamischen Stromtarife an. Am Vortag erfährt man, was der Strom am Folgetag kostet - der Preis ändert sich dabei stündlich. 

Ist der Energiepreis negativ, bekommt man also vom Anbieter Geld fürs Stromverbrauchen. "Ja, wir zahlen das aus", bestätigte Thomas Russ, Vertriebsleiter für das Privatkundengeschäft bei SmartEnergy gegenüber PULS 24. Wichtig dabei zu beachten: die Netzkosten und Abgaben fallen trotzdem an, unabhängig vom Energiepreis.

Das Risiko von dynamischen Tarifen

Dass man nach Steuern und Abgaben dann wirklich Geld bekommt, ist also eher unwahrscheinlich. Dennoch kann man deutlich günstiger aussteigen als mit einem Fixtarif, das wurde in den vergangenen Monaten deutlich. 

Es besteht aber das Risiko von Preisschwankungen. "Ja, ein Risiko ist natürlich da. Dynamische Stromtarife reagieren sehr schnell in beide Richtungen. Langfristig sollten sie aber günstiger sein als stabile Tarife – Stabilität kostet nämlich", so Mayer von der E-Control. Bei Fixpreis-Tarifen kaufen die Versorger den Strom nämlich langfristig im Voraus ein, das ist teurer.

Eine Kostenexplosion (wie etwa vor rund zwei Jahren) bekommt man auch unmittelbar zu spüren. Gleichzeitig sinkt der Preis dann aber auch schneller als bei Fixpreis-Tarifen, wo man sich üblicherweise für ein ganzes Jahr bindet. 

"Die Nachfrage ist sehr hoch"

Bei SmartEnergy sieht man bei den Kunden ein reges Interesse. "Die Nachfrage ist sehr hoch", so Russ. Mit unterschiedlichen, variablen Tarifmodellen wolle man "die Vorteile des kurzfristigen Preises weitergeben". 

Gerade in den Mittagsstunden gibt es häufig einen Überschuss an Strom aus Photovoltaik. "Wir geben die Preise weiter und hoffen, dass die Menschen ihren Verbrauch daran anpassen". Dadurch könnten erneuerbare Energien viel effizienter genutzt werden. Denn: "Der Strom muss aus dem Netz raus, sonst muss ein Windrad abgeschaltet werden. Das ist ein Beitrag zur Energiewende", ist Russ überzeugt. 

Für wen ist ein dynamischer Stromtarif der Richtige?

Für wen ist so ein Stromtarif nun eine Überlegung wert? Grundvoraussetzung dafür ist zunächst einmal ein intelligenter Stromzähler, ein sogenannter Smart Meter. Damit kann ausgelesen werden, wie viel Strom man zu welcher Uhrzeit verbraucht hat. Seit einigen Jahren rüsten die Netzversorger die Stromzähler bereits um. Laut E-Control waren Ende 2023 bereits knapp 70 Prozent der Stromzähler "smart". 

Man muss dann allerdings auch ein gewisses Interesse an dem Thema mitbringen. "Jede Stunde ein anderer Preis kann natürlich lästig sein", gibt Russ zu. Wer jedoch gern hin und wieder in die App schaut, um seinen Stromverbrauch und die Preise im Blick zu behalten, könnte mit so einem Tarif gut aufgehoben sein. 

Ansonsten sei so ein Tarif grundsätzlich für jeden interessant, besonders aber für die empfehlenswert, die ihre "Verbraucher etwas verlagern können", so Russ. Besonders fällt das natürlich bei einem Elektroauto ins Gewicht, doch auch die Waschmaschine oder der Geschirrspüler können über längere Zeit hinweg einen Unterschied machen.

ribbon Zusammenfassung
  • Man verbraucht zu Hause Strom und "verdient" damit Geld - klingt auf den ersten Blick unlogisch, ist derzeit aber immer wieder möglich.
  • Die kurze Antwort: Sonnen-, Wasser- und Windenergie. Ist mehr Strom da als benötigt wird, kann der Preis ins negative fallen.
  • Um davon zu profitieren, braucht man jedoch einen speziellen Stromtarif.
  • Welche Vorteile und Risiken dynamische Stromtarife mit sich bringen und für wen sie besonders interessant sind, lesen Sie hier.