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CO2-Speicherung - Was will Brunner mit der "Zaubertechnologie"?

Finanzminister Brunner will CO₂ in der Erde speichern, um das Klima zu retten. Ebenso wie der oft-genannte Grüne Wasserstoff ist das CO₂-Speichern Technologie keine realistische Maßnahme für Österreich. Der Aufbau eigener Speicheranlagen sei für die Industrie risikoreich und auch nicht notwendig.

Theoretisch kann Kohlendioxid (CO₂) in der Erde gespeichert werden. Dieses Gas wird bei allen Verbrennungsprozessen von fossilen Brennstoffen frei und ist eine der Hauptursachen für den menschengemachten Klimawandel. Wäre es möglich das Gas einfach auf der Erde zu binden, dann wären die Probleme der Menschheit gelöst, oder? 

Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP) ist auch für Bergbau in Österreich zuständig. Aktuell gilt in Österreich ein Verbot zur Speicherung von CO₂ im Boden. Carbon Capture and Storage (CCS) nennen sich diese Technologien. Auf EU-Ebene werden dafür gesetzliche Rahmenbedingungen erarbeitet. Brunner betonte zuletzt, dass das "Vermeiden und Einsparen von CO₂ im Vordergrund" stehen müsse. Er wolle aber auch die Möglichkeit zum Speichern schaffen.

Geologisch wäre es möglich, CO₂ in Österreichs Böden zu speichern. Aber die Entwicklung sicherer Speicherstätten brauche eine lange Vorlaufzeit, so Tobias Pröll, vom Institut für Verfahrenstechnik von der Universität für Bodenkultur Wien. 

Die Klimakrise ist eine Energiekrise: 80% der weltweiten Energieversorgung stammt aus Kohle, Öl und Erdgas (in Österreich 65%). Ohne unseren "Energiehunger" hätten wir keine Klimakrise.

Tobias Pröll, Professor für Verahrenstechnik an der BOKU

Österreich wird sein Kohlendioxid langfristig Richtung Nordsee-Speicherstätten bringen, weil die heimischen Kapazitäten nicht ausreichen, um das ausgestoßene Gas zu speichern. Er empfiehlt, die Transportinfrastruktur zu bereits existierenden Speicherstätten in Nordeuropa auszubauen. Nicht jedes Land brauche eigene CCS-Speichermöglichkeiten und der Aufbau sei für die heimische Industrie riskant. 

Investitionen in klimaschonende Energie

Wirksame CO₂-Preise verknüpft mit politischen Zielen wären ein guter Anfang, damit kosteneffizientere Verfahren sich von alleine durchsetzen würden, so Pröll.

Auch klimaschonende Energieproduktionen, aus Photovoltaik oder Windenergie, sollte stark vorangetrieben werden. Das seien Möglichkeiten zum Einsparen von CO₂. Auch im Bereich der thermischen Sanierung von Häusern und in der Umstellung auf zukunftsfähige Heizsysteme liegt großes Potenzial. 

Verbot 2011

Bereits 2004 veröffentlichte der internationale Zusammenschluss IPCC (Weltklimarat) einen Sonderbericht zur Absonderung und Speicherung von Kohlendioxid. IPCC veröffentlicht auch jährlich den Bericht zum Fortschreiten der Klimakrise. Damals wurde befunden, dass die Welt das Ziel von 1,5 Grad Klima-Erwärmung nicht erreichen kann, wenn nicht zusätzlich CO₂ mithilfe von Techniken wie CCS aus der Atmosphäre gezogen wird. 

2011 wurden die CCS-Techniken unter der Regierung von SPÖ-Kanzler Werner Faymann verboten. Damals sah man ein Signal für eine "konsequente" Umsetzung der Energiewende. 2011 sah man die CO₂-Techniken als nicht ausreichend erforscht. 

Positiv-Beispiel Island

Island ist ein oft genanntes Positiv-Beispiel für die Speicherung von Kohlendioxid unter der Erde ist Island. Laut einem Bericht des "Standard" aus dem Jahr 2022 fixiert das Startup Carbfix 12.000 Tonnen jährlich - zum Vergleich: Österreich verursachte 2022 72,6 Millionen Tonnen CO₂-Äquivalente. Islands Boden besteht zu einem großen Teil aus Basaltgestein, deshalb ist das Speichern des Gases dort in großen Mengen möglich.

Aktuell kosten Zertifikate für eine Tonne des Gases um die 90 Euro - Wirksam wären Preise ab 100 bis 160 Euro, so Tobias Pröll. Für Klimaneutralität müssten Preise von 300 bis 500 Euro pro Tonne ansteigen. Aber sinnvoll sei die CO₂-Speicherung nur dort, wo es keine günstigeren Alternativen gibt, um den Kohlendioxid-Ausstoß überhaupt zu verringern. CCS sieht er für die Chemische Industrie, Zementindustrie, Eisen-, Stahl-, Papierwerke und Müllverbrennung als geeignet.

Umweltverbände sehen Scheinlösung

Die Umweltverbände Greenpeace und Global 2000 sehen den Vorschlag als Gefahr für die Energiewende. "CO₂-Speicherung wird oft als Freifahrtschein von der Industrielobby genutzt, um auch künftig massiv klimaschädliches CO₂ in die Luft zu blasen", kritisiert Greenpeace-Sprecherin Lisa Panhuber. Österreich könnte an vielen anderen Stellen CO₂ einsparen.

Österreich verursachte 2022 72,6 Millionen Tonnen CO₂-Äquivalente. In Österreich werden 94 Prozent der Treibhausgas-Emissionen in den Sektoren Energie, Industrie, Verkehr, Gebäude und Landwirtschaft verursacht. Deutsche Studien sehen die Speicherung von CO₂ im Boden als "zeitlich befristete Übergangstechnik".

Das CO₂-Speicherverbot soll laut Minister Brunner im Herbst fallen, dazu braucht es allerdings eine Zweidrittelmehrheit. Die Grünen stehen dem Vorhaben laut APA skeptisch gegenüber.

International steigt die Skepsis gegenüber der mutmaßlichen Zukunftstechnologie. So berichtete auch die Agentur "Bloomberg", dass auch die weltweit größten CO₂-Speicheranlagen nicht vollständig ausgelastet sind. Weltweit in den letzten Jahren 30 Billionen US-Dollar in die Technologie investiert, im Jahr 2022 wurden nur 0.1 Prozent der weltweiten CO₂-Emissionen gebunden, so "Bloomberg".

NZE p24Puls 24 / Daten IEA

Laut der Internationalen Energiebehörde (IEA) werden aktuell jährlich 45 Millionen Tonnen Kohlendioxid-Äquivalente mithilfe kommerzieller Anlagen gebunden. Zum Erreichen des Null-Emissionsziels (NZE) 2050 fehlen 2030 Anlagen, um 776 Millionen Tonnen CO₂-Äquivalente zu binden.

Keine "Zaubertechnologien"

Tobias Pröll sieht in dem Vorstoß genauso wie in der Technologie des Grünen Wasserstoffs die Gefahr eines "Vertröstens der Entscheidungsträger:innen". Wichtig sei zu erkennen, welche Ansätze "jetzt" klimawirksam und kosteneffiziente Verbesserungen bringen. "Auf Kernfusion zu hoffen oder von anderen Zaubertechnologien zu träumen hilft dem Klima leider nichts und dabei läuft uns die Zeit davon." Einzelne Technologien können immer nur einen Teil zur Lösung der Klimakrise beitragen.

 

ribbon Zusammenfassung
  • Finanzminister Brunner will das Speichern vom Treibhausgas Kohlendioxid in Österreichs Böden ermöglichen.
  • Die Technik, auch bekannt als CCS, ist theoretisch möglich, aber eher eine Übergangstechnik als eine Lösung für die Klimakrise.
  • Ein Großteil von Österreichs Emissionen entsteht in der Industrie bzw. Energieproduktion.