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Gall über "Druck und Stress" bei der Tour de France

Nach neun Etappen steht bei der Tour de France der erste Ruhetag an. Für Felix Gall hätte der erste Teil des größten Radrennens der Welt nicht viel besser laufen können. Trotz seinem zweiten Platz in der Gesamtwertung bleibt ein Etappensieg das große Ziel.

Radprofi Felix Gall hat die Erwartungen in der ersten Woche seines Debüts bei Tour de France eindrucksvoll erfüllt. Der Osttiroler kletterte als Etappendritter in den Pyrenäen zwischenzeitlich ins begehrte Bergtrikot.

Nach 9 von 21 Abschnitten liegt er auch im Gesamtklassement an der 16. Stelle und mittlerweile vor seinem Teamkapitän Ben O'Connor im erweiterten Spitzenfeld. Sein großes Ziel bleibt unverändert ein Etappensieg, wie er am Ruhetag bekräftigte.

Gesamtwertung als "Traum"

Aber auch das Mithalten im Gesamtklassement mit einem Top-Ten-Platz als Traum ist mittlerweile ein Thema. Der Kampf um das Bergtrikot rückt deshalb in den Hintergrund: "Die Gesamtwertung hat jetzt einen höheren Stellenwert eingenommen und ist schon auch ein bisschen im Hinterkopf."

"Man kann nicht alles haben - eine Etappe, das Trikot und das Klassement. Ich werde mich jetzt sicher die nächsten Etappen zurückhalten und das Bergtrikot eher auf die Seite schieben", erläuterte Gall am Ruhetag. Diesen verbrachte der 25-Jährige mit einer einstündigen Ausfahrt seines AG2R-Teams, Massagen, Physiotherapie und viel Schlafen.

Plötzlich in Semi-Kapitänsrolle

Die zusätzliche Verantwortung durch die Quasi-Kapitänsrolle in einer französischen Mannschaft nimmt er nicht als belastend wahr. "Druck und Stress sind schon da bei der Tour, aber die Situation ist jetzt nicht groß anders als sonst." Sein Rückstand in der Gesamtwertung betrage ja auch bereits fast zehn Minuten.

Deshalb glaubt Gall, dass er in den nächsten Bergetappen von den Mannschaften der besten Klassementfahrer ungehindert in eine Ausreißergruppe gelassen wird. "Ich bin jetzt 16. Es ist nicht so, dass ich Schlagweite vom Podium bin. Das heißt, ich habe nach wie vor Möglichkeit in Fluchtgruppen zu gehen, um mich so auch im Gesamtklassement zu verbessern."

Felix Gall in Lauerstellung

Als erfolgreicher Ausreißer soll auch der erhoffte Tagessieg gelingen. "Das Ziel ist immer noch, eine Etappe zu gewinnen. Natürlich werde ich nicht immer nur im Feld mitfahren, sondern auch in Fluchtgruppe gehen." Die dafür nötige Attacke werde er aber frühestens am Wochenende wagen, wenn es wieder ins Hochgebirge geht.

In der Tour-Wertung hält Gall den Vorstoß unter die besten zehn für möglich, aktuell beläuft sich sein Rückstand auf drei Minuten. "Die Top Ten wären ein Wahnsinn, was glaube ich aber nicht unrealistisch ist, wie man gesehen hat. Ich war am Puy de Dome Achter aus der Gruppe der Favoriten."

Tour "eigentlich ganz okay"

Die bisherigen Strapazen habe er gut verkraftet. "Es ist eigentlich ganz okay. Natürlich hat man schon eine gewisse Grundmüdigkeit, aber ich fühle mich den Umständen entsprechend. Die ersten neun Tage sind überraschend schnell vorbeigegangen, was ein gutes Zeichen ist."

Er habe lediglich beim Auftakt Probleme gehabt. "Es war komisch, ich war in den ersten beiden Tagen blockiert. Ich bin jetzt aber sehr froh, dass ich die Form schnell gefunden habe."

So sei auch die Dauerbelastung leichter zu verdauen. "Ich bin jetzt an einem Punkt, wo ich solche Belastungen ganz gut verkraften und damit umgehen kann. Es ist immer noch ein langer Weg nach Paris, aber soweit fühle ich mich gut."

Im Austausch mit den Kollegen

Etwas Auflockerung zwischendurch bringen die während der ruhigen Etappenphasen möglichen Gespräche mit seinen österreichischen Landsleuten aus anderen Teams. "Es ist ganz nett, wenn man Zeit hat, mit Kollegen und Freunden zu plaudern."

Seine heurigen Leistungen haben Gall auch schon spürbar mehr Respekt im gesamten Fahrerfeld eingebracht, was das Leben im Peloton in gewissen Situationen erleichtere.

Gewöhnungsbedürftig war für ihn hingegen der große Rummel an und auf der Strecke durch die Zuschauer:innenmassen, aber auch den ständigen Hubschrauberlärm. "Man gewöhnt sich aber recht schnell daran, das wird in kürzester Zeit der Normalzustand."

Vingegaard und Pogačar "in eigener Liga"

Deutlich über der Norm bewegen sich die um den Tour-Sieg kämpfenden Jonas Vingegaard und Tadej Pogačar, sagte der Österreicher: "Man muss ganz klar sagen, die fahren in einer eigenen Liga, was so auch zu erwarten war. Das ist extrem beeindruckend."

"Das ist sicher lässig zum Zuschauen, ich kann dazu nicht viel beitragen. Wenn die losfahren, sind sie gleich einmal weg", meinte Gall über das aktuell mit 17 Sekunden zugunsten von Titelverteidiger Vingegaard stehende Duell.

ribbon Zusammenfassung
  • Nach neun Etappen steht bei der Tour de France der erste Ruhetag an.
  • Für Felix Gall hätte der erste Teil des größten Radrennens der Welt nicht viel besser laufen können.
  • Der Osttiroler kletterte als Etappendritter in den Pyrenäen zwischenzeitlich ins begehrte Bergtrikot.
  • Trotz seinem zweiten Platz in der Gesamtwertung bleibt ein Etappensieg das große Ziel.