Der Österreicher-Topf schmeckt nicht mehr wie früher
Serienmeister Salzburg, der LASK, aber auch Klagenfurt und Lustenau haben bereits vor Saisonbeginn auf Einnahmen aus dem Österreicher-Topf verzichtet. Sturm Graz hat sich nach dem 17-Millionen-Euro-Transfer von Rasmus Höjlund kurzerhand vom rot-weiß-roten Bekenntnis gelöst. "Wir haben festgestellt, dass wir einiges an wirtschaftlichem und sportlichem Potenzial liegen lassen würden, wenn wir uns weiter an den Österreicher-Topf halten", erklärt Sturm-Trainer Christian Ilzer.
Für die laufende Saison liegen laut APA-Informationen etwa 6,1 Mio. Euro im Topf, der sich aus TV-Geldern und einer ÖFB-Förderung füllt. Die Einsatzminuten werden in den drei Perioden (Hinrunde, Rückrunde, Finaldurchgang) abgerechnet. Minuten von U22-Spielern zählen vierfach. Setzt ein Club mehr als sechs Legionäre auf den Spielberichtsbogen, fällt er um die Gelder der jeweiligen Abrechnungsperiode um.
Austria Wien (7), Hartberg, WAC und Altach (alle 8) haben jeweils "überzählige" Fremdarbeiter unter Vertrag. Zwangsrotation ist die Folge. "Jede Entscheidung, die ich treffe, kann man mir nachher als schlecht auslegen. Ich kann zurzeit wählen zwischen Pest oder Cholera", umriss Austria-Trainer Manfred Schmid am vergangenen Wochenende sein Aufstellungs-Dilemma, nachdem sich der Australier James Holland auf der Tribüne wiedergefunden hatte. In Wien-Favoriten wird jeder Cent umgedreht, notgedrungen nimmt man sportliche Nachteile in Kauf. "Wir halten uns daran, es ist notwendig und deswegen werde ich das weiter durchziehen." Aus Hartberg, Wolfsberg und Altach war zuletzt Ähnliches zu vernehmen.
Entsprach der Österreicher-Anteil in der Saison 2021/22 mit 64,9 Prozent noch ziemlich genau dem langfristigen Schnitt seit der Einführung 2004/05 (66 Prozent), zeichnet sich in der 1. Periode heuer eine Marke knapp unter 60 Prozent ab. Dies ist im Wesentlichen auf den Wechsel von Absteiger Admira (vergangenes Jahr Platz zwei im Ö-Topf hinter Rapid) zu Aufsteiger Austria Lustenau (13 Legionäre) zurückzuführen.
Ein Club, der längerfristig auf Einnahmen aus dem Ö-Topf verzichtet, dürfte auch seine Kaderzusammenstellung nachhaltig ändern. "Der ÖFB beobachtet diese Entwicklung natürlich eingehend, da der Ö-Topf ein zentrales Element der Nachwuchsförderung darstellt und auch aus ÖFB-Geldern gespeist wird", heißt es vom Verband.
Für David Reisenauer, den Spielbetriebsvorstand der Bundesliga, ist der Österreicher-Topf aktuell nach wie vor ein internationales "Vorzeigeprojekt". "Dass er funktioniert, zeigt nicht zuletzt der internationale Vergleich, wo wir sowohl beim Anteil heimischer Spieler, als auch beim Durchschnittsalter jeweils im Spitzenfeld zu finden sind - insbesondere mit Blick auf jene Länder, mit denen wir in der UEFA-Fünfjahreswertung auf Augenhöhe sind."
Die Bundesliga untermauert dies mit einer Auswertung des Internationale Zentrums für Sportstudien (CIES) für die Saison 2021/22. Dieser zufolge waren die Spieler im Durchschnitt nur in fünf der 31 betrachteten europäischen höchsten Ligen jünger als in der Bundesliga. Mit im Schnitt 25,7 Jahren bewegte sich Österreich auf dem Niveau von Belgien (25,8) und der Niederlande (25,6). Die Spitzen bildeten Kroatien (25,1) und Griechenland (28,6). Im Sog von Salzburg setzen auch andere Liga-Teams immer stärker auf Spieler unter 23 Jahren. Waren dies 2018/19 noch nationenübergreifende 24,9 Prozent, machte dieser Anteil in der abgelaufenen Saison mit 31,2 Prozent schon fast ein Drittel aus.
Zusammenfassung
- Sieben der zwölf Clubs setzen aktuell auf die Förderung, die Spielminuten von Österreichern finanziell belohnt.
- Serienmeister Salzburg, der LASK, aber auch Klagenfurt und Lustenau haben bereits vor Saisonbeginn auf Einnahmen aus dem Österreicher-Topf verzichtet.
- Aus Hartberg, Wolfsberg und Altach war zuletzt Ähnliches zu vernehmen.
- Im Sog von Salzburg setzen auch andere Liga-Teams immer stärker auf Spieler unter 23 Jahren.