Wien-Wahl 2020: Rechtes Regierungs-Bashing bei der "Krone"-Elefantenrunde

Im ersten Schlagabtausch der Spitzenkandidaten vor der Wien Wahl ging es viel um Corona und um die Bundesregierung. Blümel wurde als Regierungsmitglied von Strache, Nepp und Wiederkehr ins Visier genommen. Hebein punktete mit einem emotionalen Appell beim Thema Integration.

Die finale Phase des Wahlkampfs vor der Wien Wahl am kommenden Sonntag wurde mit der "Krone"-Elefantenrunde auf PULS 24 eingeleitet. Nach einer kurzen Phase des höflichen Abtastens ging es zwischen den Spitzenkandidaten der geladenen Parteien - Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ), ÖVP-Spitzenkandidat und Finanzminister Gernot Blümel, Verkehrsstadträtin und Grünen-Spitzenkandidatin Birgit Hebein, FPÖ-Spitzenkandidat Dominik Nepp, NEOS-Spitzenkandidat Christoph Wiederkehr und Heinz-Christian Strache (Team Strache) - ordentlich zur Sache.

Thema: Corona-Management

Der ÖVP-Spitzenkandidat Gernot Blümel machte den Anfang nachdem er aufgrund eines Corona-Falls im engsten Umfeld von Bundeskanzler Sebastian Kurz nicht am großen Duellabend auf PULS 4 und PULS 24 teilnehmen konnte. Blümel sagte, dass dieser Fall zeige, dass das Virus jeden treffen könne. "Corona ist nichts, womit man spielen darf", betonte der ÖVP-Kandidat.

Trotz der ständigen gegenseitigen Attacken zwischen der Bundesregierung und der Stadt Wien sagte Blümel, dass in der Bundeshauptstadt in der Krise einiges gut gelaufen sei. Jedoch versuchte er die Stadtregierung anzupatzen indem er Gesundheitsstadtrat Peter Hacker kritisierte. Dieser scheine die Situation nicht immer ernst genommen zu haben.

Scharfe Kritik an Blümel und der Bundesregierung

Im ersten Themenblock wurde die Elefantenrunde zu einer Abrechnung von THC, FPÖ und NEOS mit den Corona-Maßnahmen der Bundesregierung. FPÖ-Spitzenkandidat Dominik Nepp hingegen hielt nicht lange zurück und griff Blümel direkt an. Blümels Interesse sei es, "die Banken zu retten". Nepp zeichnete ein düsteres Bild. Wenn die Hilfen der Regierung auslaufen, werde es "Pleiten, Insolvenz und Massenarbeitslosigkeit" geben.

Auch Team HC Strache-Kandidat Heinz-Christian Strache griff Blümel in seiner Rolle als Finzanzminister an. Die Corona-Hilfen seien eine "Pleiten-, Pech- und Pannenserie", sagte Strache und stellt ihm ein vernichtendes Zeugnis aus: "Der hat das schon wieder verblümelt."

NEOS-Spitzenkandidat Wiederkehr sah ebenfalls ein Missmanagement der Regierung. Er verwies darauf, dass zwei Mitglieder der Ampelkommission gegangen wären, weil die Praxis der Bundesregierung "nicht akzeptabel" sei. Laut der "Austria Presse Agentur" (APA) sollen sie ihr Mandat allerdings aus Zeitgründen zurückgelegt haben.

Die Diskussion über die Corona-Maßnahmen

Andere thematische Schwerpunkte setzten die beiden Vertreter der Stadtregierung, Michael Ludwig und Birgit Hebein. SPÖ-Spitzenkandidat Ludwig wies die Frage, ob ihm die Lage in Wien entglitten sei, entschieden zurück. Er betonte, dass es der Stadt Wien sehr gut gelungen sei, vor allem die älteren Personen zu schützen. Hebein hingegen appellierte an die Bundesregierung in der Person von Gernot Blümel, die Corona-Hilfsmaßnahmen zu verlängern.

Ludwig vermied während der Elefantenrunde eher die Diskussion mit Blümel, kritisierte jedoch die Sperrstunde in den westlichen Bundesländern. Diese legten die Sperrstunde von sich aus auf 22 Uhr vor, obwohl die Maßnahmen eine Öffnung bis 23 Uhr erlauben würden. Es sei unverständlich, dass in Hotel-Bars gefeiert werden dürfe, während die "normalen" Einwohner um 22 Uhr nach Hause gehen müssten.

Was Sie sich noch nie, Fragen getraut haben

Das zweite Segment brachte eine thematische Wende. PULS 24 Chefreporterin Manuel Raidl, die die Elefantenrunde zusammen mit Michael Pommer, dem Leiter des Wien-Ressorts der "Kronen Zeitung", moderierte, sprach von einer "Intervention". Die Kandidaten durften einem ihrer Kontrahenten eine Frage stellen.

Ludwig an Strache: "Warum wollten sie die Kronen Zeitung verkaufen?"

Ludwig hielt sich nicht zurück und fragte Strache direkt nach dem Ibiza-Video, indem er den Verkauf der "Kronen Zeitung" mit einer vermeintlichen Oligarchin diskutierte. Strache versuchte die Frage zu umgehen und sagte, dass schlussendlich "jemand anderes" die Zeitung gekauft habe. Ludwig müsse die Frage also an "einen der besten Freunde" von Bundeskanzler Sebastian Kurz (Strache spricht von René Benko, Anm. der Red.) stellen.

Strache an Hebein: "Kennen sie die Migrations-Hotspots als Kärntnerin überhaupt?"

Strache fragte die Spitzenkandidatin der Grünen, wieso sie ihre Augen vor den Problemen bei Migration und Integration verschließe. Hebein antwortete, dass sie die Probleme durchaus kenne. Sie wohne schließlich im "migrationsstärksten und einkommensschwächsten Bezirk".  "Sie haben immer so viel Angst, aber da muss ich ihnen widersprechen. Wien ist eine sichere Stadt", sagte Hebein zu Strache.

Hebein an Nepp: "Wenn ihre Kinder Sie einmal fragen: 'Papa, was hast du gegen die Klimakrise gemacht?' was antworten Sie?"

Nepps sagte, dass er mit "viel" antworten würde. Er wolle – im Gegensatz zu Hebein – aber nicht die "Autofahrer sekkieren." Privat kaufe er regional ein, fügte er noch hinzu.

Was die Kandidaten einaner immer schon fragen wollten

Nepp an Blümel: "Sie waren ja 2015 ... direkt verantwortlich für 'Wir brauchen mehr Willkommenskultur'", warum streite Blümel dies jetzt ab?

Blümel: Es gebe natürlich "einen Unterschied zwischen der FPÖ und den Türkisen, nämlich, dass wir nie andere herabwürdigen". Wien brauche eine Mitte-Rechts-Politik mit Anstand. Die ÖVP sei die einzige Alternative für alle die wollen, dass in der Integration etwas weitergeht.

Blümel an Wiederkehr: Warum änderten die NEOS nach Ausstieg von Matthias Strolz ihre Politik?

Wiederkehr wies diesen Vorwurf zurück. Seine – und die Linie der NEOS – sei es, kritisch aber konstruktiv zu sein. An Blümels Politik gebe es einfach viel zu kritisieren.

Blümel an Ludwig: "Wie geht es Ihnen damit, dass das Versprechen nach Bildungsaufstieg in Wien gebrochen wurde?"

Ludwig sagte, dass es stimme, dass Bildung immer noch zu oft vererbt werde. In vielen Bereichen seien der Stadtregierung die Hände gebunden, da der Bund die Verantwortung trage. Die SPÖ habe aber viel geschafft und Geld in die Hand genommen. So sei beispielsweise schon vor Jahren der Gratis-Kindergarten geschaffen worden. "

Thema: Migration und Integration

Der dritte große Themenblock begann mit dem stärksten Moment der gesamten Elefantenrunde. Hebein leitete das Thema Migration und Integration mit einem flammenden Appell ein. Es werde nie über die positiven Seiten, die Stärken der Kinder gesprochen, immer nur über ihre Schwächen. Natürlich gebe es Probleme. "Mein Eindruck ist, wenn die drei Herren (Blümel, Nepp und Strache, Anm. der Red.) über das Thema sprechen, beschimpfen sie meine Nachbarinnen und Nachbarn und das werde ich nicht zulassen."

Hitzige Diskussion über das Thema Integration

Blümel bezeichnete diese Haltung als kurzsichtig. Diese "Kopf in den Sand"-Attitüde der Grünen und SPÖ sei ein Fehler. Nepp und Strache hingegen hätten "Schaum vor dem Mund", wenn es um Integration gehe. Die ÖVP biete einen "dritten Weg" an.

Für Nepp waren Blümels Ausführungen nicht mehr als ein "Plädoyer gegen sich selbst". "Sie sind eine Mogelpackung", sagte er in Richtung des ÖVP-Kandidaten, der das Thema nach der Wahl wieder vergessen werde, so wie er seinen Laptop vergessen habe.

Auch Wiederkehr griff Blümel an. Dieser sitze in einem Boot mit Strache und Nepp. Wichtig sei es, bei der Integration im Bildungsbereich anzusetzen. Integration beginne im Kindergarten und in der Schule. Genau hier würden FPÖ und ÖVP blockieren.

Ludwig will "Integration vor Zuwanderung". Alle Menschen dieser Stadt müsse eine Lebensperspektive geboten werden, sagte er. Jene Arbeiter, die den Gemeindebau errichten, sollen später auch darin leben.

Die große Analyse der "Krone"-Elefantenrunde unter anderem mit Stefan Kaltenbrunner (PULS 24) und Klaus Herrmann (Krone).

Eine Pink-Rote Koalition in Wien?

Zum Abschluss der "Krone"-Elefantenrunde wurden versöhnliche Töne angestimmt. Nach einer Debatte voller Animositäten mussten die Kandidaten sagen, was sie an ihren Konkurrenten schätzen.

Auffallend dabei waren die Worte von Michael Ludwig an Christoph Wiederkehr. Dieser bezeichnete den NEOS-Kandidaten als die "Überraschung" im Wahlkampf und lobte seine inhaltliche Kompetenz. In der Analyse der Elefantenrunde mutmaßte deshalb PULS 24-Chefredakteur Stefan Kaltenbrunner, dass im Hintergrund über diese Variante gesprochen werden könnte.

Was die Kandidaten aneinander schätzen

Strache sagte, er schätze an Nepp den liebevollen Umgang mit dessen Kindern. Dies habe er ironischerweise bei den gemeinsamen Ibiza-Urlauben gesehen.

Nepp lobte an Hebein, dass sie als "Kärntnerin perfekt integriert" sei. Hebein hingegen hielt es mit ihren lobenden Worten an Blümel oberflächlich. Sie schätze sein "sportliches Wesen".

Blümel hob bei Ludwig die gemeinsame Liebe für Wien hervor und Wiederkehr fand, dass Strache mit seinem Antritt die FPÖ kleiner mache.

ribbon Zusammenfassung
  • Im ersten Schlagabtausch der Spitzenkandidaten vor der Wien Wahl ging es viel um Corona und um die Bundesregierung. Blümel wurde als Regierungsmitglied von Strache, Nepp und Wiederkehr ins Visier genommen. Hebein punktete mit einem emotionalen Appell beim Thema Integration.