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Wieder Tote bei Luftschlägen Israels im Gazastreifen

Heute, 09:40 · Lesedauer 4 min

Bei neuen israelischen Angriffen im Gazastreifen sind nach Angaben der dortigen Behörden mindestens 23 Palästinenser getötet worden. Damit seien insgesamt fast 700 Menschen, überwiegend Frauen und Kinder, umgekommen, seit Israel seine Offensive vor einer Woche wiederaufgenommen habe, teilt die von der Hamas kontrollierte Gaza-Gesundheitsbehörde am Dienstag mit. Israels Armee erweiterte unterdessen ihre Evakuierungsaufforderungen für Zehntausende Bewohner des Küstengebiets.

Die Bewohner aller nördlichen Grenzstädte seien zur Evakuierung aufgefordert, erklärt sie. Aus dem Gebiet seien Raketen auf Israel abgefeuert worden. Betroffen sind die Städte Jabalia, Beit Lahiya, Beit Hanoun und Shejaia im Norden sowie Gebiete in Khan Younis und Rafah im Süden.

Unter den Opfern der "mehr als 20 Luftangriffe der israelischen Luftwaffe" seien auch Kinder, teilte der Sprecher der Zivilschutzbehörde im Gazastreifen, Mahmoud Bassal, mit. Mindestens neun Menschen wurden demnach am frühen Morgen in Khan Younis im Süden des Palästinenser-Gebiets getötet, darunter eine Familie mit drei Kindern. Ein weiterer Luftschlag traf in der Früh laut Bassal ein Gebäude in Zaytoun im Südosten der Stadt Gaza. Dabei seien mindestens fünf Menschen getötet und zwölf weitere verletzt worden. Zudem habe es in Khan Younis sowie in den nördlichen Gebieten Beit Lahiya und Beit Hanoun Artilleriefeuer gegeben. Die israelische Armee bestätigte gegenüber der Nachrichtenagentur AFP, sie habe im Rahmen eines "Anti-Terror-Einsatzes" Luftangriffe auf den Gazastreifen durchgeführt.

Israel hatte vor einer Woche seine massiven Luftangriffe auf Hamas-Ziele im Gazastreifen wieder aufgenommen, wo seit dem 19. Jänner eine zwischen beiden Seiten vereinbarte Waffenruhe galt. Am vergangenen Mittwoch startete die israelische Armee zudem einen neuen Bodeneinsatz in dem Palästinenser-Gebiet. Israel will mit seiner Offensive nach eigenen Angaben den Druck auf die Hamas erhöhen, um die von ihr noch immer festgehaltenen Geiseln freizubekommen.

Nach Angaben der von der militanten Palästinenser-Organisation kontrollierten Gesundheitsbehörde im Gazastreifen wurden in der vergangenen Woche mindestens 730 Menschen getötet. Der Krieg im Gazastreifen war durch den brutalen Überfall der Hamas und mit ihr verbündeter Palästinenser-Gruppen auf Israel am 7. Oktober 2023 ausgelöst worden. Seit dem 19. Jänner galt eine Waffenruhe, die erste Phase des dazu mit Hilfe internationaler Vermittler geschlossenen Abkommens lief am 1. März aus. Eine Einigung über die zweite Phase konnte bisher nicht erzielt werden. Insgesamt wurden bisher mehr als 50.000 Menschen bei Israels neuem Krieg im Gazastreifen getötet.

Präsident kritisiert Regierung

Israels Präsident Isaac Herzog kritisierte unterdessen die seiner Einschätzung nach nachlassenden Bemühungen zur Freilassung der israelischen Geiseln in der Gewalt der Hamas im Gazastreifen. "Ich bin schockiert darüber, dass das Thema Geiseln auf einmal nicht mehr ganz oben auf der Prioritätenliste steht und die Nachrichten bestimmt", sagte er am Dienstag in einer Videoansprache. Die Geiseln müssten allesamt "nach Hause gebracht werden", fügte er hinzu.

Herzog hatte bereits zuvor seinen Unmut über das Vorgehen der Regierung kundgetan. In einem ungewöhnlichen Schritt kritisierte er in der vergangenen Woche die Wiederaufnahme der massiven Angriffe Israels auf Ziele im Gazastreifen. "Es ist undenkbar, die Kämpfe wieder aufzunehmen, während wir noch die heilige Mission verfolgen, unsere Geiseln nach Hause zu bringen", hatte er gesagt.

Der Präsident forderte die Regierung auf, die Proteste gegen die erneute Offensive zur Kenntnis zu nehmen. Tausende Menschen protestierten in den vergangenen Tagen gegen das Vorgehen der israelischen Armee, das ihrer Meinung nach die Freilassung der Geiseln behindert.

Israels Verteidigungsminister Israel Katz drohte der Hamas daraufhin mit der vollständigen Zerschlagung, sollte sie weiterhin die Übergabe von Geiseln verweigern. Israel werde dann Gebiete erobern und Hamas-Mitglieder ausschalten, sagte er. Dies werde fortgesetzt, bis die Gruppe vollständig besiegt sei.

UNO ergreift Sicherheitsmaßanahmen

Die Vereinten Nationen reduzieren aus Sicherheitsgründen ihr internationales Personal im Gazastreifen um etwa ein Drittel, sagte Sprecherin Alessandra Vellucci am Dienstag auf einer Pressekonferenz in Genf. Generalsekretär Antonio Guterres könne die Sicherheit des UNO-Personals nicht garantieren. Daher würden etwa 30 von 100 Mitarbeitern abgezogen. Betroffen seien unter anderem das Welternährungsprogramm (WFP), die Weltgesundheitsorganisation (WHO) und das UNO-Kinderhilfswerk UNICEF.

Zusammenfassung
  • Bei neuen israelischen Luftangriffen im Gazastreifen wurden mindestens 23 Palästinenser getötet, wodurch die Gesamtzahl der Todesopfer seit Wiederaufnahme der Offensive auf fast 700 ansteigt.
  • Die israelische Armee hat ihre Evakuierungsaufforderungen im Gazastreifen ausgeweitet, während Präsident Isaac Herzog die Regierung für ihre nachlassenden Bemühungen bei der Geiselbefreiung kritisiert.
  • Die UNO zieht etwa ein Drittel ihres internationalen Personals aus dem Gazastreifen ab, da die Sicherheitslage für Organisationen wie WFP, WHO und UNICEF zu riskant geworden ist.