Vier Jahre Haft
Wann muss Grasser jetzt ins Gefängnis? Fragen und Antworten
2020 wurden die Hauptangeklagten in der Causa BUWOG zu teilweise langen Haftstrafen verurteilt. Das Urteil für Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser (erst FPÖ, dann ÖVP) lautete rund acht Jahre Haft, für Walter Meischberger und den teilgeständigen Peter Hochegger waren es sechs Jahre.
Während die Verurteilung Grassers wegen Beweismittelfälschung vom Obersten Gerichtshof (OGH) aufgehoben wurde, bestätigte der OGH die Schuldsprüche wegen Untreue und Geschenkannahme. Wie die Vorsitzende des OGH-Richtersenats, Christa Hetlinger, betonte, sind die Causen BUWOG und Terminal Tower Linz somit rechtskräftig.
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Das Höchstgericht reduzierte die Freiheitsstrafe für den Ex-Finanzminister von acht auf vier Jahre. Auch für Meischberger und Hochegger wurden die Freiheitsstrafen verkürzt.
Muss Grasser wirklich ins Gefängnis?
Ja, nach aktuellem Stand muss Grasser die über ihm verhängte Freiheitsstrafe grundsätzlich verbüßen. Grassers Haftstrafe liegt auch nach der Entscheidung des OGH deutlich über der Grenze von drei Jahren. Diese hätte dem Ex-Finanzminister eine bedingte bzw. teilbedingte Strafnachsicht ermöglicht.
So muss Grasser seine Haftstrafe absitzen, möglich ist jedoch, dass er etwa wegen guter Führung oder anderer Haftmilderungsgründe vorzeitig wieder freikommt.
Dasselbe gilt auch für Ex-FPÖ-Generalsekretär Walter Meischberger, dessen Strafausmaß vom OGH auf 3,5 Jahre halbiert wurde.
Kann Grasser noch Einspruch gegen das Urteil erheben?
Bereits unmittelbar nach der Entscheidung des OGH kündigte Grasser an, vor den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) zu ziehen und eine Beschwerde gegen das rechtskräftige BUWOG-Urteil zu erheben. Der Gang zum EGMR hat jedoch keine aufschiebende Wirkung. Der Ex-Finanzminister muss somit definitiv in Haft.
Wie lange das Verfahren vor dem EGMR dauert, ist im Vorhinein grundsätzlich schwer zu sagen. Der EGMR weist auf seiner Webseite jedoch darauf hin, dass der Gerichtshof bemüht ist, "sich innerhalb von 3 Jahren mit der Beschwerde zu befassen. Manche Verfahren dauern jedoch länger, manche kürzer".
Es besteht also durchaus die Möglichkeit, dass sich der EGMR erst mit der Causa Grasser befasst, nachdem dieser seine gesamte Haftstrafe bereits abgesessen hat.
Wann muss der Ex-Finanzminister in Haft?
Der Akt wandert nach dem Gerichtstag im OGH nun wieder zurück zum Wiener Landesgericht für Strafsachen. Dies könnte laut Experten aufgrund des Umfangs mehrere Wochen dauern. Sobald die Akte im Landesgericht eintrifft, erstellt der zuständige Richter eine Endverfügung für die rechtskräftig abgeschlossenen BUWOG- und Terminal Tower-Aktenteile.
Grasser bleibt währenddessen noch auf freiem Fuß. Die Endverfügung wird dem Ex-Finanzminister zusammen mit einer Aufforderung zum Strafantritt übermittelt. Verurteilte, die sich wie Grasser und Meischberger noch auf freiem Fuß befinden, müssen die Strafe innerhalb eines Monats nach Zustellung antreten.
Muss Grasser wirklich die ganze Strafe absitzen?
Da das Urteil rechtskräftig ist, wird dieses auch vollzogen. Grasser wird seine Haftstrafe daher auch antreten müssen, betonte Strafrechtsexperte Robert Kert, Professor an der Wirtschaftsuniversität Wien (WU), im Gespräch mit PULS 24.
Dass Grasser auch tatsächlich die vollen vier Jahre absitzen muss, kann hingegen bezweifelt werden. Wie Kert erklärte, können Verurteilte frühestens nach der Hälfte ihrer Haftzeit eine bedingte Entlassung aus ihrer Freiheitsstrafe beantragen. Voraussetzung dafür ist, dass anzunehmen ist, dass sie trotz vorzeitiger Entlassung nicht wieder straffällig werden.
Video: Grasser: "Verletzung meiner Menschenrechte"
Ein Häftling wird jedoch spätestens nach zwei Dritteln der im Urteil verhängten Freiheitsstrafe entlassen, solange nicht zu befürchten ist, dass er wieder straffällig wird.
Kann Grasser eine Fußfessel beantragen?
Grundsätzlich können Strafgefangene beantragen, ihre Strafe unter elektronisch überwachtem Hausarrest zu verbüßen. Mit einer Fußfessel können sie sich in ihrer Unterkunft aufhalten und einer geeigneten Beschäftigung nachgehen.
In Grassers Fall ist die Fußfessel allerdings noch kein Thema, Kert im Gespräch mit PULS 24 betonte. Ein Antrag darauf kann erst bewilligt werden, wenn die verbleibende Haftzeit zwölf Monate nicht übersteigt.
Grasser könnte die Fußfessel somit erst nach drei Jahren bewilligt werden. Sollte sich allerdings abzeichnen, dass der Ex-Finanzminister nach zwei Jahren bedingt entlassen wird, könnte ihm die Fußfessel bereits nach einem Jahr Haft bewilligt werden.
Muss der Ex-Finanzminister noch einmal vor Gericht?
Nachdem der OGH Grassers Verurteilung wegen Beweismittelfälschung gekippt hat, wandert der Verfahrenskomplex nun wieder zurück an das Wiener Straflandesgericht, das den Ex-Finanzminister 2020 erstinstanzlich verurteilt hatte.
Ob es zu einem neuen Teilverfahren kommen wird, hängt laut Kert von der Staatsanwaltschaft ab. Angesichts der rechtskräftigen Verurteilung Grassers könnte sich die Staatsanwaltschaft theoretisch auch dazu entscheiden, die Anklage fallenzulassen.
Video: Der Fall Grasser: Mehr als nur ein Urteil
Zusammenfassung
- Der Oberste Gerichtshof (OGH) hat die Schuldsprüche in der Causa BUWOG weitgehend bestätigt.
- Damit ist klar: Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser muss für vier Jahre ins Gefängnis.
- Doch wann tritt er seine Haftstrafe an, wie lange muss er tatsächlich sitzen – und welche rechtlichen Optionen bleiben ihm? PULS 24 liefert die Antworten.