Wahl in Spanien ohne klaren Sieger - Wiederholung möglich
Im linken Lager sieht es nicht viel besser aus: Der bisherige sozialistische Regierungschef Pedro Sánchez hätte mit Hilfe mehrerer kleinerer Parteien zwar rechnerisch eine Mehrheit - tatsächlich ist es aber sehr unwahrscheinlich, dass es zur Neuauflage seiner Koalitionsregierung kommt. Jetzt wird schon über eine abermalige Neuwahl spekuliert.
Sánchez (51) würde auch die Unterstützung der katalanischen Separatisten-Partei Junts des früheren Regional-Regierungschefs Carles Puigdemont benötigen, was als unwahrscheinlich gilt. Eine große Koalition zwischen PP und PSOE gilt wegen der starken Polarisierung der beiden Lager als ausgeschlossen. Der viertgrößten Volkswirtschaft der EU, die noch bis Jahresende die Ratspräsidentschaft innehat, steht damit wohl eine lange Hängepartie bevor - und womöglich eine weitere Wahl.
Trotz geringer Aussichten reklamierte PP-Spitzenkandidat Alberto Núñez Feijóo (61) in der Wahlnacht das Amt des Regierungschefs für sich. "Ich übernehme die Aufgabe, Verhandlungen zur Bildung einer Regierung aufzunehmen", sagte er unter dem Jubel Tausender Anhänger in Madrid. Obwohl sich die PP um 47 Sitze auf 136 Sitze verbessern konnte, liegt die Mehrheit von 176 Sitzen in weiter Ferne. Auch mit den 33 Sitzen der Rechtsaußenpartei Vox reicht es nicht: Im Parlament fehlen für das angedachte Rechtsbündnis sieben Mandate.
Der sozialistische Ministerpräsident Sánchez erwies sich erneut als politischer Überlebenskünstler. Nach der schweren Schlappe der linken bei den Regional- und Kommunalwahlen im Mai, in deren Folge er die Wahlen vorgezogen hatte, konnte seine PSOE zwei Sitze hinzugewinnen. Künftig ist sie mit 122 Abgeordneten im Parlament vertreten. "Der Block des Rückschritts aus PP und Vox ist gescheitert", sagte Sánchez mit einiger Erleichterung. "Wir, die Spanien nach vorne bringen wollen, sind viel mehr."
Die Vox-Partei, die 19 Sitze verlor, stellte gleich in der Wahlnacht klar, dass ihre Unterstützung für Feijóo einen Preis hat. Man werde keine Stimmen "verschenken", sagte Vox-Generalsekretär Ignacio Garriga. Parteichef Santiago Abascal machte Feijóo für das schlechte Abschneiden des rechten Lagers verantwortlich, weil die Konservativen um Unterstützung aus dem linken Lager gebuhlt habe.
SPÖ-EU-Delegationsleiter Andreas Schieder erklärte am Montag in einer Aussendung: "Der Rechtsruck in Europa hat bereits weite Kreise gezogen - von Schweden bis Italien regieren rechte Parteien auf nationaler Ebene mit. Das ist einzig und allein der Verdienst der konservativen Parteien, die sich entschieden haben, rechte Koalitionspartner mit ins Boot zu holen und die Brandmauer nach rechts zum Einsturz zu bringen." Dieselbe Taktik sei jetzt in Spanien getestet worden, so Schieder weiter - dieser Versuch sei zum Glück auf den letzten Metern gescheitert. Unter einer Regierung mit der Vox-Partei würden dunkle Zeiten nicht nur für Spanien, sondern für ganz Europa hereinbrechen.
Der italienische Außenminister und Vizepremier Antonio Tajani hat Alberto Núñez Feijóo indessen gratuliert. "Herzlichen Glückwunsch an Alberto Núñez Feijóo und die Freunde der Volkspartei, die mit mehr als acht Millionen Stimmen wieder die führende Partei in Spanien ist", twitterte Tajani am Montag.
Am Sonntag wurden neben dem Unterhaus "Congreso de los Diputados" auch Teile des Senats neu gewählt. In Spanien spielt das Oberhaus bei der Regierungsbildung aber keine Rolle. Die Wahl des Parlaments war eigentlich erst für Ende des Jahres vorgesehen. Sánchez hatte sie aber nach dem Debakel der linken Parteien bei den Regionalwahlen vom 28. Mai vorgezogen.
Zusammenfassung
- Spanien steht nach der vorgezogenen Parlamentswahl vor einer schwierigen Regierungsbildung.
- Die oppositionelle konservative Volkspartei (PP) wurde am Sonntag zwar stärkste Kraft, verfehlte aber die absolute Mehrheit klar und kann auch zusammen mit der rechtspopulistischen Vox nicht regieren.
- Die Vox-Partei, die 19 Sitze verlor, stellte gleich in der Wahlnacht klar, dass ihre Unterstützung für Feijóo einen Preis hat.