Von der Leyen besucht zum Jahrestag des Ukraine-Kriegs Kiew
Voraussetzung sei, dass die Regierung in Kiew die Reformen mit dem gegenwärtigen Tempo und Sorgfalt fortsetzt, sagte von der Leyen vor Journalisten in der ukrainischen Hauptstadt. EU-Ratspräsident Antonio Costa nannte einen etwaigen Beitritt zur Gemeinschaft die wichtigste Sicherheitsgarantie für die Zukunft der Ukraine.
Spitzenpolitiker zahlreicher Verbündeter waren als Zeichen der Solidarität in die ukrainische Hauptstadt gereist. Russlands Präsident Wladimir Putin "wird uns keinen Frieden geben oder ihn uns im Austausch für etwas geben", sagte Selenskyj. "Wir müssen den Frieden durch Stärke, Weisheit und Einheit gewinnen." Er würdigte zudem den "Widerstand" seines Landes gegen Russland und dankte allen, die die Ukraine "verteidigen und unterstützen".
Zur Unterstützung des Ukraine kamen am Montag zahlreiche Spitzenpolitiker westlicher Verbündeter nach Kiew, darunter EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen. "In diesem Überlebenskampf steht nicht nur das Schicksal der Ukraine auf dem Spiel. Es ist Europas Schicksal", sagte sie.
"Der Krieg in der Ukraine bleibt die zentralste und folgenschwerste Krise für die Zukunft Europas", betonte von der Leyen später. Putins Ziel bleibe "die Kapitulation der Ukraine." Von der Leyen kündigte Hilfen in Höhe von 3,5 Milliarden Euro für die Ukraine an.
Die EU-Außenbeauftragte Kaja Kallas rechnet bis Anfang März mit einem weiteren, vorgezogenen Ukraine-Hilfspaket der Europäer. Sie sprach am Montag nach einer Diskussion der Außenminister in Brüssel von "breiter Unterstützung" bei den Mitgliedsländern. Details sollen demnach auf einem EU-Sondergipfel am 6. März beschlossen werden.
Putin gab vor drei Jahren Invasionsbefehl
Der russische Machthaber Wladimir Putin hatte vor drei Jahren, am 24. Februar 2022, einen groß angelegten Angriffskrieg gegen die Ukraine gestartet. Dies löste den größten Konflikt in Europa seit dem Zweiten Weltkrieg aus. Zehntausende Soldaten auf beiden Seiten wurden ebenso getötet wie ukrainische Zivilisten. Auch drei Jahre später dauert der Krieg immer noch unerbittlich an.
Der dritte Jahrestag stand vor allem auch unter dem Eindruck der Kehrtwende der USA. Präsident Donald Trump drängt auf ein schnelles Ende des Konflikts und stellt die bisherigen US-Hilfen für die Ukraine in Frage. Die USA hatte jüngst auf hoher Ebene Gespräche mit Russland über eine Beendigung des Krieges aufgenommen, ohne dass Vertreter der Ukraine oder der EU mit am Tisch saßen.
Einen NATO-Beitritt der Ukraine und die Wiederherstellung der territorialen Integrität des Landes schlossen die USA schon vor Verhandlungsbeginn aus. Bei der Ukraine und ihren Unterstützern in Europa löste das Vorgehen der neuen US-Regierung scharfe Kritik und die Befürchtung aus, von Verhandlungen ausgeschlossen zu werden.
Moskau sieht sich im Aufwind Trumps
Russlands Außenminister Sergej Lawrow machte unterdessen ein für sein Land zufriedenstellendes Waffenruhe-Abkommen zur Bedingung für ein Ende der Kämpfe. "Wir werden die Kampfhandlungen erst beenden, wenn die Verhandlungen ein stabiles und nachhaltiges Ergebnis hervorbringen, das Russland zufriedenstellt", sagte er. Russland fordert die Kapitulation der ukrainischen Armee, das Abtreten ukrainischer Gebiete, die Russland besetzt hält, und eine Absage der Ukraine an eine künftige NATO-Mitgliedschaft.
Kreml-Sprecher Dmitri Peskow warf Europa zudem Kriegstreiberei vor. "Die Europäer verfolgen weiter den Weg (...) ihrer Überzeugung, den Krieg weiterführen zu müssen", sagte er. Die USA hingegen seien an einer Einigung interessiert. Aus Europa hatte es scharfe Kritik gegeben, dass die USA einen zu pro-russischen Kurs einschlagen.
Neue EU-Sanktionen gegen Russland
Die EU verhängte unterdessen neue Sanktionen gegen Russland. Das 16. Sanktionspaket der EU umfasst unter anderem ein Importverbot für Aluminium und ein härteres Vorgehen gegen die sogenannte Schattenflotte, mit deren Hilfe Moskau das Ölembargo umgeht. Auch die britische Regierung erließ neue Sanktionen. Auch Großbritannien brachte neue Sanktionen auf den Weg.
Neben von der Leyen und EU-Ratspräsident António Costa reisten heute auch noch zahlreiche westliche Staats- und Regierungschefs nach Kiew: Wie in Onlinenetzwerken zu sehen war, handelte es sich um die Ministerpräsidenten bzw. Präsidenten von Kanada, Dänemark, Estland, Finnland, Island, Litauen, Lettland, Norwegen, Spanien und Schweden. Nach Angaben des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj wurden insgesamt 13 Staats- und Regierungschefs in Kiew erwartet, weitere 24 sollten per Video zu einem Treffen zugeschaltet werden, darunter der deutsche Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier.
Von der Leyen wurde von rund 20 EU-Kommissaren begleitet. Zu ihrer Ankunft in Kiew schrieb sie auf der Plattform X: "Wir sind heute in Kiew, weil die Ukraine Europa ist. In diesem Überlebenskampf steht nicht nur das Schicksal der Ukraine auf dem Spiel. Es ist Europas Schicksal."
Hilfszahlungen früher als geplant
Von der Leyen kündigte laut einer im Voraus veröffentlichten Rede in Kiew an, dass bereits im März weitere 3,5 Milliarden Euro an das von Russland angegriffene Land überwiesen werden. Das Geld ist ein Darlehen, das mit Zinserträgen aus der Verwahrung von eingefrorenem Staatsvermögen Russlands zurückgezahlt wird.
"Europa ist hier, um die Ukraine in diesem entscheidenden Moment zu stärken", sagt von der Leyen demnach. Der Krieg bleibe die zentrale und folgenschwerste Krise für die Zukunft Europas.
Von der Leyen warnt vor Putin
"Putin versucht mehr denn je, diesen Krieg am Boden zu gewinnen. Sein Ziel bleibt die Kapitulation der Ukraine", heißt es in dem Redetext. Wenn Putin dies gelingen sollte, könnte er nach Einschätzung von Deutschlands früherer Verteidigungsministerin auch andere Länder angreifen. "Es steht nicht nur das Schicksal der Ukraine auf dem Spiel. Es ist das Schicksal Europas", warnt sie.
Mit Blick auf die Gespräche von Trump mit Putin heißt es in dem Text, Autokraten auf der ganzen Welt beobachteten genau, ob man ungeschoren davonkomme, wenn man seinen Nachbarn überfalle und internationale Grenzen verletze. Oder ob es eine echte Abschreckung gebe. Deswegen sei eine Investition in die Souveränität der Ukraine eine Investition in die Verhinderung künftiger Kriege.
Wiederaufbau zerstörter Energiesysteme
Das frische Geld wird die Ukraine nach Kommissionsangaben zum Beispiel für den Wiederaufbau zerstörter Energiesysteme und für Investitionen in ihre Verteidigung nutzen können. Es ist Teil einer Initiative der G7-Gruppe der großen demokratischen Industrienationen, die bis 2027 insgesamt neue Hilfszahlungen in Höhe von rund 45 Milliarden Euro vorsieht. Spanien will die Ukraine heuer mit einem neuen Militärhilfspaket im Umfang von einer Milliarde Euro unterstützen, wie Ministerpräsident Pedro Sánchez in Kiew ankündigte.
Zusammenfassung
- Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj fordert am dritten Jahrestag des Krieges einen echten Frieden, während Ursula von der Leyen einen EU-Beitritt der Ukraine vor 2030 als möglich ansieht.
- EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen kündigt ein Hilfspaket von 3,5 Milliarden Euro für die Ukraine an, das im März ausgezahlt werden soll.
- Zahlreiche westliche Spitzenpolitiker, darunter von der Leyen, reisten nach Kiew, um ihre Solidarität mit der Ukraine zu bekunden.
- Die USA führen Gespräche mit Russland über eine Beendigung des Krieges, ohne die Ukraine oder die EU einzubeziehen, was Kritik aus Europa hervorruft.
- Die EU verhängt neue Sanktionen gegen Russland, darunter ein Importverbot für Aluminium, um den Druck auf Moskau zu erhöhen.