UNO: Ungleichheit in der Welt so groß wie lange nicht
Die ärmsten 20 Prozent der Weltbevölkerung hätten mit der Corona-Pandemie die größten Einkommenseinbußen erlitten, sagte Bachelet am Montag zum Auftakt der Sitzung des UNO-Menschenrechtsrats in Genf. Die Ungleichheit in der Welt sei nach einer Studie so groß wie seit mehr als 100 Jahren nicht mehr.
Keine zweite Amtszeit
Bachelet teilte am Montag überraschend auch mit, dass sie sich nicht für eine zweite Amtszeit bewirbt. Das Mandat der 70-jährigen Chilenin läuft im August ab. Sie machte persönliche Gründe dafür geltend. "Ich bin schließlich keine junge Frau mehr", sagte die 70-Jährige Ärztin und ehemalige Präsidentin von Chile. "Nach einer langen und reichhaltigen Karriere will ich zu meiner Familie und in mein Land zurückkehren."
Bachelet wies Spekulationen zurück, dass der Rückzug mit ihrer jüngsten scharf kritisierten Reise im Mai nach China zu tun habe. Sie habe UN-Generalsekretär António Guterres bereits vor zwei Monaten - also vor der Reise nach China - mitgeteilt, dass sie für eine zweite Amtszeit nicht zur Verfügung stehe, sagte Bachelet. Sie bestätigte, dass ein seit langem zurückgehaltener Bericht ihres Büros über die Lage in Xinjiang noch vor Ablauf ihrer Amtszeit veröffentlicht werden soll.
Schuldenberge als großes Problem
Ärmere Länder ächzten unter großen Schuldenbergen, sagte Bachelet. Entwicklungsländer müssten in diesem Jahr mehr als 300 Milliarden Dollar (283,61 Mrd. Euro) allen dafür aufbringen, Darlehen zu bedienen; Geld, das fehle, um in ihre Entwicklung zu investieren. Zur Bewältigung der Schuldenkrise müssten neue Lösungen gefunden werden. Sie rief reiche Länder auf, ihre Anstrengungen verdoppeln, um 0,7 Prozent der Wirtschaftsleistung für die internationale Zusammenarbeit bereitzustellen. Deutschland hat dieses Ziel nach Angaben des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit nach vorläufigen Berechnungen 2021 erreicht.
Schlimme Entwicklungen weltweit
Bachelet erwähnte zahlreiche Länder mit Besorgnis erregenden Entwicklungen. Sie sprach über die verheerenden Folgen des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine und die weltweiten Folgen. Sie kritisierte die Verhaftung von Kriegsgegnern in Russland und die Einschränkung der Presse- und Redefreiheit. Bei ihrer kürzlichen Reise nach China habe sie Sorge über die Internierung von Uiguren und anderen muslimischen Minderheiten in Xinjiang und Menschenrechtsverletzungen gegen sie zur Sprache gebracht.
Die Hochkommissarin kritisierte Prozesse gegen Regierungskritiker in der Türkei wie Osman Kavala. Sie verlangte von Israel eine lückenlose Aufklärung über den Fall der vor einigen Wochen im Westjordanland getöteten Journalistin Shirin Abu Akle. Sie sei besorgt über Pläne der britischen Regierung, die Menschenrechtsgesetze zu beschneiden.
Neuer Mariupol-Bericht
Im Lauf der Woche will Bachelet ausführlich über die Lage in der von Russland eingenommenen ukrainischen Stadt Mariupol berichten. Die 47 Mitglieder des Rates erörtern in den kommenden vier Wochen die Menschenrechtslage in aller Welt. Die im Rat vertretenen Länder werden für jeweils drei Jahre von der UNO-Vollversammlung gewählt. Der Rat kann Verstöße anprangern und Untersuchungen beschließen. Konkrete Mittel, Menschenrechtsverletzungen abzustellen, hat er nicht.
Zusammenfassung
- Angesichts der weltweit wachsenden Armut hat die UNO-Hochkommissarin für Menschenrechte, Michelle Bachelet, die reichen Länder zu mehr Entwicklungshilfe aufgefordert.
- Die Ungleichheit in der Welt sei nach einer Studie so groß wie seit mehr als 100 Jahren nicht mehr.
- Zur Bewältigung der Schuldenkrise müssten neue Lösungen gefunden werden.
- Die im Rat vertretenen Länder werden für jeweils drei Jahre von der UNO-Vollversammlung gewählt.