Ungarn: Rekordstrafe für Buchhändler wegen LGBTQI*-Jugendbuchs
Der Buchvertrieb Lira wurde mit einer Strafe von 12 Millionen Forint (32.000 Euro) belegt. Es sei die höchste Strafe, die je gegen ein Buchhandelsunternehmen verhängt wurde, sagte der Kreativ-Direktor des Buchvertriebs Lira, Krisztian Nyary, am Freitag.
Die Strafe bezieht sich auf das Jugend-Comicbuch "Heartstopper" von Alice Oseman, von dem Lira eine ungarische Übersetzung im Angebot hat. Das für Jugendliche ab 14 Jahren empfohlene Buch handelt von zwei Teenager-Buben, die sich ineinander verlieben.
Buchhandlung will gegen Klage vorgehen
Seit zwei Jahren gilt in Ungarn ein sogenanntes "Kinderschutzgesetz", das Homosexualität fälschlicherweise mit Pädophilie gleichsetzt. Es schreibt Buchhandlungen vor, dass Bücher, die Homosexualität, Transsexualität, Geschlechtsanpassungen oder "Sexualität aus Selbstzweck" ansprechen, nicht in der Abteilung für Jugendbücher angeboten werden dürfen. Zudem müssen sie in Folie verpackt werden, damit darin nicht geblättert werden kann.
Das Buchhandlungsunternehmen Lira werde den Strafbescheid mit allen rechtlichen Mitteln bekämpfen, sagte Nyary. Bisher habe man Bücher mit LGBTI-Thematik weder abgesondert verkauft noch in Folie verpackt. Denn: "Wir hielten dieses Gesetz mit seinen allgemeinen Bestimmungen für unanwendbar", so Nyary. Zwei Jahre lang sei auch nichts passiert.
EU: Ungarn verstoße gegen Grundrechte
In den vergangen Tagen begann Ungarns größte Buchhandelskette, Libri, Bücher, die unter das Anti-LGBTQI*-Gesetz fallen könnten, in Folie zu verpacken. Vor wenigen Wochen erwarb eine regierungsnahe Stiftung einen Mehrheitsanteil an dem Unternehmen.
Die EU-Kommission hatte Ungarn Ende des vergangenen Jahres wegen des "Kinderschutzgesetzes" vor dem Europäischen Gerichtshof verklagt. Unter anderem sieht sie die Informationsrechte von Jugendlichen eingeschränkt, was gegen EU-Grundrechte verstoßen würde.
Zusammenfassung
- Eine ungarische Buchhandelskette soll ein Comic-Buch mit LGBTQI*-Thematik im Angebot gehabt haben.
- Das Regierungsamt in Budapest verhängte am Freitag eine Geldstrafe in Höhe von 32.000 Euro.
- Der Verlag will gegen die Rekordstrafe vorgehen.