Türkei stoppt Handel mit Israel
Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan sei ein "antisemitischer Diktator", der mit dem Handelsboykott gegen internationales Seerecht verstoße und globale Lieferketten unterbreche, schrieb der israelische Wirtschaftsminister Nir Barkat am Freitag auf der Plattform X, vormals Twitter. "Wir erwarten, dass die OECD wegen der wahnhaften Entscheidung Erdogans, die der gesamten europäischen Wirtschaft schadet, gegen die Türkei vorgeht", fügte er hinzu. "Erdogan bricht Vereinbarungen, indem er Häfen für israelische Importe und Exporte blockiert", schrieb Außenminister Israel Katz auf X.
Laut dem türkischen Handelsminister Omer Bolat wird die Türkei den Handelsstopp so lange aufrecht erhalten, bis ein Waffenstillstand im Gaza-Krieg sichergestellt ist. Zudem müssten Hilfsgüter ungehindert in den Gazastreifen gelangen, sagte Bolat am Freitag. Israels unversöhnliche Haltung und die sich verschlechternde Situation in dem Palästinenser-Gebiet hätten die Türkei zu dem Handelsstopp mit Israel veranlasst.
Erdogan selbst verteidigte die Maßnahme ebenfalls am Freitag. Man habe sich angesichts des Vorgehens Israels im Gazastreifen "nicht weiter gedulden" können, sagte er. Erdogan hatte den israelischen Militäreinsatz im Gazastreifen wiederholt scharf kritisiert und Israel "Völkermord" an den Palästinensern vorgeworfen. Die Entscheidung jetzt ist auch vor dem Hintergrund politischer Auseinandersetzungen innerhalb der Türkei zu sehen. Verschiedene Oppositionsparteien kritisieren die regierende AKP seit Monaten dafür, weiter Handel mit Israel zu betreiben. Beobachter gehen davon aus, dass Erdogans Partei auch darum erstmals in ihrer Geschichte als nur zweitstärkste Kraft aus den Kommunalwahlen Ende März hervorgegangen ist.
Über den Handelsstopp hatte zunächst der Finanzdienst Bloomberg berichtet. Mit der Entscheidung verschärfen sich die ohnehin starken Spannungen zwischen den beiden Ländern weiter. Anfang April hatte die Türkei bereits Exportbeschränkungen für bestimmte Güter im Handel mit Israel erlassen. Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan hatte den israelischen Militäreinsatz im Gazastreifen wiederholt scharf kritisiert und Israel "Völkermord" an den Palästinensern vorgeworfen.
Katz schrieb mit Blick auf Erdogan weiter: "Auf diese Weise verhält sich ein Diktator, die Interessen des türkischen Volkes und der Geschäftsleute missachtend." Zudem ignoriere Ankara internationale Handelsabkommen. Israel wolle Alternativen zum Handel mit der Türkei schaffen, mit Hilfe lokaler Produktion und Importen aus anderen Ländern. "Israel wird daraus mit einer starken und kühnen Wirtschaft hervorgehen."
Am Mittwoch hatte die Türkei mitgeteilt, man wolle sich der von Südafrika angestrengten Völkermord-Klage gegen Israel anschließen. Man werde noch die juristischen Details zu dem Antrag beenden. Ende Dezember hatte Südafrika Israel vor dem Internationalen Gerichtshof wegen angeblich im Gazakrieg begangener Verstöße gegen die Völkermordkonvention verklagt. Das UNO-Gericht verfügte in einem einstweiligen Entscheid, Israel müsse Schutzmaßnahmen ergreifen, um einen Völkermord zu verhindern.
Israel hat Völkermord-Vorwürfe wiederholt zurückgewiesen. Das Land beruft sich nach den Massakern der islamistischen Hamas und anderer extremistischer Palästinenser-Organisationen am 7. Oktober 2023 auf das Recht auf Selbstverteidigung.
Der Handel zwischen Israel und der Türkei hatte im Jahr 2023 einen Wert von 6,8 Milliarden Dollar (6,34 Mrd. Euro), wovon 76 Prozent auf türkische Exporte entfielen, wie Bloomberg unter Berufung auf das türkische Statistikamt weiter berichtete.
Die in Paris ansässige OECD vereint 38 Länder, die sich zu Demokratie und Marktwirtschaft bekennen. Die Türkei zählt neben Deutschland, den USA und weiteren 17 Ländern zu den Gründungsmitgliedern der seit 1961 bestehenden Organisation. Israel gehört seit 2010 zur OECD.
Zusammenfassung
- Die Türkei hat den gesamten Handel mit Israel eingestellt, um auf die israelischen Angriffe im Gazastreifen zu reagieren. Dies hat zu starken Spannungen zwischen den beiden Ländern geführt.
- Der türkische Präsident Erdogan wird von israelischen Beamten als 'antisemitischer Diktator' kritisiert, der internationales Seerecht verletzt. Israel hat bei der OECD eine Beschwerde gegen die Türkei eingereicht.
- Der Handelsstopp ist auch vor dem Hintergrund politischer Auseinandersetzungen in der Türkei zu sehen. Die regierende AKP hat in den Kommunalwahlen an Popularität verloren, was die Entscheidung beeinflusst haben könnte.