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Tod von Hamas-Führer: Angst vor Vergeltung und um Geisel-Deal

Der Tod des Hamas-Anführers Ismail Haniyeh, offenbar durch einen Angriff Israels, sorgte international für Entrüstung und wirft Zweifel über ein Geisel-Abkommen zwischen der Hamas und Israel auf. In beiden Ländern herrscht Angst - nicht nur wegen eines möglichen Scheiterns des Deals, sondern auch vor den Konsequenzen.

Als "Donnerschlag" empfinden Bewohner des Gazastreifens wie Wael Qudayh den Tod des Hamas-Anführers Ismail Haniyeh bei einem mutmaßlich israelischen Angriff in Teheran. "Die Nachricht war ein Schock für uns, als wir aufgewacht sind", sagt der 35-Jährige aus Deir al-Balah.

In Israel herrscht am Mittwoch eine andere Stimmungslage. Zu Genugtuung über den Tod des Hamas-Politbüro-Chefs mischt sich aber auch Angst vor den Konsequenzen für die israelischen Geiseln im Gazastreifen.

"Gefährdet die Möglichkeit auf Geisel-Abkommen" 

Auf beiden Seiten fragen sich die Menschen, wie nun die Verhandlungen über ein Ende des Gaza-Kriegs fortgesetzt werden können. "Das war ein Irrtum, denn das gefährdet die Möglichkeit eines Abkommens über die Geiseln", sagt Anat Noy, die im nordisraelischen Haifa lebt, über die Tötung Haniyehs.

"Wir sind mit einem Gefühl der Angst in unseren Herzen aufgewacht, weil die Lage sich noch weiter verschlimmern könnte", beschreibt Noy die Stimmung in ihrem Umfeld. Avi Ben-Ishai wünscht zwar der "gesamten Hamas-Führung" das gleiche Schicksal wie Haniyeh, dennoch könne er sich über dessen Tod nicht wirklich freuen. Die Israelis könnten erst "glücklich sein, wenn die Geiseln zu uns zurückkehren", sagt er.

Der Tod von Haniyeh wurde am Mittwoch von der Hamas und der iranischen Führung verkündet. Der Hamas-Anführer sei bei einem nächtlichen israelischen Angriff auf seine Bleibe in Teheran gestorben, hieß es. Der Iran und der bewaffnete Arm der Hamas drohten Israel Vergeltung an.

Israelis wie die 25-jährige Shahar Binyamini aus Tel Aviv befürchten nun vermehrte Angriffe der Hamas sowie der libanesischen Hisbollah-Miliz auf ihr Land.

Ohne auf Haniyehs Tod einzugehen, erklärte das Forum der Geisel-Angehörigen am Mittwoch, dies sei "der Moment, ein Abkommen zu schließen". Die Regierungen Israels und anderer Länder müssten die Verhandlungen über die Geiselfreilassungen "entschieden" vorantreiben.

Doch die Tötung Haniyehs könnte das Gegenteil bewirken. "Als Chef der Hamas-Bewegung hat er die Verhandlungen der Bewegungen geführt", hebt etwa der Gazastreifen-Bewohner Ahmed Wishah hervor. Die Nachricht von Haniyehs gewaltsamem Tod habe ihn daher "überrascht".

Video: Israel tötete Hamas-Anführer

Noch deutlicher wird der katarische Regierungschef Scheich Mohammed bin Abdulrahman Al Thani, dessen Land bei den indirekten Verhandlungen zwischen Israel und der Hamas zu den Vermittlern gehört. Es stelle sich nun die Frage, "wie Vermittlung gelingen kann, wenn eine Partei den Verhandler der anderen Seite ermordet", schrieb er im Onlinedienst X.

Die Palästinenser, mit denen AFP gesprochen hat, sehen in Haniyeh nun einen "Märtyrer". "Das erhofft sich jeder Palästinenser (...): Ein Märtyrer bei der Verteidigung seines Landes zu werden", sagt etwa der 38-jährige Mohammed Farwana aus Khan Younis im Süden des Gazastreifens.

Ermordung beweise, "wir haben keine Beschützer" 

Auch im anderen Palästinensergebiet Westjordanland löst Haniyehs Tod Entrüstung und Solidarität aus. Die "Ermordung von Ismail Haniyeh im Iran beweist, dass wir, das palästinensische Volk, keinen Beschützer haben, dass unser Blut nichts wert ist", sagt etwa der 45-jährige Hossam Abdel Razek in Ramallah.

Die palästinensischen Bewegungen im Westjordanland haben nach Haniyehs Tod gemeinsam zu einem Generalstreik aufgerufen. Aus den Ministeriumsgebäuden in Ramallah gehen in der Folge Angestellte auf die Straße, wie AFP-Reporter berichten. Hunderte Menschen versammeln sich zu einer Kundgebung. Auch in anderen Städten des Westjordanlands verlassen Menschen ihre Arbeitsplätze, Geschäfte bleiben geschlossen. Normaler Alltag ist unmittelbar nach Haniyehs Tod nicht möglich.

Die Hamas und mit ihr verbündete islamistische Kämpfer hatten am 7. Oktober einen beispiellosen Angriff auf Israel verübt. Sie töteten israelischen Angaben zufolge 1.197 Menschen und verschleppten 251 weitere als Geiseln in den Gazastreifen. 111 Geiseln werden immer noch dort festgehalten, 39 von ihnen sind offiziellen Angaben zufolge tot.

Die israelische Regierung hat es sich nicht nur zum Ziel gesetzt, alle Geiseln nach Hause zu holen, sondern auch die Hamas zu vernichten. Deshalb geht Israel massiv militärisch im Gazastreifen vor. Nach Angaben des von der Hamas geführten Gesundheitsministeriums wurden dabei im Gazastreifen schon mehr als 39.400 Menschen getötet.

ribbon Zusammenfassung
  • Der Tod des Hamas-Anführers Ismail Haniyeh, offenbar durch einen Angriff Israels, sorgte international für Entrüstung und wirft Zweifel über ein Geisel-Abkommen zwischen der Hamas und Israel auf.
  • In beiden Ländern herrscht Angst - nicht nur wegen eines möglichen Scheiterns des Deals, sondern auch vor den Konsequenzen.