"Tag der Arbeit": SPÖ und FPÖ stellen Führungsanspruch
In ihrer Rede attestierte Rendi-Wagner der türkis-grünen Bundesregierung Taten- und Planlosigkeit, sei es beim Pandemiemanagement oder bei der Teuerung. Es sei eine "Koalition des Stillstands, des Schweigens und der flotten Sprüche", kritisierte sie nicht zuletzt Vizekanzler Werner Kogler (Grüne), der der SPÖ unterstellt habe, bei der Teuerung Hysterie zu betreiben. Kanzler Karl Nehammer (ÖVP) ordnete sie als Masseverwalter des Scherbenhaufens ein, den Sebastian Kurz als Regierungschef zurückgelassen habe.
"Verlorene Jahre für Österreich"
Einmal mehr verlangte sie die Streichung der Mehrwertsteuer auf Lebensmittel, weniger Steuern auf Strom, Gas und Treibstoff, eine Senkung der Lohnsteuer sowie eine Erhöhung von Arbeitslosengeld und Pensionen. Auch Steuern für Millionenvermögen und Milliardenkonzerne verlangte sie.
"Es ist an der Zeit, unserem Land wieder eine andere Richtung zu geben", sagte die SPÖ-Chefin, denn man sehe an Wien, dass es einen Unterschied mache, wer das Land regiere. "Wenn ihr es nicht könnt, dann lasst es wenigstens uns machen, die Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten", stellte Rendi-Wagner für die SPÖ den Führungsanspruch. Die fünf Jahre in der Opposition seien fünf verlorene Jahre für Österreich gewesen, "und das tut sehr weh".
Die Harmonie zwischen Bundes- und Wiener Landespartei demonstrierte die SPÖ-Spitze nicht nur in Worten, sondern auch in Taten: Kaum hatte Rendi-Wagner das Wort ergriffen, setzte Regen ein. Ludwig griff daraufhin zu einem Regenschirm (im zweiten Anlauf sogar zu einem in der Farbe Rot) und schützte die Bundesparteichefin für den rest ihrer Rede vor dem Niederschlag. "Jetzt kann mir wirklich nichts passieren", freute sich Rendi-Wagner: "Der Bürgermeister Seite an Seite mit mir, was gibt es schöneres?"
Unterstützung für Parteichefin
Eklatante Unterschiede gab es bei der Wahrnehmung der Teilnehmer an der Kundgebung. Während die SPÖ von knapp 100.000 sprach, lagen die Polizeischätzungen bei 1.500 bis 2.000. Wie in der Vergangenheit waren Bezirksdelegationen, Teilorganisationen und Gewerkschaften mit Transparenten und begleitet von Musikkapellen und Trommlergruppen am Rathausplatz zur "größten politischen Kundgebung Österreichs" marschiert, wie Ludwig unterstrich. Er begrüßte Rendi-Wagner mit großer Freundlichkeit:. "Du merkst es, ich glaub ich muss es nicht extra betonen, wir, die SPÖ Wien, stehen voll hinter dir."
Man stehe vor großen Herausforderungen, die man nur gemeinsam meistern könne. "Ich bin sicher, dass in unserem Land vieles besser wird, wenn unsere Bundesparteivorsitzende nicht nur an der Spitze unserer Bewegung, sondern an der Spitze der Republik Österreich steht", sagte er.
Ludwig: "Habe Problem mit Putin"
In seinen Ausführungen pries der Bürgermeister die SP-regierte Bundeshauptstadt als Vorbild sozialer Politik; von den Corona-Maßnahmen, dem Ausbau des Gesundheits- und Pflegesektors, die Schulen, den Wohnbau bis zum Verkehr, wo man beim Preis von 365 Euro für das Öffi-Jahresticket bleiben werde.
Auch der Ukraine-Krieg kam zur Sprache. "Wir sind nicht neutral, wenn es darum geht, einen Angriffskrieg zu verurteilen", so Ludwig, der sich gegen "Geopolitik mit Waffengewalt" aussprach: "Ich habe kein Problem mit dem russischen Volk, habe kein Problem mit Puschkin, aber ich habe ein Problem mit Putin."
Auch FPÖ stellt Führungsanspruch
Auch die FPÖ kehrt zu ihrem mittlerweile traditionellen 1. Mai-Programm zurück. Bundesparteiobmann Herbert Kickl und Landesparteiobmann Manfred Haimbuchner teilten kräftig aus - gegen die Regierung, die Opposition, die EU und forderten eine neuerliche Regierungsbeteiligung der Freiheitlichen. "In Wahrheit wollen wir führen, eine freiheitliche Lokomotive braucht das Land", sagte Kickl bei seiner ersten Rede im Bierzelt.
Neben der Regierung - "diese Paarung aus Not und Elend" -, bedachte Kickl auch die Opposition - "das Feministinnen-Geschwader aus Pamela Joy und der bissigen Beate" mit Kritik. Interessant sei, wie wenig die Regierung, die "Entlastungsschwurbler", bei der Teuerung das Sagen habe. Es gebe in Österreich Millionen Teuerungsopfer. Die einzigen die laut gegen die "Öko-Gouvernante", die Umweltministerin, und das Treiben in die E-Mobilität, in die Armut auftreten würden, seien die Freiheitlichen.
Am Weg zum Regieren müsse man noch ein anderes Kapitel erledigen. "Her mit einem neuen Bundespräsidenten" und ab in den Ruhestand mit dem aktuellen. Ein freiheitlicher Kandidat müsse wach, vital, beweglich sein, ein großes Herz für Österreich haben und ein Gegengewicht zum politischen System sein. Die Freiheitlichen hätten gleich mehrere Personen, die das Anforderungsprofil erfüllen, "wir haben Manderln und Weiberln", aber "wir werden uns nicht zu früh in die Karten schauen lassen", gab Kickl die Strategie für die Bundespräsidentenwahl vor.
NEOS bestritten "Tag der Bildung"
Statt den "Tag der Arbeit" begingen die NEOS den "Tag der Bildung". Der Fokus dieses Jahr lag vor allem auf die Kindergärten. Bei einer Pressekonferenz am Sonntag sagte Bildungssprecherin Martina Künsberg Sarre, der Kindergarten solle "keine Betreuungs-, sondern die erste Bildungseinrichtung sein". Unterstützt wurden ihre Thesen von der Neurobiologin Isabella Sarto-Jackson.
"Wir glauben, dass der Kindergarten die Startrampe für unsere Kinder ist", so Künsberg Sarre. Kinder würden jeden Tag viel lernen und daraus würden viele Chancen entstehen. Um diese zu nutzen, brauche es aber ein entsprechendes Angebot, betonte die NEOS-Bildungssprecherin. Bei einer Tour durch die Bundesländer habe sie Einblicke in die Problemfelder bekommen: "Die Mitarbeitenden sind sehr motiviert, aber die Gruppen sind zu groß." Man müsse sich bemühen, die Pädagoginnen und Pädagogen im Beruf zu halten und gleichzeitig neues Personal zu gewinnen. Dazu braucht es laut Künsberg Sarre mehr finanzielle Mittel vom Bund.
Für Wiens Bildungsstadtrat Christoph Wiederkehr ist das quantitative Angebot an Kindergartenplätzen in der Hauptstadt bereits ausreichend. Nun ginge es darum, die Qualität zu verbessern. "Die Folgen guter Pädagogik für das weitere Leben sind massiv, investieren lohnt sich", sagte der Bildungsstadtrat. In Wien habe man die Stellen für Sprachförderung im Kindergarten erhöht. Ab September würden die Assistenzkräfte verdoppelt werden. Die Stadtregierung mit NEOS-Beteilung hätte also Maßnahmen ergriffen. Für große und langfristige Verbesserungen sieht aber auch Wiederkehr den Bund in der Verantwortung.
ÖVP fordert Förderung von Eigentumsbildung
Auch die ÖVP meldete sich am "Tag der Arbeit" mit einer politischen Botschaft: "Wer jeden Tag arbeiten geht, muss sich Eigentum leisten können", meinte Generalsekretärin Laura Sachslehner und kritisierte prompt das von den Wiener Roten stolz hochgehaltene Gemeindebau-Modell.
"Während die Bundesregierung im Regierungsprogramm Maßnahmen zur Förderung von Eigentumsbildung verankert hat, gibt es im roten Wien keinerlei Bestrebungen, den Anteil an Eigentumswohnen zu erhöhen", meinte Sachslehner. Das Gemeindebau-Modell der Stadt Wien ziele vielmehr darauf ab, die Wienerinnen und Wiener in Mietverträgen zu halten, ohne die Möglichkeit das bewohnte Objekt jemals zu erwerben. Mithilfe von gemeinnützigen Bauträgern müsse die Stadt stattdessen mehr gefördertes Eigentum anbieten und Miet-Kauf-Optionen im Gemeindebau etablieren.
Zusammenfassung
- Die Wiener SPÖ kann ihre traditionsreiche Kundgebung am 1. Mai heuer in voller Präsenz abhalten.
- Die Sozialdemokraten wandern am "Tag der Arbeit" aus ihren Heimatbezirken auf den Rathausplatz, wo sie dann Reden unter anderem von Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) und Parteichefin Pamela Rendi-Wagner lauschen können.
- Aber auch die ÖVP meldete sich am "Tag der Arbeit" mit einer politischen Botschaft: "Wer jeden Tag arbeiten geht, muss sich Eigentum leisten können", meinte Generalsekretärin Laura Sachslehner.
- "Während die Bundesregierung im Regierungsprogramm Maßnahmen zur Förderung von Eigentumsbildung verankert hat, gibt es im roten Wien keinerlei Bestrebungen, den Anteil an Eigentumswohnen zu erhöhen", meinte Sachslehner.
- Das Gemeindebau-Modell der Stadt Wien ziele vielmehr darauf ab, die Wienerinnen und Wiener in Mietverträgen zu halten, ohne die Möglichkeit das bewohnte Objekt jemals zu erwerben.
- Mithilfe von gemeinnützigen Bauträgern müsse die Stadt stattdessen mehr gefördertes Eigentum anbieten und Miet-Kauf-Optionen im Gemeindebau etablieren.