Steuerreform in Begutachtung geschickt
Die Einnahmen aus der CO2-Steuer sollen kumuliert bis 2025 rund fünf Mrd. Euro betragen, wobei sie 2022 nur rund eine halbe Mrd. ausmachen werden (da es sich nur um ein halbes Jahr handelt). Der CO2-Preis fließt - je nach Öffi-Erschließung - als regionaler Klimabonus an die Bevölkerung zurück. Es wird 2022 vier Stufen geben: Nur in Wien sind es 100 Euro, in allen anderen Gemeinden bekommt man 133, 167 oder 200 Euro pro Jahr und Person im ersten Jahr. Für Kinder gibt es die Hälfte des "Regionalen Klimabonus", Menschen mit Behinderungen, die eine Mobilitätseinschränkung haben, bekommen immer die volle Höhe. Ab 2026 soll es einen EU-weiten CO2-Emissionshandel für sämtliche Lebensbereiche geben.
Zu den erwarteten Auswirkungen auf die Umwelt heißt es in den Erörterungen, dass von der CO2-Bepreisung eine "signifikante Reduktion der Treibhausgasemissionen" erwartet werden könne. Laut einer Modellierung des Umweltbundesamtes soll die Maßnahme eine CO2-Reduktion von 4,5 Prozent im Jahr 2025 bringen.
Gegenüber der Präsentation der Steuerreform neu ist ein Preisstabilitätsmechanismus im nationalen Emissionshandelsgesetz, der ab 2023 gelten soll, wie das Finanzministerium bereits am Wochenende bekannt gab. Steigen die fossilen Energiepreise für private Haushalte im laufenden Jahr um mehr als 12,5 Prozent, so soll sich die Erhöhung des CO2-Preises im Folgejahr halbieren. Sinken die fossilen Energiepreise, wird die Erhöhung des CO2-Preises im Folgejahr um 50 Prozent gesteigert. Damit sei ein Mechanismus geschaffen worden, der Schwankungen der Energiepreise insbesondere für Privathaushalte abfedere, wurde erklärt.
Zusätzlich zum Klimaaspekt wird es zahlreiche Entlastungen geben, die sich bis 2025 auf 18 Milliarden Euro summieren. Sparmaßnahmen als Gegenfinanzierung sind nicht vorgesehen, die Bundesregierung geht davon aus, dass die Entlastungen durch zusätzliches Wachstum und Betriebsansiedlungen finanziert werden und dass gleichzeitig auch der Abbau der Staatsverschuldung möglich ist.
Die geplante Senkung der Lohnsteuer erfolgt stufenweise: Die 2. Einkommensstufe wird von 35 auf 30 Prozent ab Juli 2022 gesenkt, die 3. Einkommensteuerstufe von 42 auf 40 Prozent ab Juli 2023.
Der Familienbonus wird von 1.500 auf 2.000 Euro pro Kind und Jahr ab 1. Juli 2022 angehoben. Für kleine Einkommen werden die Krankenversicherungsbeiträge abgesenkt - und zwar um bis zu 1,7 Prozentpunkte der allgemeinen Beitragsgrundlage (je nach Einkommensstufe). Bei ASVG-Versicherten bedeutet dies beispielsweise, dass für Personen, deren monatliches Entgelt 1.100 Euro nicht übersteigt, der Beitragssatz von derzeit 3,87 Prozent auf 2,17 Prozent gesenkt wird. In der höchsten Stufe (zwischen 2.400 und 2.500 Euro) beträgt die Reduzierung noch 0,2 Prozentpunkte. Bei einem Verdienst über 2.500 Euro bleiben die Beiträge gleich.
Die gesamten Lohnnebenkosten sollen in Vollausbau der Steuerreform zu einer Entlastung des Faktors Arbeit um 4,7 Mrd. Euro und einer Senkung der Abgabenquote von 47,3 auf 46,2 Prozent führen. Unternehmen werden mittels Senkung der Körperschaftssteuer von 25 auf 23 Prozent bis 2024 (ein Prozent 2023 und ein Prozent 2024) um bis zu 700 Mio. Euro entlastet.
"In Zeiten, in denen viele europäische Länder über Steuererhöhungen diskutieren, senden Steuersenkungen, insbesondere für die Wirtschaft, ein starkes Signal aus", sagte Finanzminister Blümel in einer Stellungnahme zur APA. "Dadurch stärken wir die Attraktivität des Wirtschaftsstandortes Österreich und ziehen Investoren an."
Kritik kam am Montag von der Opposition: Die SPÖ bemängelte die "falsche Verteilungswirkung" der Steuerreform. Lohnsteuern würden neunmal stärker als Gewinnsteuern steigen, so SPÖ-Vizeklubobmann Jörg Leichtfried in einer Aussendung. Er verwies auf eine Analyse der Arbeiterkammer (AK) zur Verteilungswirkung der Reform (abrufbar unter https://awblog.at/budget-2022/). "Die Arbeitnehmer*innen leiden unter der Teuerung, Wohnen und Heizen werden zur extremen Belastung. Es wäre gerecht und wirtschaftlich absolut sinnvoll, jetzt rasch die Lohnsteuern spürbar zu senken und 1.700 Euro Monatseinkommen steuerfrei zu stellen", so Leichtfried. "Stattdessen macht die Regierung den Konzernen ein 1,5 Mrd. Euro teures Steuergeschenk."
Kritik kam am Montag auch von der FPÖ: "In Österreich steigen derzeit die Energiepreise massiv an und durch die geplante CO2-Steuer wird Energie ab 1. Juli 2022 nochmals verteuert. Jetzt eine Kopplung der CO2-Steuer an die Energiepreise und damit der Bevölkerung eine Preisreduktion 'vorzugaukeln', ist eine reine Augenauswischerei", sagte FPÖ-Budget- und Finanzsprecher Hubert Fuchs in einer Aussendung. Die "aus Marketinggründen neu erfundene CO2-Steuer" sei in Wirklichkeit "nichts anderes als eine verdeckte Mineralölsteuererhöhung".
Für die NEOS bringt die "angeblich größte Steuerreform aller Zeiten" weder "die dringend notwendige Entlastung" noch sei sie ökologisch. "Die Steuereinnahmen des Finanzministers werden in den kommenden Jahren deutlich stärker steigen, als die Einnahmen der Erwerbstätigen", so NEOS-Budget- und Finanzsprecherin Karin Doppelbauer gegenüber der APA. "Das ist ein Hohn für alle Menschen, die versuchen, sich durch harte Arbeit etwas aufzubauen." Bei der CO2-Bepreisung sei die Bundesregierung "zu mutlos", um einen Lenkungseffekt zu erzielen.
Freudig zeigte sich hingegen der Grüne Koalitionspartner. Die CO2-Bepreisung stelle einen "großen Schritt zu echter Kostenwahrheit im Steuersystem" dar, meinte etwa die Grüne Wirtschaftssprecherin Elisabeth Götze. Und der Grüne Budgetsprecher Jakob Schwarz hob hervor, dass durch den Klimabonus insbesondere auch Menschen mit kleineren Einkommen profitieren würden.
Zusammenfassung
- Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) hat am Montag die "ökosoziale" Steuerreform der türkis-grünen Regierung in die vierwöchige Begutachtung geschickt.
- Kernpunkt ist der Einstieg in die CO2-Bepreisung ab 1. Juli 2022.
- Im Gegenzug gibt es einen regional gestaffelten Klimabonus für die Bevölkerung.
- Der Einstiegspreis beträgt 30 Euro pro Tonne, er steigt bis 2025 auf 55 Euro.
- Bei einem Verdienst über 2.500 Euro bleiben die Beiträge gleich.