APA/APA (Archiv)/HELMUT FOHRINGER

SPÖ gegen "Minderheitenprogramm" bei Ethikunterricht

Die SPÖ spricht sich für einen Ethikunterricht für alle Schüler aus. Mit der von der Regierung geplanten Variante der Einführung des Fachs nur für vom Religionsunterricht Abgemeldete oder Konfessionslose verwirkliche man lediglich ein "Minderheitenprogramm", so Bildungssprecherin Sonja Hammerschmid am Montag.

Die SPÖ spricht sich für einen Ethikunterricht für alle Schüler aus. Mit der von der Regierung geplanten Variante der Einführung des Fachs nur für vom Religionsunterricht Abgemeldete oder Konfessionslose verwirkliche man lediglich ein "Minderheitenprogramm", so Bildungssprecherin Sonja Hammerschmid am Montag.

Laut einem derzeit in Begutachtung befindlichen Entwurf soll ab 2021/22 verpflichtend ab der neunten Schulstufe im Ausmaß von zwei Wochenstunden Ethikunterricht für jene Schüler stattfinden, die keinen Religionsunterricht besuchen. Begonnen werden soll im ersten Jahr nur mit den neunten Schulstufen, im Jahr darauf folgen die neunten und zehnten usw.

Hammerschmid verwies unter anderem auf gerade im Zuge der Coronakrise relevante Fragestellungen: "Ist es wirklich so, dass Sicherheit und Gesundheitsschutz die Einschränkung der Freiheitsrechte der Menschen rechtfertigen? Ist es wirklich so, dass Gesundheitsschutz es rechtfertigt, dass man ältere Menschen wegsperrt, sie isoliert?" Genau diese Themen bräuchten ethische Reflexion genau so wie Migration, Klimakrise, Digitalisierung oder künstliche Intelligenz.

"Das hat nichts mit Religion zu tun. Da geht es um Fragestellungen, die uns alle betreffen", argumentierte die SPÖ-Bildungssprecherin. "Es kann mir niemand erklären, warum das nur jene zehn Prozent der Schüler machen sollen, die nicht in den Religionsunterricht gehen." Sie stört außerdem, dass mit der Umsetzung erst 2021/22 begonnen wird und dass laut Entwurf Berufsschulen nicht umfasst sind.

Enttäuscht vor allem von den Grünen zeigte sich der Sprecher und Mitinitiator des Volksbegehrens "Ethik für ALLE", Eytan Reif. "Unsere Hoffnung, dass nach der Angelobung der türkis-grünen Regierung mehr Sachlichkeit in die Debatte kommen würde, wurde sehr herb enttäuscht." Die Grünen seien eigentlich jene Partei gewesen, die sich am konsequentesten für einen Ethikunterricht für alle eingesetzt hätte. Nach deren Regierungseintritt könne sich aber offenbar die ÖVP auf den gesamten Grünen Klub als "kritikbefreites Jasager-Konglomerat" verlassen.

Mit der nunmehrigen Variante könne es im Ethikunterricht nun nicht mehr zu einer Diskussion von Schülern verschiedener Glaubensrichtungen kommen, meinte Reif. Es bleibe auch die Frage: "Wollen wir wirklich, dass Schüler im Rahmen des katholischen oder islamischen Religionsunterrichts die primäre Wertevermittlung in Österreich bekommen werden? Weil dadurch wird man sich dem Ethikunterricht entziehen können, indem man den katholischen oder islamischen Religionsunterricht besucht."

Dazu komme noch die "demokratiepolitische Zumutung", dass die geplante Form des Ethikunterrichts keine gesellschaftliche Akzeptanz habe, verwies Reif auf eine kürzlich veröffentlichte Umfrage. Deshalb sollte im Rahmen einer Volksbefragung darüber entschieden werden.

Sowohl Hammerschmid als auch Reif ein Dorn im Auge ist die gesetzestechnische "Trickserei" der Regierung, wie die beiden es nannten. Während die Begutachtungsfrist für die Änderungen im Schulorganisationsgesetz noch bis in den Juli laufe, habe das Landwirtschaftsministerium die Frist für die im Forstgesetz "versteckten" Änderungen für das land- und forstwirtschaftliche Schulwesen bereits auslaufen lassen. So könnte durch einen Beschluss im nächsten Plenum bereits ein Präzedenzfall geschaffen werden. Kritik an dieser Vorgehensweise übten auch die NEOS.

ribbon Zusammenfassung
  • Mit der von der Regierung geplanten Variante der Einführung des Fachs nur für vom Religionsunterricht Abgemeldete oder Konfessionslose verwirkliche man lediglich ein "Minderheitenprogramm", so Bildungssprecherin Sonja Hammerschmid am Montag.
  • Sowohl Hammerschmid als auch Reif ein Dorn im Auge ist die gesetzestechnische "Trickserei" der Regierung, wie die beiden es nannten.