Spionageverdacht: Österreich weist vier russische Diplomaten aus
In einer Aussendung des Bundesministeriums für Europäische und Internationale Angelegenheiten vom Donnerstag heißt es: "Zwei Diplomaten der russischen Botschaft haben mit ihrem diplomatischen Status unvereinbare Handlungen gesetzt. Sie wurden daher gemäß Artikel 9 des Wiener Übereinkommens über diplomatische Beziehungen zu unerwünschten Personen erklärt.
Zwei Diplomaten der russischen Ständigen Vertretung bei den Vereinten Nationen haben mit dem Amtssitzabkommen unvereinbare Handlungen gesetzt. Sie wurden daher ebenfalls zum Verlassen des Gebietes der Republik Österreich aufgefordert."
Botschafter beklagt schlechte Beziehungen
Russland kritisierte die Maßnahme als "rein politisch motiviert" und kündigte baldige Gegenmaßnahmen an. Es seien keine Beweise für einen Verstoß gegen das Wiener Übereinkommen über diplomatische Beziehungen vorgelegt worden, so der russische Botschafter in Österreich, Dmitri Ljublinski, in einer der APA übermittelten Stellungnahme. Österreich warf er vor, "bewusst unsere einst konstruktiven bilateralen Beziehungen und Dialogkanäle zu Fall zu bringen".
Österreich hatte bereits im vergangenen April vier russische Diplomaten ausgewiesen. Nach mehrtägigem Zögern schloss sich Österreich damals den europäischen Sanktionsmaßnahmen gegen russische Diplomaten an. Russland beantwortete die Maßnahme kurze Zeit später mit der Ausweisung von vier Österreichern. Im August 2020 war ebenfalls ein russischer Diplomat ausgewiesen worden, ihm wurde Wirtschaftsspionage vorgeworfen.
Diplomaten müssen innerhalb einer Woche abreisen
Die vier betroffenen russischen Diplomaten müssten spätestens binnen einer Woche, also mit Ablauf des 8. Februar, das Bundesgebiet verlassen, so das Außenministerium. Weitere Details wurden zunächst keine genannt. Laut Informationen der "Presse" handelt es sich um vier Männer, die hochrangige Positionen besetzten. Sie wurden demnach am Mittwochabend über ihre Ausweisung informiert.
Russland protestierte gegen Ausweisung
Russland erklärte am Donnerstag, es habe gegen die Maßnahme protestiert und vor "unvermeidlichen reziproken Maßnahmen" gewarnt. Der russische Botschafter in Österreich, Dmitri Ljublinski, berichtete laut der russischen Staatsagentur TASS im russischen Fernsehen, er habe die "unbegründeten Spekulationen" am Mittwoch bei einem Gespräch im Außenministerium zurückgewiesen.
Vier Diplomaten im April 2022 ausgewiesen
Österreich hatte bereits im vergangenen April vier russische Diplomaten ausgewiesen. Nach mehrtägigem Zögern schloss sich Österreich damals den europäischen Sanktionsmaßnahmen gegen russische Diplomaten an. Der diplomatische Status von drei Angehörigen der russischen Botschaft in Wien und ein Angehöriger des Generalkonsulats in Salzburg wurden aufgehoben. Russland beantwortete die Maßnahme kurze Zeit später mit der Ausweisung von vier Österreichern.
Ausweisung wegen OSZE-Tagung?
Die Zahl der russischen Diplomaten bleibt in jedem Fall weiterhin hoch. Laut Außenministerium sind derzeit 181 Diplomaten aus Russland akkreditiert, davon 77 an der russischen Botschaft, vier am russischen Generalkonsulat in Salzburg, die anderen an den multilateralen Vertretungen der Russischen Föderation bei der OSZE und bei den internationalen Organisationen in Wien.
Der Russland-Experte Gerhard Mangott brachte die Ausweisung am Donnerstag mit der diplomatisch heiklen bevorstehenden OSZE-Tagung in Wien in Verbindung. "Die Ausweisung der russischen Diplomaten mag gut begründet sein. Es hat aber wohl auch damit zu tun, dass Österreich russische Vertreter trotz Reisesperren zur Sitzung der Parlamentarischen Versammlung der OSZE einreisen lassen wird - wofür Österreich heftig kritisiert wird", so Mangott im Kurznachrichtendienst Twitter. "Mit der Ausweisung der Diplomaten kann man nun dem Vorwurf begegnen, man sei russlandfreundlich", analysierte der Politologe.
Außenministerium wies Vermutung zurück
Das Außenministerium wies diese Vermutung am Donnerstag entschieden zurück. "Die Visa-Vergabe an russische Parlamentarier ist eine völkerrechtliche Verpflichtung, die aus dem Amtssitzabkommen mit der OSZE erwächst. Die Ausweisung von vier russischen Diplomaten steht damit in keinerlei Zusammenhang. Dabei handelt es sich um einen Schritt, zu dem wir uns veranlasst gesehen haben, um nationale Interessen zu schützen", so das Außenministerium in einer Stellungnahme.
Die in Wien am 23./24. Februar stattfindende Parlamentarische Versammlung der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) bringt Österreich derzeit in eine Zwickmühle. Laut Medienberichten sollen einige verbündete EU-Partner hinter den Kulissen gefordert haben, Österreich möge der russischen Delegation, von der mehrere Mitglieder mit EU-Sanktionen belegt sind, wie zuvor die Gastgeber Polen und Großbritannien keine Visa erteilen.
"Russische Parlamentarier sollten weder eine Einladung noch Visa erhalten", sagt der litauische OSZE-Botschafter Vaidotas Verba zur "Presse" (Donnerstag). Denn es handle sich um jene Abgeordnete, die Russlands "illegale Annexion ukrainischer Territorien und genozidale Kriegsführung gegen die Ukraine" und somit Kriegsverbrechen glorifizieren würden.
Außenministerium kann Einreise russischer Delegation rechtlich nicht verhindern
Das Außenministerium unter Alexander Schallenberg (ÖVP) sieht sich jedoch aufgrund eines Abkommens mit der OSZE rechtlich nicht in der Lage, der russischen Delegation die Einreise zu verweigern. Schallenberg selbst hatte die Ausladung Russlands von dem OSZE-Treffen in Polen kritisiert. Brisant ist die OSZE-Tagung in Wien auch, weil sich am 24. Februar der Angriff Russlands auf die Ukraine zum ersten Mal jährt.
Schallenberg selbst hatte die Ausladung Russlands von dem OSZE-Treffen in Polen kritisiert. Brisant ist die OSZE-Tagung in Wien auch, weil sich am 24. Februar der Angriff Russlands auf die Ukraine zum ersten Mal jährt.
Visa nur für Tagungsdauer ausgestellt
Die Wahl von Tagungsort- und Zeit obliege der OSZE, betonte das Außenministerium am Donnerstag. "Es handelt sich um keine Einladung seitens der österreichischen Bundesregierung", hieß es. Die Ausstellung von Visa an Personen, die an der Tagung teilnehmen, sei keine politische Ermessensfrage, sondern eine Frage bestehender völkerrechtlicher Verpflichtung, hieß es erneut mit dem Verweis auf das OSZE-Amtssitzabkommen. Damit verpflichte sich Österreich als Sitzstaat, Teilnehmern die Anreise zum Tagungsort zu ermöglichen.
Diese Verpflichtung umfasse auch Mitglieder der russischen Staatsduma bzw. des Föderationsrats, gegen die EU-Sanktionen verhängt wurden. Das Visum werde nur für das österreichische Bundesgebiet und nur für die Dauer der Wintertagung der Parlamentarischen Versammlung der OSZE, sowie einen An- und Abreisetag, ausgestellt, hieß es.
Tagungstermin keine Absicht
Die OSZE erklärte am Donnerstag auf Anfrage, die Durchsetzung von Sanktionen sei auf nationaler Ebene festgelegt und es liege im Ermessen jeder Regierung, wie sie ihre Grenzen kontrolliere. Regierungen, die Tagungen der OSZE-Vollversammlung ausrichten, hätten sich in der Vergangenheit gelegentlich geweigert, Russen, gegen die Sanktionen verhängt wurden, Einreisevisa auszustellen. Österreich sei aber zu dem Schluss gekommen, dass seine Verpflichtungen als Gastgeberland der OSZE es erfordern, dass Delegierten internationaler Organisationen Visa zur Teilnahme an offiziellen Tagungen erteilt werden, hieß es.
Bezüglich des Termins der Tagung am Jahrestag des russischen Angriffs erklärte die OSZE: "Der Termin des Wintertreffens 2023 wurde nicht extra so gewählt, dass er mit dem ersten Jahrestag der russischen Invasion zusammenfällt. Das Wintertreffen ist immer für Ende Februar geplant."
Grüne und NEOS befürworten Ausweisung der russischen Diplomaten
Grüne und NEOS begrüßten am Donnerstag die Ausweisung der russischen Diplomaten. Die außenpolitische Sprecherin der Grünen, Ewa Ernst-Dziedzic, sprach von einem "wichtigen und notwendigen Schritt". Von einem "wichtigen und überfälligen Schritt", sprach auch die EU-Abgeordnete der NEOS Claudia Gamon. Zugleich forderte sie eine Ausweitung der Sanktionen sowie die Verwendung eingefrorener Vermögenswerte der russischen Zentralbank für den Wiederaufbau der Ukraine.
Zusammenfassung
- Noch gestern (Mittwoch) war Bundespräsident Alexander Van der Bellen in der Ukraine.
- Heute wurde die Meldung verlautbart, dass Österreich vier russische Diplomaten wegen des Verdachts auf Spionage ausweist.
- Sie müssen Österreich spätestens am 08. Februar verlassen.