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Speed-Dating in New York: Schallenberg zu UNO-Generaldebatte

Außenminister Alexander Schallenberg startet am Mittwoch nach New York, um Österreich Donnerstag und Freitag bei der 79. Generaldebatte im Zuge der Vollversammlung der Vereinten Nationen zu vertreten. Die Generaldebatte mit rund 150 Staats- und Regierungschefs beginnt am Dienstag. Im Gegensatz zu früheren Jahren sind aus Wien heuer weder das Staatsoberhaupt noch der Bundeskanzler dabei. Auch Schallenberg kehrt am Samstag zurück, rechtzeitig vor der sonntägigen Nationratswahl.

Diese war wohl der Grund, dass Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) eine Reise in den Big Apple diesmal gar nicht ins Auge fasste. Bundespräsident Alexander Van der Bellen hätte an sich von vergangenem Freitag (20.9.) bis Dienstag an dem alljährlichen UNO-Spitzenevent teilnehmen und am Sonntag auch ein Statement beim "Summit of the Future" abgeben sollen. Zudem wären für das Staatsoberhaupt ebenfalls bilaterale Termine auf dem Programm gestanden. Angesichts der damaligen Unwettersituation, die in Teilen Österreichs für katastrophale Zustände sorgte, sagte Van der Bellen die Reise aber zu Beginn der Vorwoche kurzfristig ab.

Außenminister Schallenberg (ebenfalls ÖVP) wird Donnerstag im UN-Head Quarter eine Rede vor der Vollversammlung halten. Bis Freitagmittag sind weiters zehn bilaterale Treffen geplant. Bei dieser Art Speed-Dating werden die Themen Nahost, Ukraine und Afrika im Mittelpunkt stehen. Vorgesehen sind unter anderem Gespräche mit den Amtskollegen aus Ägypten (Badr Abdelatty), Angola (Tété António), dem Iran (Abbas Araghchi), Katar (Sheikh Mohammed bin Abdulrahman Al Thani), Kenia (Musalia Mudavadi), Kuwait (Abdullah Al Al-Yahya), Marokko (Nasser Bourita), dem Oman (Syyid Badr al-Busaidi) sowie Usbekistan (Bachtijor Saidow).

Zudem ist ein Treffen mit dem Industrieminister der Vereinigten Arabischen Emirate (Sultan Al Jaber) sowie dem Präsidenten des World Jewish Congress, Ronald S. Lauder, vorgesehen. Weiters wird Schallenberg die neuen Räumlichkeiten der Österreichischen Vertretung bei den Vereinten Nationen eröffnen.

Generell geht es diesem Jahr in der "hochrangigen Woche" um "die Förderung von Frieden, nachhaltiger Entwicklung und Menschenwürde für heutige und künftige Generationen". Erwartet werden unter anderen US-Präsident Joe Biden, Israels Premierminister Benjamin Netanyahu und Ukraines Präsident Wolodymyr Selenskyj. Dieser soll laut Plan auch am Dienstag bei einer Sitzung des UN-Sicherheitsrats zur Lage in der Ukraine eine Stellungnahme abgeben. Am Mittwoch organisiert der Sicherheitsrat unter slowenischem Vorsitz eine "Offene Debatte" zum Thema "Leadership for Peace". Im Fokus stehe dabei, wie der Sicherheitsrat dem mangelnden Respekt vor dem Völkerrecht, der zunehmenden Fragmentierung und Polarisierung innerhalb des Rates sowie dem fehlenden Vertrauen und der mangelnden Kooperationsbereitschaft zwischen den Staaten begegnen könne, hieß es im Vorfeld.

Die 79. Generalversammlung sei von drei großen Konflikten geprägt, wurde auch seitens der österreichischen Vertretung bei der UNO in New York festgehalten. "Ganz im Fokus wird die Situation in Nahost und der Krieg in Gaza als Folge des terroristischen Angriffs der Hamas auf Israel vom 7. Oktober 2023 stehen. Gleichzeitig bleibt der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine im Zentrum, ebenso wie der Bürgerkrieg im Sudan, der sich mittlerweile zu einer der verheerendsten humanitären Krisen der letzten Jahrzehnte ausgeweitet hat", hieß es. Diese Kriege würden "grundlegende Fragen" zum internationalen System basierend auf dem Völkerrecht aufwerfen und die Forderungen vieler Staaten nach einer tiefgreifenden Reform der Strukturen der Vereinten Nationen aufwerfen, "einschließlich des Sicherheitsrats".

Mit der Ausarbeitung von Vorschlägen für eine Reform des Sicherheitsrats war gemeinsam mit Kuwait federführend auch Österreich betraut. Aktuell besteht der Sicherheitsrat aus fünf ständigen Mitgliedern, nämlich China, Frankreich, Großbritannien, Russland und den USA. Dazu kommen zehn nichtständige Mitglieder. Jedes Jahr wird die Hälfte der nichtständigen Mitglieder durch die UNO-Generalversammlung auf zwei Jahre neu gewählt. Sie werden nach regionalen Gruppen ausgesucht und von der Generalversammlung bestätigt. Diese nichtständigen Mitglieder treten ihr Amt jeweils zum 1. Jänner eines Jahres an.

Diese Zusammensetzung sei im Grunde - mit einer kleinen Reform im Jahr 1965, als die Zahl der nichtständigen Mitglieder von sechs auf zehn erhöht wurde - unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg entstanden, spiegle aber in der Gegenwart nicht mehr die aktuelle Weltlage wider, so die Position Österreichs und anderer Länder. Daher gibt es schon lange Bemühungen, den Sicherheitsrat zu reformieren. Österreich habe nun gemeinsam mit Kuwait mittels der "Fazilitierung des Kapitels zur SR-Reform einen sichtbaren Beitrag geleistet", wurde in Diplomatenkreisen betont. Dieses Kapitel enthalte erstmals seit der Reform des UNO-Sicherheitsrats von 1965 "konkrete Parameter für die nächste Reform, eine klare Roadmap für die weiteren Verhandlungen, die damit in die nächste Phase treten und einige interimistische Schritte, die ohne Reform der VN-Charta Verbesserungen in der Funktionsweise des VN-SR erzielen können".

Zudem stehen noch eine große Zahl an offiziellen Events an, darunter hochrangige zum internationalen Tag zur Abschaffung von Nuklearwaffen oder auch zu den existenziellen Bedrohungen durch den Meeresspiegelanstieg. Im Mittelpunkt dieses Treffens stehen "der Aufbau eines gemeinsamen Verständnisses, die Mobilisierung der politischen Führung und die Förderung der Zusammenarbeit zwischen verschiedenen Sektoren und Interessengruppen sowie der internationalen Zusammenarbeit mit dem Ziel, die entsprechenden Bedrohungen durch das Steigen der Meeresspiegel zu bewältigen".

Am Sonntag wurde auf dem UNO-Zukunftsgipfel ein Zukunftspakt ("Pact for the future") unter dem Motto "Multilaterale Lösungen für ein besseres Morgen" verabschiedet. Darin waren in fünf Kapiteln insgesamt 56 Punkte aufgelistet, wie zur Bewältigung der weltweiten Krisen und Konflikte der Multilateralismus gestärkt und die internationale Zusammenarbeit verbessert werden sollen. Moskau distanzierte sich von dem Text und wollte hinzugefügt sehen, dass sich die UNO nicht in die inneren Angelegenheiten von Mitgliedstaaten einmischen dürfe. In seinem Vorstoß wurde Russland von Belarus, Nordkorea, dem Iran, Nicaragua und Syrien unterstützt. Eine Abstimmung über den Antrag wurde aber von den anderen Staaten mit großer Mehrheit abgelehnt, sodass der Pakt anschließend verabschiedet werden konnte.

Bereits seit der vergangenen Woche ist die 25-jährige Vorarlbergerin Jana Berchtold in New York aktiv, um auf UN-Ebene die Anliegen von Kindern und Jugendlichen aus Österreich einzubringen. Ermöglicht wird dies durch das UN-Jugenddelegiertenprogramm, das die Bundesjugendvertretung (BJV) schon seit mehr als zehn Jahren durchführt. "Junge Menschen stehen weltweit vor großen Herausforderungen. Wichtig ist, dass unsere Stimme gehört wird und es Möglichkeiten gibt, Politik mitzugestalten. Mehr als die Hälfte der Weltbevölkerung ist unter 30 Jahren. Es darf keinesfalls ohne uns über unsere Zukunft bestimmt werden", umriss Berchtold ihre Agenda. Anfang Oktober wird die Politologie-Studentin aus Rankweil auch eine Rede im Rahmen der UNO-Generalversammlung halten. Dort möchte ich die Anliegen junger Menschen zu Bereichen wie Klima, Frieden und Sicherheit sowie Ungleichheiten einbringen. "All diese Themen sind globale Herausforderungen, die wir nur gemeinsam bewältigen können", so Jana Berchtold.

ribbon Zusammenfassung
  • Schallenberg wird eine Rede vor der Vollversammlung halten und zehn bilaterale Treffen führen, wobei die Themen Nahost, Ukraine und Afrika im Mittelpunkt stehen.
  • Die Generalversammlung ist von drei großen Konflikten geprägt: dem Nahostkonflikt, dem russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine und dem Bürgerkrieg im Sudan.
  • Österreich arbeitet gemeinsam mit Kuwait an Vorschlägen zur Reform des UN-Sicherheitsrats, der aktuell aus fünf ständigen und zehn nichtständigen Mitgliedern besteht.
  • Auf dem UNO-Zukunftsgipfel wurde ein Zukunftspakt mit 56 Punkten verabschiedet, trotz Einwänden von Russland und einigen anderen Staaten.