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Schweizer Parlament wählt Europa-Freund in die Regierung

Das Schweizer Parlament hat am Mittwoch einen neuen Minister in die Regierung gewählt. Anfang 2024 zieht der Sozialdemokrat Beat Jans in das siebenköpfige Gremium ein. Der gegenwärtige Basler Regierungschef setzte sich in geheimer Wahl im dritten Wahlgang durch. Der Europafreund folgt auf Innenminister Alain Berset, der nach zwölf Jahren im Bundesrat zurücktritt. Verteidigungsministerin Viola Amherd wird kommendes Jahr Bundespräsidentin sein.

Berset steuerte das Land erfolgreich durch die Corona-Krise und war in der Bevölkerung sehr beliebt. Zuletzt überschatteten allerdings kleinere Affären seine Amtszeit. So lenkte der Sozialdemokrat ein Privatflugzeug in französisches Sperrgebiet und provozierte damit den Einsatz von Kampfjets.

Der leidenschaftliche Schlagzeuger Jans (59) will die städtische Bevölkerung in der Regierung vertreten. Der gelernte Landwirt und Naturwissenschafter ist anders als weite Teile der Schweizer Bevölkerung der Europäischen Union zugewandt und tritt für ein baldiges Rahmenabkommen zwischen der Schweiz und der EU ein.

Welches Ministerium Jans übernimmt, muss die Regierung erst noch entscheiden. Dabei spielt das Anciennitätsprinzip eine zentrale Rolle: Der amtsälteste Bundesrat wählt zuerst sein Departement, anschließend der Zweitälteste. Dem neugewählten Bundesrat wird das verbleibende Departement zugeteilt. Trotz des neuen Mitglieds dürfte sich am Kurs der Regierung in dem auf Stabilität ausgelegten politischen System der Schweiz nicht viel ändern.

Den Vorsitz in der siebenköpfigen Regierung wird kommendes Jahr die Zentrumspolitikerin Viola Amherd haben. Die Verteidigungsministerin erhielt bei der Wahl zur Bundespräsidentin durch das Parlament am Mittwochnachmittag 158 von 204 gültigen Stimmen. Die Wahl war Formsache, weil das Amt nach dem Rotationsprinzip unter den Bundesräten wechselt. Die Politikerin der Mitte sitzt seit fünf Jahren in der Schweizer Regierung. Die 61-Jährige aus dem Oberwallis hat hohe Sympathiewerte und wird in den Medien als "Landesmutter" bezeichnet.

Amherd und die fünf weiteren bisherigen Mitglieder der Koalitionsregierung wurden vom Parlament wiedergewählt. Auch der im Vorfeld unter Druck geratene liberale Außenminister Ignazio Cassis, gegen den der Grün-Politiker Gerhard Andrey angetreten war, schaffte auf Anhieb die Wiederwahl. Die FDP hat damit so wie die rechtskonservative SVP und die SP zwei Bundesräte, die Mitte der neuen Bundespräsidentin Audrey einen. Längerfristig steht die 1959 eingeführte sogenannte Zauberformel, die den drei wählerstärksten Parteien zwei Sitze und der viertgrößten einen Sitz zuspricht, aber infrage. So hat die FDP bei vergleichbarer Mandatsstärke um einen Regierungssitz mehr als die Mitte, während die nur unwesentlich schwächeren Grünen und Grünliberalen komplett aus der Regierung ausgeschlossen sind.

ribbon Zusammenfassung
  • Anfang 2024 zieht der Sozialdemokrat Beat Jans in das siebenköpfige Gremium ein.
  • Der gegenwärtige Basler Regierungschef setzte sich in geheimer Wahl im dritten Wahlgang durch.
  • Die bestehenden sechs Mitglieder der Koalitionsregierung wurden vom Parlament wiedergewählt.
  • Die rechtskonservative SVP, die Sozialdemokraten und die liberale FDP besetzen weiterhin jeweils zwei Sitze im Bundesrat, die Mitte-Partei einen Sitz.