Scholz und Macron für weniger Veto-Entscheidungen in EU
Deutschland und Frankreich bekennen sich zu einer Ausweitung von Mehrheitsentscheidungen in der EU. In einem gemeinsamen Gastbeitrag zum deutsch-französischen Ministerrat am Sonntag schreiben Bundeskanzler Olaf Scholz und Frankreichs Präsident Emmanuel Macron, dass man "schnelle und konkrete Fortschritte im EU-Erweiterungsprozess" anstrebe.
Gleichzeitig müsse aber sichergestellt werden, dass eine erweiterte EU handlungsfähig bleibe, betonten sie. Dazu brauche man effizientere Institutionen und schnellere Entscheidungsprozesse, "insbesondere durch die Ausweitung qualifizierter Mehrheitsentscheidungen im Rat".
Antworten auf US-Politik gesucht
In dem Gastbeitrag für die "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" und "Le Journal de Dimanche" betonen beide zudem in Anspielung auf US-Subventionen für klimafreundliche Technologien, dass sich Deutschland und Frankreich "nachdrücklich für eine ehrgeizige Strategie zur Förderung der Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Industrie und für ein europäisches Umfeld einsetzen". Zuletzt hatte es Differenzen zwischen Berlin und Paris gegeben, wie man auf auch auf neue US-Vorschriften regieren soll, die als Benachteiligung der EU-Unternehmen angesehen werden. Auch dies dürfte Thema bei den Beratungen am Sonntag werden.
In Paris treffen sich dann die Kabinette beider Länder und die Spitzen der beiden nationalen Parlamente anlässlich des 60. Jahrestages des Elysee-Vertrages.
Der Freundschaftsvertrag bildet die Grundlage der sehr engen Nachkriegsbeziehungen beider Länder. "Frankreich hat den Deutschen die Hand zur Versöhnung gereicht. Eine historische Geste. Und nun - 60 Jahre später - können wir sagen: Das ursprüngliche Friedensprojekt ist vollendet. Deutschland und Frankreich sind Freunde und enge Partner", sagte Scholz in seinem Video-Podcast.
Ringen um globale Rolle
Als "erste große Herausforderung" bezeichnen er und Macron, dass Europa souveräner wird und geopolitischen Kapazitäten aufbaut, um die internationale Ordnung mit zu gestalten. "Für ein starkes Europa von morgen müssen wir jetzt stärker in unsere Streitkräfte und in die Grundlagen unserer Rüstungsindustrie in Europa investieren", heißt es. Das Militär brauche eine bessere Ausrüstung, müsse effizienter und schlagkräftiger werden. Zugleich wird betont: "Geopolitische Stärke hängt nicht nur von militärischen Mitteln ab, sondern auch von Resilienz und unserer Fähigkeit, in strategischen Bereichen zukunftsorientiert zu handeln." Beide betonen, dass man die Ukraine im Kampf gegen den russischen Überfall weiter unterstützen werde.
Beide Länder seien unverändert gemeinsam gefordert, sagte Scholz. Der Imperialismus des russischen Präsidenten Wladimir Putin werde nicht siegen. "Wir lassen nicht zu, dass Europa zurückfällt in eine Zeit, in der Gewalt die Politik ersetzt. Wir werden die Ukraine weiter unterstützen. Gemeinsam. Zur Verteidigung unseres europäischen Friedensprojektes." Für das gemeinsame Handeln sei er auch Frankreichs Präsident Macron sehr dankbar.
Inzwischen sei die Partnerschaft zwischen Deutschland und Frankreich selbstverständlich geworden, sagte Scholz. "Da geht es um Urlaub, Schüleraustausch, Gastsemester, Städte-Partnerschaften und ausgeprägte Geschäftsbeziehungen der beiden Nachbarländer."
Scholz erklärte, er freue sich darauf, am Sonntag gemeinsam mit seinem Kabinett nach Paris zu reisen. Das Treffen war ursprünglich für Oktober geplant, dann aber abgesagt worden.
"Knirschen" zwischen Paris und Berlin
Europa-Staatsministerin Anna Lührmann hatte gegenüber Reuters ebenfalls betont, dass man gemeinsam Vetos in der EU reduzieren, Reformideen entwickeln und die Erweiterung vorantreiben wolle. Lührmann räumte eine schwierige Phase zwischen Berlin und Paris ein: "In den vergangenen Monaten hat es gelegentlich geknirscht, aber klar ist: Die deutsch-französische Freundschaft ist Teil unserer politischen Identität."
Zusammenfassung
- Deutschland und Frankreich bekennen sich zu einer Ausweitung von Mehrheitsentscheidungen in der EU.
- Bundeskanzler Olaf Scholz und Präsident Emmanuel Macron streben außerdem "schnelle und konkrete Fortschritte im EU-Erweiterungsprozess" an.