Scholz hält Grenzkontrollen zu Österreich für "unverzichtbar"
Es war nicht nur der erste Besuch des deutschen Bundeskanzlers Olaf Scholz, sondern auch der erste offizielle Besuch Deutschlands seit über zehn Jahren in Österreich. Den letzten rein bilateralen Besuch gab es im Jahr 2012. Bundeskanzler Karl Nehammer hat seinen deutschen Kollegen am Freitag in Salzburg empfangen.
Kein Aufheben der Grenzkontrollen
Die beiden betonten vor allem die exzellente wirtschaftliche und soziale Beziehung der Länder zueinander. "Österreich ist nicht nur Nachbar, sondern auch Freund und Partner", sagte Olaf Scholz im Anschluss an das Vieraugengespräch mit Nehammer. Vor allem mit Blick auf den russischen Angriffskrieg in der Ukraine und in der Energieversorgung brauche man die EU-Partner, betonten beide.
Von Grenzkontrollen zu Österreich wolle man aufgrund der hohen Migrationszahlen aber nicht absehen. Diese seien derzeit "unverzichtbar" sagte Kanzler Scholz. Erst am Donnerstag hatte auch Österreich verstärkte Kontrollen im Grenzbereich angekündigt. Nach der teilweisen Legalisierung von Cannabis in Deutschland rechnet man mit grenzüberschreitendem Handel und Gefahren durch Drogen-Lenker.
Nehammer gegen Schengen-Erweiterung
Unterschiedliche Ansichten gibt es nach wie vor in der Schengen-Erweiterung. "Wir sind so weit, zuzustimmen, andere haben noch Fragen", sagte der deutsche Kanzler in der Pressekonferenz.
Österreich blockiert nach wie vor den Beitritt Rumäniens und Bulgariens zum Schengenraum. Argumentiert wird das immer wieder mit einer Migrationsroute über Bulgarien, Rumänien, Ungarn nach Österreich. Das EU-Parlament kritisierte diese Gründe bereits im Juli heftig. Die vorgelegten Argumente würden nicht mit den für die beiden Länder festgelegten Beitritts-Voraussetzungen zusammenhängen.
Schon vorab bezeichnete Scholz Nehammer als "skeptischen Freund, den es zu überzeugen gilt". Die deutsche Haltung zum Beitritt von Rumänien und Bulgarien sei hingegen klar, betonte der deutsche Kanzler. Deutschland stehe für eine Weiterentwicklung der EU und dazu gehöre auch, dass Mitgliedsländer dem Schengenraum beitreten können.
Scholz in Salzburg
Solidaritäts-Mechanismus
Kritik gab es von den beiden auch an den östlichen EU-Ländern. 75 Prozent der in Österreich eingebrachten Asylanträgen seien davor noch in keinem anderen Land registriert worden, sagte Kanzler Nehammer und über 80 Prozent davon kommen aus Ungarn.
Scholz betonte, dass man versuche, einen neuen Solidaritäts-Mechanismus zu vereinbaren. Damit sollen alle Flüchtlinge in den Erstländern registriert werden, das funktioniere aber nur, wenn Länder wie Österreich und Deutschland dann Menschen auch solidarisch aufnehme.
Nehammer bezeichnete diesbezügliche Gespräche mit Ungarn, das gemeinsam mit Polen den geplanten Asyl-Solidaritätsmechanismus ablehnt, jedoch als "Bohren dicker Bretter".
Zusammenfassung
- Beim ersten offiziellen Besuch seit elf Jahren sprachen Olaf Scholz und Karl Nehammer über Grenzkontrollen, die Erweiterung des Schengen-Raums und einen neuen Solidaritätsmechanismus im Asylwesen.