APA/APA/dpa/Kay Nietfeld

Scholz appelliert an China, auf Moskau einzuwirken

Der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz hat nach eigenen Angaben erneut an die chinesische Regierung appelliert, ihren Einfluss auf Russland mit Blick auf dessen Angriffskrieg in der Ukraine geltend zu machen. Das sagte Scholz nach den deutsch-chinesischen Regierungskonsultationen in Berlin. Chinas Ministerpräsident Li Qiang bekräftigte bei einem gemeinsamen Auftritt mit Scholz das chinesische Interesse an einem Ausbau der Kooperation mit Deutschland.

Beide Länder sollten die Beziehungen "auf ein immer höheres Niveau bringen", sagte Li und verwies auf eine "komplexe" internationale Lage und die mangelnde Wachstumsdynamik der Weltwirtschaft. "Wenn wir die Zusammenarbeit in Wissenschaft, Industrie und Wirtschaft verstärken, werden wir einen Beitrag zur Stabilität der Weltwirtschaft leisten", sagte Li Qiang. Beide Länder könnten eine "Rolle als Stabilisator" spielen. Obwohl die wirtschaftliche Erholung in China an Schwung verloren hat, äußerte sich Li Qiang zuversichtlich über die weitere Entwicklung. Der Regierungschef versicherte auch, dass seine Regierung die Politik der Öffnung nach außen und der Modernisierung vorantreiben werde, wenngleich China zunehmend auf Eigenständigkeit setzt. Er berichtete, dass bei seinem Besuch in Deutschland zehn gemeinsame Vereinbarungen getroffen worden seien.

Scholz betonte, es sei wichtig, dass China weiter keine Waffen "an den Aggressor Russland" liefere und erinnerte an seinen China-Besuch im November, bei dem gemeinsam mit Präsident Xi Jinping klargestellt worden sei, dass es keine Drohung mit und "schon gar keinen Einsatz" von Atomwaffen geben dürfe. "Das gilt unverändert fort und ich bin dankbar für diesen gemeinsamen klaren Standpunkt." China trage als ständiges Mitglied des UNO-Sicherheitsrats "eine ganz besondere Aufgabe".

Scholz betonte, dass die deutsche Regierung "kein Interesse an einer wirtschaftlichen Abkopplung von China" habe. Der Zugang zum chinesischen Markt sowie faire Wettbewerbsbedingungen für Deutschland und andere ausländische Unternehmen blieben eine Herausforderung, bei denen man auf konkrete Verbesserungen dringe, ergänzte Scholz und betonte auch die Bedeutung der Menschenrechte bei der Herstellung von Produkten und in der Lieferkette. Verbraucher auf der ganzen Welt würden immer genauer darauf achten, wie Produkte hergestellt würden. "Würdige Produktionsbedingungen und damit verbunden Verbesserungen der Menschenrechtslage sind in unser beider Interesse." Fragen waren nach den Statements beider Politiker wohl aufgrund von Forderungen der chinesischen Seite nicht erlaubt.

Die deutsche Regierung organisiert Regierungskonsultationen regelmäßig mit besonders engen Partnern oder Ländern, die für sie wirtschaftlich oder strategisch besonders wichtig sind. Die Ampel-Regierung hat sich in den vergangenen Monaten bereits mit den Regierungen von Spanien und den Niederlanden, Japan und Indien getroffen. Die Regierungskonsultationen mit China dürften aber die bisher spannendsten werden - und die schwierigsten.

Seit dem letzten physischen Treffen 2018 - während der Corona-Pandemie fanden die Konsultationen per Video statt - haben sich die Beziehungen beider Länder deutlich verschlechtert. Die zunehmende Einschränkung von Freiheitsrechten in China, der Umgang mit Minderheiten, aber vor allem Pekings Großmachtstreben im Indopazifik - inklusive der Invasionsdrohungen gegen Taiwan - haben in Berlin größte Besorgnis ausgelöst.

Der Schock des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine hat zudem dazu geführt, dass die deutsche Regierung die wirtschaftliche Abhängigkeit von China reduzieren will. Allerdings ist China weiter der wichtigste Handelspartner Deutschlands und Deutschland der wichtigste Handelspartner Chinas in Europa.

ribbon Zusammenfassung
  • Der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz hat nach eigenen Angaben erneut an die chinesische Regierung appelliert, ihren Einfluss auf Russland mit Blick auf dessen Angriffskrieg in der Ukraine geltend zu machen.
  • Chinas Ministerpräsident Li Qiang bekräftigte bei einem gemeinsamen Auftritt mit Scholz das chinesische Interesse an einem Ausbau der Kooperation mit Deutschland.