Schallenberg zieht positive Bilanz von Vietnam-Besuch
Schallenberg traf am Dienstag auch noch den stellvertretenden Parlamentspräsidenten Tran Thanh Man. Damit wurde dem Außenminister die Aufmerksamkeit von zwei der vier Säulen des vietnamesischen politischen Systems (Regierung, Präsident, Parlament und Kommunistische Partei) zuteil. Bereits am Vortag hatte er neben seinem Amtskollegen Bui Thanh Son auch Regierungschef Pham Minh Chinh sowie Planungsminister Nguyen Chi Dung getroffen.
Am Gespräch mit dem Industrie- und Handelsminister nahmen am Dienstag auch Vertreter von Andritz Hydro und Raiffeisen Bank International (RBI) teil. Die beiden Unternehmen hatten am Vortag im Rahmen eines bilateralen Wirtschaftsforums Vereinbarungen für den Ausbau oder die Finanzierung von Wasserkraftwerken unterzeichnet.
Vietnam treibe die Energiewende voran und wolle erneuerbare Energieträger in den kommenden Jahren "enorm ausbauen", berichtete Schallenberg. Konkret geht es dabei um Wasserspeicherkraftwerke, Wind- und Sonnenkraftwerke. Bei den Gesprächen am Montag seien unter anderem Vertreter von Rosenbauer, Vamed und Frequentis mit am Tisch gesessen. Die von WKO-Vizepräsident Philipp Gady geleitete Delegation bestand insgesamt aus etwa 20 Unternehmern.
Schallenberg räumte neuerlich ein, dass Österreich bisher "nicht so viel getan" habe für die Intensivierung der wirtschaftlichen Beziehungen. Das Positive an dieser Situation sei, dass das Potenzial nun auch entsprechend größer sei. Am Vortag hatte er berichtet, dass die vietnamesische Seite "fast schon vorwurfsvoll" den Wunsch nach einem stärkeren Wirtschaftsengagement aus Österreich geäußert habe.
Der Außenminister bekräftigte auch die Absicht, dass es noch heuer zu einem Besuch des vietnamesischen Präsident Vo Van Thuong in Österreich kommt. Diesbezüglich regte Schallenberg an, dass auch die für Wirtschaft zuständigen Minister mitkommen, "um in Österreich für Vietnam zu werben". Während seiner Auftritte in Hanoi hatte Schallenberg betont, dass die wirtschaftliche Kooperation keine Einbahnstraße sei. Nicht nur Österreich solle wirtschaftlich ins Bewusstsein Vietnams rücken, sondern auch umgekehrt.
Die Aufmerksamkeit für Österreich scheint umso bemerkenswerter, als das Land derzeit stark von westlichen Ländern umworben wird. Nachdem US-Außenminister Antony Blinken erst am Wochenende Hanoi besucht hatte, hält sich derzeit US-Agrarminister Tom Vilsack dort auf. Auf Wirtschaftsmission in Vietnam befindet sich auch der australische Handelsminister Don Farrell, den Schallenberg am Dienstag kurz traf. Österreich und Australien hielten am Dienstag zeitgleich Wirtschaftsforen in Hanoi ab, und das auch noch direkt nebeneinander in großen Konferenzräumen eines Hotels in Hanoi.
Schallenberg berichtete weiter, dass Österreich mit Vietnam auch den Abschluss einer Vereinbarung über regelmäßige politische Konsultationen plane. Zu künftigen österreichischen Visiten in dem südostasiatischen Land wollte sich der Außenminister nicht festlegen. Zunächst gelte es, den Besuch des vietnamesischen Präsidenten in Österreich abzuwarten. Zugleich verwies Schallenberg darauf, dass eigentlich noch ein - wegen der Pandemie verschobener Besuch - von Bundespräsident Alexander Van der Bellen in Vietnam ausständig sei.
Ein Anknüpfungspunkt für die Kooperation zwischen Wien und Hanoi sind auch die internationalen Organisationen. Wie Schallenberg berichtete, strebt Vietnam eine weitere Amtszeit im UNO-Menschenrechtsrat an und will auch Mitglied des UNO-Wirtschafts- und Sozialrates (ECOSOC) werden. Der Außenminister sieht darin den Versuch des Landes, sich durch Verankerung in internationalen Organisationen gegen den großen Nachbarn China abzusichern, mit dem es Territorialstreitigkeiten im Südchinesischen Meer gibt.
In einem Bericht der staatlichen vietnamesischen Nachrichtenagentur VNA über das Treffen Schallenbergs mit Premier Pham wurde hervorgehoben, dass die beiden Länder "einander Unterstützung in multilateralen und regionalen Foren versprochen" hätten. Sie seien sich auch einig, dass Konflikte in der Region Südostasien mit friedlichen Mitteln gelöst werden sollen. Der von Schallenberg angesprochene russische Aggressionskrieg gegen die Ukraine, den Vietnam aus Rücksicht auf seinen langjährigen Bündnispartner Moskau nicht verurteilen möchte, wurde in der Mitteilung nicht erwähnt.
Zusammenfassung
- Außenminister Alexander Schallenberg (ÖVP) hat eine positive Bilanz seines dreitägigen Besuchs in Vietnam gezogen.
- Der gemeinsame "rot-weiß-rote Auftritt" von Bundesregierung und Wirtschaftskammer Österreich (WKO) habe "sehr gut" funktioniert, sagte Schallenberg am Dienstagnachmittag der APA in Hanoi.
- Auf Wirtschaftsmission in Vietnam befindet sich auch der australische Handelsminister Don Farrell, den Schallenberg am Dienstag kurz traf.