Ein israelischer Apache-KampfhubschrauberAPA/AFP

Reporter ohne Grenzen wirft Israel gezielten Angriff auf Journalisten vor

Vor rund zwei Wochen wurde eine Gruppe von Journalisten an der israelisch-libanesischen Grenze von Beschuss getroffen. Ein Reuters-Journalist starb. Reporter ohne Grenzen wirft der israelischen Armee nun vor, dass gezielt auf die Journalisten geschossen wurde.

Seit dem blutigen Hamas-Massaker im Süden Israels und der darauffolgenden Bombardierung des Gazastreifens durch die israelische Armee ist auch die Lage im Norden, an der Grenze zum Libanon angespannt. Mehrmals kam es zu gegenseitigem Beschuss zwischen israelischer Armee und der schiitischen Hisbollah-Miliz.

Am 13. Oktober wurde eine siebenköpfige Gruppe von Journalisten auf libanesischer Seite von Beschuss getroffen. Ein Reuters-Journalist starb, mehrere weitere Journalisten unterschiedlicher Medien wurden zum Teil schwer verletzt. Zeugen berichteten, dass der Schuss von israelischer Seite kam. Die israelische Armee kündigte damals eine Untersuchung an.

Reporter ohne Grenzen: Absichtlicher Angriff

Reporter ohne Grenzen (RSF) hat inzwischen das verfügbare Videomaterial vom Angriff gesichtet und den Vorfall rekonstruiert. In einem Bericht erhebt die Organisation schwere Vorwürfe gegen die israelische Armee. Die Gruppe von Journalist:innen, die unter anderem für Reuters, AFP und Al Jazeera tätig sind, sei absichtlich beschossen worden, so RSF.

Der Beschuss kam von israelischer Seite. Zweimal wurde die Journalisten-Gruppe im Abstand von etwa einer halben Minute beschossen. Dass der Beschuss die Gruppe zweimal innerhalb kurzer Zeit so zielgerichtet traf, deute auf eine klare Absicht hin, so RSF. Der erste Beschuss tötete den Reuters-Fotojournalisten Issam Abdallah.

Der zweite - heftigere - Angriff zerstörte ein Fahrzeug des Fernsehsenders Al Jazeera, wodurch die Al-Jazeera-Journalist:innen Carmen Joukhadar und Elie Brakhya sowie deren AFP-Kollege Dylan Collins verletzt wurden. Die Explosion habe eine Sprengkraft von drei Kilo TNT gehabt, so RSF.

Womit genau die Journalisten beschossen wurde, ist unklar, die Rede ist von einer Rakete. Kurz zuvor war die Gruppe aber von einem israelischen Apache-Kampfhubschrauber überflogen worden.

Gruppe deutlich als Presse gekennzeichnet

Die Journalisten seien zum Zeitpunkt des Beschusses bereits seit über eine Stunde gut sichtbar auf dem grenznahen Hügel gestanden. Sowohl ihre Schutzkleidung als auch das weiße Auto waren mit der Aufschrift "Press" gekennzeichnet. Die Journalisten hätten also unmöglich für gegnerische Kämpfer gehalten werden können.

Das israelische Militär hat erklärt, es ziele nicht absichtlich auf Journalisten, und untersuche den Vorfall vom 13. Oktober. Eine Reuters-Anfrage zu dem Bericht von Reporter ohne Grenzen blieb bisher unbeantwortet.

Bereits am 9. Oktober waren die Al-Jazeera-Journalisten, die bei dem Angriff verletzt wurden, in einer anderen Ortschaft unter israelischen Beschuss geraten, wie sie berichten. Damals blieben sie unverletzt. Auch damals sei ein israelischer Kampfhubschrauber über sie hinweggeflogen und ihre Schutzkleidung deutlich mit "Press" gekennzeichnet gewesen.

Bereits vergangenes Jahr Reporterin getötet

Im Mai vergangenen Jahres wurde die im Nahen Osten berühmte TV-Reporterin Shireen Abu Akleh von der israelischen Armee getötet, was weltweit für Aufsehen sorgte. Sie berichtete damals gerade von einem israelischen Militäreinsatz beim palästinensischen Flüchtlingslager Jenin im Westjordanland.

Die israelische Armee wies zunächst jede Schuld am Tod der Reporterin zurück und behauptete, palästinensische Kämpfer hätten Abu Akleh getötet. In weiterer Folge erklärte die israelische Armee, die Reporterin sei aus Versehen ins Kreuzfeuer zwischen israelischen Soldaten und Palästinensern geraten.

In einer ausführlichen Rekonstruktion konnte die "New York Times" jedoch nachweisen, dass zu dem Zeitpunkt, als israelische Soldaten die tödlichen Schüsse auf die Reporterin abfeuerten, keine palästinensischen Kämpfer in der Nähe waren.

ribbon Zusammenfassung
  • Mehrmals kam es in den vergangenen Wochen im Norden Israel zu gegenseitigem Beschuss zwischen israelischer Armee und der schiitischen Hisbollah-Miliz.
  • Am 13. Oktober wurde eine siebenköpfige Gruppe von Journalisten auf libanesischer Seite von Beschuss getroffen.
  • Ein Reuters-Journalist starb, mehrere weitere Journalisten unterschiedlicher Medien wurden zum Teil schwer verletzt.
  • In einem Bericht erhebt Reporter ohne Grenzen schwere Vorwürfe gegen die israelische Armee. Die sechsköpfige Journalistengruppe sei absichtlich beschossen worden.
  • Die Journalisten seien zum Zeitpunkt des Beschusses bereits seit über eine Stunde gut sichtbar auf dem grenznahen Hügel gestanden.
  • Sowohl ihre Schutzkleidung als auch das weiße Auto waren mit der Aufschrift "Press" gekennzeichnet.