Regierung zeigt sich gegenüber Putin entschlossen
Immerhin gingen die Sozialdemokraten zum Abschluss der Sitzung, die angesichts des ernsten Themas erstaunlich untergriffig geführt wurde, bei zwei Anträgen mit, die sich für Frieden in der Ukraine einsetzten. In einem Entschließungsantrag wurde der Außenminister von ÖVP, Grünen und NEOS gebeten, einen Abzug russischer Truppen zu fordern, humanitäre Korridore zu schaffen und Sanktionen zu setzen, die auch Weißrussland umfassen. Ein eigener Antrag der SPÖ dazu fand keine Mehrheit.
Ein weiterer Antrag, der auch von der SPÖ eingebracht wurde, ersuchte die Regierung, "sich sowohl in Österreich als auch im europäischen und internationalen Kontext insbesondere für die rasche und effiziente Unterstützung von Frauen und Kindern einzusetzen, die unter den Folgen des Kriegs in der Ukraine besonders leiden." Hier stimmte auch die FPÖ zu. Die diversen Oppositionsanträge wurden abgelehnt, etwas überraschend votierte die SPÖ für eine Entschließung der Freiheitlichen, die eine Verlängerung des Wehrdiensts auf sechs Monate plus zwei für Übungen vorsah.
In der Debatte wurde von der Regierungsspitze klar benannt, wer Verursacher des Kriegs ist: "Es ist ein Invasionskrieg, ein umfassender Krieg gegen die Menschen in der Ukraine", unterstrich der Kanzler. Präsident Wladimir Putin habe es als Oberbefehlshaber der russischen Armee in der Hand, das Leiden in der Ukraine zu beenden.
Der Feind, den Putin ausgemacht habe, sei nicht die Ukraine, nicht einmal die NATO, glaubt Kogler: "Sondern das Lebensmodell, für das sich die Ukraine entschieden hat, die Entwicklung zu einer freien Demokratie." Dies will der Vizekanzler auch kundtun: "Wir werden nicht schweigen und uns einschüchtern lassen, seien sie gewiss.
Der Kanzler betonte zudem ein weiteres Mal, dass es ein klares Bekenntnis zu mehr Ausgaben für die Sicherheitspolitik gebe. Es brauche eine umfassende militärische Landesverteidigung, inhaltlich, geistig und wirtschaftlich.
Nehammer unterstrich, dass der Weg einer stärkeren Unabhängigkeit von fossilen Energieträgern "noch schneller als geplant" fortgesetzt werden müsse. Das Ziel der Energie-Unabhängigkeit sei zu erreichen. Kogler hob hervor, dass die Beschleunigung der Umstellung auf erneuerbare Energiequellen auch Sicherheitspolitik sei: "Nie ist es uns so vorgeführt worden wie jetzt."
Klar ist für beide Regierungsparteien aber, dass es nicht von heute auf morgen geht. Kogler bewarb eine Diversifikation der Lieferdestinationen. In diesem Sinne begründete Nehammer auch seinen Besuch zuletzt in den Vereinigten Arabischen Emiraten und in Katar.
Zur Neutralität Österreichs meinte Nehammer, diese heiße nicht wegzuschauen sondern hinzusehen. Dazu habe man sich vor der UNO verpflichtet: "Wir sind eine Stimme für die Opfer." Man werde nicht zurückziehen und verschweigen, nur weil Österreich neutral sei.
Kogler betonte, dass die militärische Neutralität bleibe. Dies biete Österreich die Möglichkeit, vermittelnd einzugreifen: "Das kann uns gelingen, wenn wir an die alte Tradition österreichischer Außenpolitik anschließen und uns nicht verschanzen vor wirtschaftlichen Einzelinteressen."
Vor allem den Kanzler nahm die Opposition danach in die Zange. "Es hat leider ein wenig gedauert, bis Sie sich zu klaren Worten durchgerungen haben", sagte SPÖ-Obfrau Pamela Rendi-Wagner zu dessen Bekenntnis zur Neutralität. Die Aussage, diese sei Österreich durch die Sowjets "aufgezwungen" worden, sei ein "Schlag ins Gesicht der Gründerväter unserer Zweiten Republik". Obwohl Nehammer die Debatte über die Neutralität von sich aus beendet hatte, erging an ihn nochmals die Aufforderung vonseiten der SPÖ: "Sie haben heute die Möglichkeit dazu, es richtig zu stellen."
Auch FPÖ-Obmann Herbert Kickl hielt Nehammer abermals dessen Aussagen zur Neutralität vor - auch wenn dieser in Sachen Ukraine einen etwas anderen Standpunkt vertritt. Zwar verurteilte er den "Angriffskrieg" durch Russland, denn "für uns vollkommen klar, dass die kriegerische Aggression Russlands keine Akzeptanz finden kann". Mit der Rolle der österreichischen Regierung zeigte er sich aber nicht zufrieden, vor allem mit den Sanktionen. "Es kann nur eine Lösung geben und diese Lösung muss am Verhandlungstisch und sonst nirgendwo erzielt werden", so Kickl.
Ein Bekenntnis zu den wirtschaftlichen Sanktionen gab es hingegen von den NEOS. Notwendig sei es nun, kompromisslos, an allen Schrauben zu drehen, meinte deren Chefin Beate Meinl-Reisinger, die noch zusätzlich Druck machte, denn: "Worauf warten wir?" Menschenrechtsverletzungen und Kriegsverbrechen fänden nämlich jetzt statt. Wichtig sei es in dem Konflikt auch, Klarstellung beziehen und den Aggressor klar zu benennen "und das ist Wladimir Putin". Dahingehend erinnerte Meinl-Reisinger an die "schreckliche Appeasement-Politik" Österreichs gegenüber Russland in der Vergangenheit.
Zusammenfassung
- Die Regierungsspitze hat am Dienstag in einer Nationalrats-Sondersitzung die Position Österreichs im Ukraine-Krieg bekräftigt.
- Die Neutralität hindere das Land nicht daran, klar Stellung beziehen, betonten Kanzler Karl Nehammer (ÖVP) und Vizekanzler Werner Kogler (Grüne).
- Beide befürworteten weitere Sanktionen gegen Russland und betonten die Notwendigkeit einer rascheren Energiewende.
- Vor allem den Kanzler nahm die Opposition danach in die Zange.