Rauch weist Kassenchef-Vorschläge als "gefährlich" zurück
Diese Vorschläge würden "die Grundpfeiler unseres solidarischen Gesundheitssystems unterwandern", so der Minister in einer schriftlichen Stellungnahme. Der aus der ÖVP kommende Lehner hatte zuvor im APA-Interview vom Sonntag erklärt, man dürfe sich "vom Gesundheitssystem nicht den Mercedes in Vollausstattung erwarten". Die Aufgabe des Gesundheitssystems sei es, "einen guten Standard-Golf zu liefern und nicht den Mercedes", so der Obmann der Selbstständigen-Kasse SVS, der in der ersten Jahreshälfte 2025 auch Chef des Sozialversicherung-Dachverbandes ist. Auch der Patientensteuerung etwa bei chronischen Krankheiten mittels "Case Management" redete er das Wort, auch wenn dies eine Einschränkung der freien Arztwahl bedeute.
In einer Aussendung bestritt Lehner am Montag, "wie von einigen politischen Vertretern und Funktionären behauptet", von Leistungskürzungen gesprochen zu haben. Das Gesundheitssystem sei stark beansprucht, die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen fordernd: "Mit den Beiträgen unserer Versicherten müssen wir verantwortungsvoll umgehen." Die Aufgaben der Sozialversicherung seien im Allgemeinen Sozialversicherungsgesetz (ASVG) klar geregelt, so der Kassen-Chef.
Lehners Kritik richtete sich auch direkt gegen Rauch: Dieser habe immer wieder einen Leistungsausbau ohne Ankündigung und Absprache versucht. Als Beispiel nannte Lehner den Aktionsplan für postvirale Erkrankungen (PAIS), den Rauch in "keiner Weise" mit den Systempartnern abgestimmt habe.
Vor allem diese Aussage stieß auf Ärger des Ministers, seien doch alle wesentlichen Stakeholder bei der Entstehung dieses Aktionsplans mit an Bord gewesen, auch jene von SVS und Krankenkasse (ÖGK). Dies nun in Abrede zu stellen, untergrabe "die bis dato konstruktive Zusammenarbeit" zum Wohle der Patientinnen und Patienten, die darauf vertrauen würden, dass die Empfehlungen ab dem kommenden Jahr in die Praxis umgesetzt werden. Mit der Einrichtung des Referenzzentrums habe man bereits einen wichtigen Schritt gesetzt.
Zu Lehners Forderung nach einem "Ende des Leistungsausbaus" sagte der Ressortchef, eine hochwertige Gesundheitsversorgung müsse für alle Patientinnen und Patienten in Österreich "mit der E-Card und nicht bloß mit der Kreditkarte" zugänglich sein. "Durch unsere Gesundheitsreform erhalten die Sozialversicherungen jährlich 300 Millionen Euro zusätzlich. In einem der reichsten Länder der Welt muss unser Anspruch sein, eine Versorgung in höchster Qualität für alle Versicherten sicherzustellen." Dies schließe natürlich auch Vorsorgemaßnahmen wie die HPV-Impfung und die HIV-Prophylaxe sowie kostenlose psychologische Behandlung mit ein. "Die Forderung von Peter Lehner, Leistungen zurückzufahren und Patient:innen nur mit dem unbedingt Nötigen zu versorgen und ansonsten auf ihre Eigenverantwortung abzustellen, ist ein gefährlicher Vorschlag, der die Grundpfeiler unseres solidarischen Gesundheitssystems unterwandert."
Von "gefährlichen" Aussagen Lehners sprach auch der Grüne Gesundheitssprecher Ralph Schallmeiner: "Ein Gesundheitssystem mit einem Auto zu vergleichen, verkennt die fundamentale Bedeutung einer umfassenden Gesundheitsversorgung. Jeder Mensch hat das Recht auf die bestmögliche medizinische Betreuung, und es darf nicht darum gehen, welche Ausstattungsmerkmale wir uns leisten können. Es geht um Menschenleben, nicht um Luxusgegenstände."
Herbe Kritik übte auch FPÖ-Gesundheitssprecher Gerhard Kaniak: "Wenn die Österreichische Volkspartei ihre 'Soldaten' ausschickt, um unangenehme Ankündigungen zu verlautbaren, weiß der gelernte Österreicher, wohin der Zug wohl fahren wird." Lehner gebe "nonchalant von sich", dass man sich in Zukunft auf "das Wesentliche und Notwendige bei kassenfinanzierten Leistungen" rückbesinnen solle, inklusive eine Einschränkung der freien Arztwahl, "die vor allem chronisch Kranke betreffen wird". "So soll also eine Gesundheitsreform à la ÖVP aussehen, der Bürger soll zahlen, wird nur notdürftig behandelt und soll dann auch noch Urlaub nehmen, anstatt im Krankenstand zu genesen", so Kaniak.
Zuvor hatte auch bereits Andreas Huss, Gewerkschafter und noch bis zum Jahreswechsel Vorsitzender des Dachverbandes der Sozialversicherungsträger, Kritik an Lehner geübt: Im Gesundheitssystem könne von einer Vollkaskoversorgung keine Rede sein, sagte er gegenüber den "Salzburger Nachrichten". Ziel müsse vielmehr sein, Zusatzzahlungen, die Versicherte leisten müssen, zurückzudrängen.
Zusammenfassung
- Johannes Rauch, Sozial- und Gesundheitsminister, weist die Vorschläge von Krankenkassen-Chef Peter Lehner als gefährlich zurück, da sie die Grundpfeiler des solidarischen Gesundheitssystems untergraben könnten.
- Lehner plädiert für eine Rückbesinnung auf das Wesentliche bei kassenfinanzierten Leistungen und vergleicht das Gesundheitssystem mit einem 'guten Standard-Golf' statt einem 'Mercedes in Vollausstattung'.
- Rauch betont, dass die Gesundheitsreform den Sozialversicherungen jährlich 300 Millionen Euro zusätzlich bringt und hochwertige Versorgung für alle gewährleisten soll.